Der Janusmann
stand ein Messerblock aus Holz, aus dem schwarze Messergriffe ragten. Es gab Flaschen und Gläser. Ich stellte mir vor, dass unter dem Ausguss Sprühflaschen mit Salmiakgeist standen. Vielleicht auch Bleichmittel mit Chlor. Genügend Dinge, die man im Nahkampf als improvisierte Waffen benutzen konnte. Zögerte Beck auch nur kurz, bevor er in einem Raum, in dem sich auch andere Personen aufhielten, das Feuer eröffnete, war ich gerettet. Dann konnte ich ihn erledigen, bevor er mich erschoss. Ich brauchte nur eine Sekunde Vorsprung.
»Sie wollen einen Kaffee?«, fragte die Köchin. »Versuchen Sie, mir das zu sagen?«
»Ja«, sagte ich. »Genau.«
»Sie brauchen nur einen zu verlangen.«
»Das habe ich getan.«
»Nein, Sie haben gefragt, ob’s welchen gibt«, sagte sie. »Das ist was anderes.«
»Machen Sie mir also welchen? Bitte?«
»Was ist Mr. Duke zugestoßen?«
Ich zögerte. Vielleicht hatte sie vorgehabt, ihn zu heiraten – wie in den alten Filmen, in denen die Köchin den Butler heiratet, die beiden dann den Dienst quittieren und bis an ihr seliges Ende glücklich und zufrieden leben.
»Er ist umgekommen«, sagte ich.
»Letzte Nacht?«
Ich nickte. »Bei einem Hinterhalt.«
»Wo?«
»In Connecticut.«
»Okay«, sagte sie. »Ich mache Ihnen einen Kaffee.«
Sie setzte die Maschine in Gang. Ich beobachtete, wo sie alles herholte. Die Papierfilter wurden in einer Schublade mit den Papierservietten aufbewahrt. Der Kaffee selbst kam aus dem Gefrierschrank. Die Kaffeemaschine war alt und langsam. Sie blubberte laut vor sich hin. Dieses Geräusch sowie der an die Fenster peitschende Regen und das Tosen der Brandung bewirkten, dass ich den Cadillac nicht zurückkommen hörte. Dass er wieder da war, merkte ich erst, als die Hintertür aufgerissen wurde und Elizabeth Beck zusammen mit Richard hereinstürmte, während Beck die Nachhut bildete.
»Hallo«, begrüßte Elizabeth mich.
Ich nickte. Schwieg.
»Kaffee«, sagte Richard. »Wunderbar.«
»Wir waren frühstücken«, sagte Elizabeth. »In Old Orchard Beach. Dort gibt’s ein kleines Lokal, das wir mögen.«
»Paulie hat vorgeschlagen, Sie nicht zu wecken«, erklärte Beck. »Weil Sie heute Nacht ziemlich fertig ausgesehen haben. Er hat angeboten, uns zu fahren.«
»Okay«, sagte ich und dachte: Hat Paulie dein Waffenversteck gefunden? Hat er Beck schon davon berichtet?
»Kaffee?«, fragte Richard mich. Er stand vor der Maschine und klapperte mit Löffeln und Tassen.
»Schwarz«, sagte ich. »Danke.«
Er brachte mir eine Tasse. Beck schlüpfte aus seinem Mantel und schüttelte ihn aus.
»Nehmen Sie ihn mit«, forderte er mich auf. »Wir müssen uns unterhalten.«
Er ging in die Eingangshalle hinaus und drehte sich um, als erwartete er, dass ich ihm folgen würde. Ich nahm meinen Kaffee mit. Er war dampfend heiß. Ich konnte ihn Beck notfalls ins Gesicht schütten. Er führte mich in den mit Holz getäfelten quadratischen Raum, in dem wir schon einmal miteinander gesprochen hatten. Ich trug meine Tasse, deshalb war ich etwas langsamer. Als ich den Raum betrat, stand er bereits mit dem Rücken zu mir an einem der Fenster und starrte ins Freie. Dann drehte er sich um, eine Pistole in der Hand haltend. Ich blieb einfach stehen. Den Kaffee konnte ich ihm aus dieser Entfernung nicht ins Gesicht schütten. Wir standen fast viereinhalb Meter voneinander entfernt.
Die Pistole war eine Beretta M9 Special Edition, eine zivile Beretta 92FS, die so abgewandelt war, dass sie genau wie das Militärmodell M9 aussah. Sie verschoss 9-mm-Parabellummunition. Sie hatte ein Magazin mit fünfzehn Schuss und das militärische Punkt-und-Balken-Visier. Ich erinnerte mich mit absurder Klarheit, dass sie im Einzelhandel achthunderteinundsechzig Dollar gekostet hatte. Ich besaß neun Jahre lang eine M9. Aus ihr hatte ich Tausende von Schüssen auf dem Schießstand und nicht wenige im Einsatz abgegeben. Die meisten Ziele waren getroffen worden, weil die M9 eine präzise Waffe ist. Die meisten Ziele waren vernichtet worden, weil die M9 eine durchschlagskräftige Waffe ist. Sie hatte mir gute Dienste geleistet. Ich wusste sogar noch, mit welcher Begründung die Firmenvertreter sie uns angepriesen hatten: Ihr Rückstoß ist beherrschbar, und sie lässt sich im Einsatz leicht zerlegen. Das hatten sie wie ein Mantra wiederholt. Vermutlich war es um einen lukrativen Auftrag gegangen. Die Beschaffung der M9 war nicht unumstritten gewesen. Die SEALS – Kampfschwimmer der U.S.
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