Der Jet-set-Dämon
plötzlieh verschwunden. Sie hatte das Gefühl, als würde der Mann unter der seidig schimmernden Kapuze lächeln, jedenfalls bewegte sich der Stoff vor seinem Mund.
Auch als die Messerklinge in die Nähe ihres Körpers geriet, verspürte sie keine Furcht. Sie schlug einen blitzenden Kreisbogen, als der Fremde mit geschickten Schnitten die Fesseln des Mädchens durchtrennte. Sandra Ceur war frei.
Und sie wäre vor Schwäche gefallen, hätte sie der Fremde nicht gestützt. Sein Griff war fest, aber er schmerzte nicht. Dieser Mann besaß eine ungewöhnliche Kraft.
Als wäre sie ein Leichtgewicht, nahm er Sandra auf seine Arme. Mit ruhigen Schritten ging er dem Ausgang entgegen, wo sie wenig später in einem von Mauern abgeschirmten Hof standen.
Dort parkte auch ein Wagen.
Ein pechschwarzer Saab Turbo. Die hintere linke Tür stand schon offen. Ohne überhaupt ein Wort mit Sandra gesprochen zu haben, schob sie der Fremde in den Fond, hämmerte die Tür zu und stieg selbst ein. Erst als er den Hof verlassen hatte, kam das Mädchen richtig zu sich. Sie richtete sich mühevoll auf, um den Mann anzusprechen. Schließlich mußte sie sich für ihre Rettung bedanken.
Als sie den Arm vorstreckte, berührten ihre Finger eine dicke Scheibe, die den Fond vom Fahrerteil des Automobils abtrennte. Sofort flutete wieder diese Furcht in Sandra hoch. War sie vom Regen in die Traufe gekommen?
Sie war gefangen!
Das plötzliche Zischen kam ihr vor, als würde in ihrer Nähe eine Schlange hocken, dabei strömte aus einem Ventil Gas aus. Sandra hielt die Luft an und fiel in Ohnmacht.
Der Mann hinter dem Lenkrad nahm endlich seine Maske ab. Über seine Lippen glitt ein zufriedenes Lächeln…
***
Etwas Feuchtes rollte heran, näherte sich dem Körper des im Sand liegenden Mädchens und leckte wie eine feuchte Hundezunge ihre Stirn und die Wange.
Beim dritten Mal hatten die auslaufenden Wellen den Erfolg erreicht. Sandra öffnete die Augen.
Sofort kam die Erinnerung zurück. Sie dachte an ihre Entführung, an den Mann mit den gierigen Händen und an den Kerl mit der Maske, ihren Befreier.
Dann hatte sie das Gas eingeatmet, war bewußtlos geworden - und jetzt? Verwirrt richtete sie sich auf. Aus der Ferne hörte sie das Schreien und die lauten Stimmen der Badegäste. Erst jetzt, als der Schwindel aus ihrem Kopf verschwunden war, stellte sie fest, wo man sie hingeschafft hatte. An einen Teil des Strands, der einfach zu felsig und auch zu schmutzig war, um sich als öffentlicher Badeplatz zu eignen. Die Stimmen erreichten sie aus Richtung Cannes, und dieses Gelächter und das Rufen bedeutete ebenso Leben, wie die bunten Segel der Surfer auf dem blaugrünen Wasser.
Ich lebe, dachte sie.
Mein Gott, ich bin nicht tot. Man hat mir das Leben wiedergegeben. Es war der Maskierte, der sie befreit hatte. Ein edler Retter, dessen Namen sie nicht einmal kannte.
Die Angst der vergangenen Stunden und Tage schaffte sich bei ihr in einem lauten Gelächter Luft. Sie mußte einfach lachen, es war ihr zudem egal, wenn es andere hörten.
Sie saß, bewegte ihre Hände zwischen Sand und Felsen, und dabei fiel ihr etwas zwischen die Finger.
Eine kleine Karte, ein Stück Papier oder Karton. Sie hob es auf, hielt es dicht vor ihre Augen, um die Schrift lesen zu können.
Auf Büttenpapier war in schwarzen Buchstaben ein Name gedruckt.
DAMIANO FULGERA!
Sandra war davon überzeugt, den Namen ihres Lebensretters gelesen zu haben. Und ein Mann, der so hieß, der würde sich doch sicherlich finden lassen…
***
In Neapel war es warm gewesen, und ein Stück südlicher, im Schatten des Vesuv, konnte man die Temperatur schon als sommerlich heiß bezeichnen. Das machte mir nichts aus nach diesem langen, verfluchten Winter. Ich hatte mich eigentlich auf die Sonne gefreut. Aber ich verbrachte keinen Urlaub in dieser Region, sondern war mit einem handfesten Auftrag unterwegs.
Ich suchte einen Vampir! Ein englischer Tourist, dessen Verwandter bei Scotland Yard arbeitete, hatte bei seinem Urlaub das Grab eines Vampirs zwischen den erstarrten Lavafelsen entdeckt. Angeblich sollte diese Gruft von einem Blutsauger belegt sein.
Nun, mein Chef Sir James wollte mir und Suko nach den harten Einsätzen etwas Gutes tun und hatte uns losgeschickt. Wir hatten nur eine ungefähre Beschreibung des genauen Fundortes bekommen und uns deshalb getrennt auf die Suche gemacht.
Zum Schutz gegen die Sonne hatte ich mir eine Popeline-Mütze gekauft. Sie besaß einen breiten Schirm
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