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Der Janusmann

Der Janusmann

Titel: Der Janusmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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stellte die Schuhe obendrauf.
    »Ich habe etwas dazugelernt«, sagte er. »Ab sofort werde ich die Schuhe von Leuten inspizieren, das steht fest. Darauf können Sie Gift nehmen!«
     
    Ich riskierte mein Leben, indem ich meine Schuhe anbehielt. Ich ging in Dukes Zimmer und warf einen Blick in den Kleiderschrank. Dort standen vier Paar Schuhe. Keine Modelle, die ich mir selbst ausgesucht hätte, aber halbwegs vernünftig und ziemlich genau meine Größe. Trotzdem ließ ich sie stehen. Gleich jetzt mit anderen Schuhen herumzulaufen, hätte alle stutzig gemacht. Und wenn ich meine Schuhe verschwinden lassen wollte, mussten sie ganz verschwinden. Es hatte keinen Zweck, sie hier in den Schrank zu stellen, wo jeder, der einen Zweitschlüssel besaß, sie unter die Lupe nehmen konnte. Ich würde sie aus dem Haus schaffen müssen. Und das ging vorläufig nicht. Also behielt ich sie an.
    Und außerdem brauchte ich sie noch. Obwohl ich mit dem Gedanken spielte, es zu tun, konnte ich die Verbindung zu Duffy vorläufig nicht abreißen lassen. Zumindest jetzt noch nicht. Ich sperrte mich in Dukes Bad ein und zog den E-Mail-Sender heraus. Das war ein seltsames Gefühl. Als ich das Gerät einschaltete, erschien auf dem kleinen Bildschirm eine Nachricht: Wir müssen uns treffen. Ich drückte die Antworttaste und sendete: Da hast du verdammt Recht. Dann schaltete ich das Gerät aus, steckte es in meinen Absatz zurück und ging wieder in die Küche hinunter.
    »Sie fahren mit Harley«, wies Beck mich an. »Sie müssen den Saab holen.«
    Die Köchin war nicht da. Die Arbeitsflächen sahen sauber und aufgeräumt aus. Der Herd war kalt. Mir schien es, als müsste ein Schild Geschlossen an der Tür hängen.
    »Was ist mit Mittagessen?«, fragte ich.
    »Haben Sie Hunger?«
    Ich dachte daran, wie das Meer den Leichensack aufgebläht und die Tote mitgerissen hatte. Sah ihr Haar unter Wasser. Sah das Blut ablaufen, rosa und wässrig. Nein, ich hatte keinen Hunger.
    »Wie ein Bär«, antwortete ich.
    Beck grinste verlegen. »Sie sind ein eiskalter Hund, Reacher.«
    »Ich habe schon öfter Tote gesehen. Ich rechne damit, weitere zu sehen.«
    Er nickte. »Die Köchin hat heute frei. Essen Sie auswärts, okay?«
    »Ich habe kein Geld.«
    Er griff in seine Hosentasche und zog einen Packen Geldscheine heraus. Wollte ein paar abzählen, zuckte dann mit den Schultern und drückte mir das ganze Bündel in die Hand. Das mussten fast tausend Dollar sein.
    »Für Spesen«, sagte er. »Über Ihr Gehalt reden wir später.«
    Ich steckte das Geld ein.
    »Harley wartet draußen im Auto«, informierte er mich.
    Ich trat ins Freie und schlug den Kragen hoch. Der Lincoln parkte an der Hausecke. Der Kofferraumdeckel war geschlossen. Harley trommelte mit den Fingern aufs Lenkrad. Ich stieg neben ihm ein und fuhr den Sitz zurück, um mehr Beinfreiheit zu haben. Harley ließ den Motor an, schaltete die Scheibenwischer ein und fuhr los. Wir mussten warten, während Paulie die ums Tor geschlungene Sperrkette abnahm. Harley fummelte an der Heizung herum und drehte sie voll auf. Unsere nassen Sachen bewirkten, dass die Scheiben anliefen. Paulie ließ sich Zeit. Harley begann wieder aufs Lenkrad zu trommeln.
    »Ihr beide arbeitet für denselben Mann?«, fragte ich ihn.
    »Paulie und ich? Klar.«
    »Wer ist er?«
    »Hat Beck dir das nicht gesagt?«
    »Nein.«
    »Dann tu ich’s besser auch nicht.«
    »Schwierig für mich, meine Arbeit ohne Informationen zu tun«, meinte ich.
    »Das ist dein Problem«, sagte er. »Nicht meins.«
    Harley bedachte mich wieder mit einem Grinsen, das seine Zahnstummel sehen ließ. Ich stellte mir vor, wie meine Faust mit einem einzigen Schlag all die kleinen Stummel eliminieren würde. Aber ich schlug nicht zu. Paulie bekam endlich die Kette ab und öffnete das Tor. Harley gab sofort Gas, schaltete die Scheinwerfer ein und beschleunigte rasant. Ich lehnte mich in meinen Sitz zurück. Wir fuhren wie üblich die ersten zwölf Meilen westlich, weil es keine andere Möglichkeit gab, bogen dann auf die Route One nach Norden in Richtung Portland ab.
    Draußen goss es in Strömen. Ich konnte kaum die Schlusslichter der vor uns fahrenden Wagen erkennen. Harley sprach kein Wort. Er wiegte sich nur auf dem Fahrersitz vor und zurück und trommelte aufs Lenkrad. Er fuhr nicht sehr flüssig, gab ständig Gas oder stand auf der Bremse. Wir beschleunigten, bremsten, beschleunigten, bremsten. So ging es lange zwanzig Meilen dahin.
    Dann schwenkte die Straße

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