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Der Jesus vom Sexshop: Stories von unterwegs

Der Jesus vom Sexshop: Stories von unterwegs

Titel: Der Jesus vom Sexshop: Stories von unterwegs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helge Timmerberg
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ist silbergrau. Wir verabschieden uns in der großen Halle, wie schon oft in den letzten Jahrhunderten. Ich verschlafe den Flug. Man weckt mich auf dem Los Angeles International Airport. Eine Limousine wartet. Sie bringt mich zu einer Anlage oben in den Hügeln von Hollywood. Hier betreibt ein Shiatsu-Guru ein elegantes, weitläufiges Resort mit Park und Blick auf die Stadt. Der Mann sieht aus wie der junge Frank Sinatra und checkt mich durch. Zwei Sitzungen, meint er, und das Problem sei weg. Dann gibt er mir den Schlüssel zu einem der weißgetünchten, hübschen Bungalows mit Pool und eigenem Motorrad. Ich werfe mich aufs Bett und zappe durch die Kanäle. Es läuft gerade ein Video der Chili Peppers, als meine Nachbarin klopft. Eine scharfe Rothaarige in einem kurzen Kleid, höchstens dreiundzwanzig. Ich will meditieren. Sie will mich. Wir einigen uns darauf, daß wir hinterher meditieren. Das war meine erste Sitzung. Als ich die Augen wieder öffne, ist es dunkel. Nur eine Kerze brennt. Die Rothaarige ist weg, Sinatra sitzt im Lotussitz vor mir.
     
    Pong
    Mein Tischtennisschläger hat einen Kranz aus stählernen Dornen. Manchmal, wenn mich Pings Spiel unterfordert, stelle ich mir vor, eine Handvoll Skinheads mit einem Satz Vorhand-Rückhand-Ohrfeigen zu verblüffen, denn der Nazi-Kehlkopf ist, was Form, Größe und Beweglichkeit betrifft, dem Tischtennisball artverwandt. Die alte Geschichte von Gut und Böse. Das Gute braucht das Böse, um sich zu definieren, das Böse braucht das Gute, sonst müßte es sich selbst zerstören. Eine Beziehungskiste, wenn man so will. Ich gebe die Skins auf und versuche, mich zu konzentrieren. Ping hämmert wie wild. Fast könnte man sagen, er schmettert. «Das ist noch immer kein Schmetterball!» schreie ich ihn an. Nur Terror ist Training.
    Ich trainiere die Rückhand, die Handgelenkpistole, die Präzisionswaffe für den punktgenauen Schuß in jenes Eck der Platte, das sich dem Einflußbereich Pings entzieht. Sie war meine Schwäche, denn da war immer ein Zögern kurz vor dem Abschluß, ein Zögern oder ein Überziehen, also ein spirituelles Problem. Ich habe nicht geglaubt, daß ich es kann. Und dann, plötzlich, im letzten Sommer, machte es klick, und die Rückhand war da. Scharfgemacht durch eine Gastspielerin (Pings Ex), und nun fragt man sich natürlich, wie so etwas zu bewerten ist. Ich habe im Alter von dreizehn bis siebzehn Tischtennis gespielt, dann habe ich aufgehört, und erst im letzten Sommer fing ich wieder damit an. Und obwohl ich mehr als dreißig Jahre keinen Schläger in der Hand gehalten hatte, brauchte es nur drei Stunden, und alles war klar. Was war geschehen, daß sich nun sogar die Rückhand eingeklickt hatte?
    Da könnte zunächst der Wechsel der Gehirnhälften eine Erklärung sein. Ich hörte mit siebzehn zu spielen auf, weil ich mit siebzehn zu kiffen begann: rechte Gehirnhälfte aktiviert, linke Gehirnhälfte abgestürzt. Um ein Haar wäre ich Künstler geworden. Meditation brachte mich in die Mitte zurück, und ich wurde Journalist. Ich schrieb dreißig Jahre Tag für Tag und Nacht für Nacht, und natürlich hat Truman Capote recht, wenn er sagt, daß Schreiben nicht dasselbe wie Tippen ist, aber ohne Tippen geht es nicht, und Tippen trainiert nun mal die Rückhand, ob man will oder nicht. Tippen und Masturbieren. Wird Sabrina heute abend den Teufelskreis durchbrechen?
    Bei unserem ersten Rendezvous trug sie passend zu ihren roten Haaren einen roten BH unter ihrem tiefdekolletierten Kleid, damit ich ihre saftigen Tiroler Brüste anlechzen konnte, während wir Mojitos tranken und ich ihr sieben Stunden lang Geschichten von Marokko, Ägypten, dem Libanon, Kurdistan, Persien und Indien erzählte sowie Geschichten vom Strand der gestrandeten Geschichten (Havanna) und Geschichten vom Amazonas. Es ist ja nicht so, daß ich auf Frauen keine Wirkung hätte. Ich mache nur nichts draus. Ich rede zuviel, und ich kiffe zuviel. Beim Tischtennis kommt Kiffen geil, beim ersten Rendezvous nicht. Werde ich also heute abend Sabrinas Dekolleté endlich aus einer Perspektive betrachten dürfen, die nicht nur Seele und Geist befriedigt, sondern möglicherweise auch den Nuckeltrieb, den Sauginstinkt? Und werde ich verhaftet, wenn ich morgen nach Hamburg fliege? Die Dame vom Inkassobüro sagte, der Haftbefehl gehe in zwei, drei Tagen raus, also übermorgen, und das «Krone»-Horoskop sagt, wir haben eine Mond-Venus-Konstellation.
     
    Zwei Neuigkeiten. Die schlechte:

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