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Der Joker

Titel: Der Joker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Zusak Alexandra Ernst
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sie gekommen ist.
    Und jedes Mal wirft mir der Türsteher einen verächtlichen Blick zu.
    »Ich weiß«, sage ich.
    Aber dann kommt sie wieder, und es gibt nicht den geringsten Zweifel: Schöne Frauen lassen mich Höllenqualen leiden.
     
     
    Die Abende und die Dukes gehen vorbei.
    Ich fahre Taxi. Ständig sitzen mir Kopfschmerzen im Nacken. Jedes Mal wenn ich mich umdrehe, sind sie da.
    »Danke, Mann«, sage ich. »Das macht sechzehn fünfzig.«
    » Sechzehn fünfzig?«, jammert der alte Typ in seinem Anzug. Seine Worte schäumen in meinem Gehirn, brodeln, heben und senken sich.
    »Bezahlen Sie einfach.« Ich habe heute keine Geduld für diesen Mist. »Das nächste Mal können Sie ja laufen, wenn es Ihnen zu teuer ist.« Ich bin sicher, dass er die Fahrt sowieso auf die Spesenrechnung setzt.
    Er gibt mir das Geld und ich bedanke mich. War doch nicht so schwer, oder? , denke ich. Er knallt die Autotür zu, und mein Kopf fühlt sich an, als wäre sie frontal dagegengeschlagen.

    Aus irgendeinem Grund warte ich darauf, dass wieder das Telefon klingelt und mir jemand sagt, dass ich meinen Arsch zur Edgar Street bewegen soll, und zwar pronto. Ich warte ein paar Nächte lang, aber nichts passiert.
    Dienstagabend verlasse ich das Kartenspiel (diesmal bei Audrey) früher als gewöhnlich. Ein Gefühl flattert in meinem Bauch. Es sorgt dafür, dass ich aufstehe und vom Kartentisch weggehe, fast ohne ein Wort zu sagen. Die Zeit ist gekommen, und ich weiß, dass ich heute Nacht vor diesem Haus am Ende der Edgar Street stehen muss - einem Haus, das von einer Gewalt überfallen wird, die es beinahe jede Nacht in den Klauen hält.
    Ich merke, wie ich schneller gehe. Ich hatte den Erfolg, von dem ich spürte, dass ich ihn brauchte.
    Milla und Sophie.
    Jetzt muss ich mich dieser Sache stellen.
     
     
    Ich biege in die Edgar Street ein und meine Hände in den Jackentaschen ballen sich zu Fäusten. Ich schaue mich um, um sicherzugehen, dass mich niemand beobachtet. Bei Milla und Sophie war ich entspannt und gelöst. Die Botschaften, die ich den beiden überbringen musste, waren gut, und es war kein Risiko dabei. Anders als hier, wo alle Antworten mit Schmerz verbunden zu sein scheinen. Für die Frau und das Mädchen. Für den Mann. Und für mich.
    Ich warte, ziehe einen vergessenen Streifen Kaugummi aus der Hosentasche und stecke ihn in den Mund. Er schmeckt wie Übelkeit und Angst.
    Das Gefühl schnellt in die Höhe, als der Mann die Straße entlangkommt und die Verandastufen hochsteigt. Die Stille rückt näher. Sie streift mich, schiebt sich an mir vorbei.

    Es geschieht.
    Die Gewalt mischt sich ein. Sie bohrt ihre Finger in alles, was sie zu fassen kriegt, und reißt es auf. Alles fällt entzwei, und ich verfluche mich selbst, weil ich so lange damit gewartet habe, dem ein Ende zu bereiten. Ich verachte mich, weil ich Nacht für Nacht den leichten Weg gewählt habe. In mir steigt unbändiger Hass empor und macht sich frei. Er hämmert auf meine Courage ein und zwingt sie in die Knie, direkt neben mir. Sie hustet und keucht und erstickt fast, während mein Hass auf mich selbst ins Riesenhafte wächst.
    Die Tür , sage ich zu mir. Geh zur Tür! Sie ist offen.
    Aber ich rühre mich nicht.
    Ich rühre mich nicht, weil mich die Feigheit zertrampelt, als ich versuche, meinen jämmerlichen Mut von den Knien aufzulesen. Aber er kippt lediglich vornüber. Er fällt hin und trifft den Boden mit einem leisen Plumps. Er ist geschlagen. Er schaut hinauf zu den Sternen. Es sind Sterne, die über den Himmel hüpfen.
    Geh , sage ich noch einmal zu mir, und diesmal setze ich mich in Bewegung.
    Alles zittert, während ich die Verandastufen erklimme und vor der Tür stehe. Weit entfernte Wolken beobachten mich, dann ziehen sie sich zurück. Die Welt will nichts mit dieser Sache zu tun haben. Ich mache ihr keinen Vorwurf.
    Drinnen kann ich sie hören.
    Er weckt sie auf, jeden einzelnen Augenblick lang.
    Erschreckt sie.
    Greift durch sie hindurch und lässt sie gleichzeitig im Stich.
    Er wirft sie hin, nimmt sie und schneidet sie auf. Die Sprungfedern kreischen - ein heulendes, verzweifelndes
Geräusch von Hinabfallen und Emporspringen, ob sie wollen oder nicht. Verweigerung ist sinnlos. Klagen finden kein Gehör. Weinen kriecht zur Tür, vor der ich stehe, windet sich durch den Spalt zwischen Tür und Rahmen und landet vor meinen Füßen.
    Wie kannst du bloß nicht hineingehen? , frage ich mich, aber immer noch warte ich.
    Die Tür öffnet sich ein

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