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Der Joker

Titel: Der Joker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Zusak Alexandra Ernst
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bevor man ging. Ich habe fünf Dollar hineingelegt. Ritchie hatte kein Geld dabei. Audrey gab ebenfalls ein paar Dollar. Marv kramte durch seine Taschen und zog ein Zwanzig-Cent-Stück und eine Filzstiftkappe hervor.
    Ich schaute ihn an.
    »Was?«
    »Nichts, Marv.«
    »Verdammt richtig.«
    Während wir unter dem Baum sitzen, singt Audrey leise vor sich hin. Ritchie lehnt sich mit dem Rücken gegen die Treppenstufen. Marv schläft ein. Ich warte.
    Schon bald spüre ich jemanden hinter mir. Ich weiß, dass es Vater O’Reilly ist, noch bevor er etwas sagt. Der Mann hat eine ganz besondere Ausstrahlung. Eine stille, lachende, bodenständige Aura.

    Er ist hinter mir, und er sagt: »Danke, dass du gekommen bist, Ed.« Er betrachtet Marv. »Der Junge da sieht ja noch schlimmer aus als du.« Eine leichte Boshaftigkeit überzieht sein Gesicht. »Um Gottes willen.« Wir alle lachen, außer Marv. Marv wacht auf.
    »Oh.« Er kratzt sich am Arm. »Hallo, Vater. Nette Predigt.«
    »Danke.« Er schaut uns alle an. »Danke euch fürs Kommen. Sehe ich euch nächste Woche wieder?«
    »Vielleicht«, sage ich. Marv reißt die Augen auf.
    »Nie im Leben«, sagt er.
    Der Priester trägt sein Los gelassen.
     
     
    Ich weiß zwar nicht ganz genau, was Vater O’Reilly braucht, aber immerhin habe ich einen Plan. Daheim mache ich es mir mit dem Türsteher gemütlich, lese ein bisschen und betrachte die Bilderrahmen über dem Fernseher. Ich treffe eine Entscheidung.
    Ich werde ihm seine Kirche füllen.
    Ich weiß nur noch nicht, wie.

8
    Kindisches Benehmen
    Ein paar Tage vergehen, und ich lasse mir ein paar Ideen durch den Kopf gehen, wie man Menschen in diese Kirche bringen könnte. Ich überlege, ob ich Audrey, Marv und Ritchie bitten soll, ihre Familien und Freunde zu mobilisieren, aber erstens kann man sich auf keinen von ihnen wirklich verlassen, und zweitens wird es mir schon schwer genug fallen, die drei ein zweites Mal zur Kirche zu schleppen.

    In der ersten Wochenhälfte fahre ich etliche Schichten und habe viel Zeit zum Nachdenken.
    Aber erst als ich einen Mann zum Flughafen bringe, kommt mir ein Gedanke. Wir sind fast da, als er sagt: »He, Mann. Ich habe noch ein bisschen Zeit - könnten Sie mich hier vor der Kneipe rauslassen?«
    Ich schaue in den Rückspiegel und da wird es mir klar.
    »Das ist es!«, rufe ich.
    »Nur ein Bier in einem echten Pub«, sagt er. »Ich kann diese Flughafenbars nicht ausstehen.«
    Ich fahre an den Straßenrand und lasse ihn aussteigen.
    »Wollen Sie auch eins?«, fragte er. »Geht auf mich.«
    »Nein, danke«, erwidere ich. »Ich habe noch eine eilige Tour, aber ich kann in einer halben Stunde wieder hier sein und Sie zum Flughafen bringen.«
    »Gerne.« Er wirkt erfreut, oder besser gesagt: voller Vorfreude.
    In diesem Land gibt es nur eine einzige Sache, die mit absoluter Sicherheit die Menschenmassen anzieht wie ein Magnet. Was das ist?
    Bier.
    Freibier.
     
     
    Ich gehe zu Vater O’Reilly, stürze förmlich durch seine Eingangstür ins Haus und sage ihm, dass wir am nächsten Sonntag eine ganz große Show organisieren können. Ich erzähle ihm von meiner Idee. »Freibier, Sachen für die Kinder, was zu essen. Hab ich das Freibier schon erwähnt?«
    »Das hast du, Ed.«
    »Nun? Was sagen Sie dazu?«

    Er setzt sich ruhig hin und denkt nach. »Hört sich toll an, Ed, aber du hast eine Sache vergessen.«
    Heute kann nichts meine Begeisterung dämpfen. »Was?«
    »Für all das brauchen wir Geld.«
    »Ich dachte, die katholische Kirche wäre steinreich - das ganze Gold und der übrige Krempel in den großen Kathedralen …«
    Er lacht kurz auf. »Hast du in meiner Kirche irgendwo Gold gesehen, Edward?«
    Edward?
    Ich glaube, mein Vater war der einzige Mensch, der mich je so nennen durfte. Selbst auf meiner Geburtsurkunde steht einfach nur Ed.
    »Sind Sie sicher, dass Sie nicht irgendwo Geld rumliegen haben?«
    »Ziemlich sicher, Ed. Ich habe alles in Stiftungen für allein erziehende, minderjährige Mütter gesteckt, für Alkoholiker, Obdachlose, Süchtige - und mir natürlich meine Urlaubsreisen auf die Fidschi-Inseln finanziert.«
    Ich vermute, das mit den Fidschis soll ein Witz sein.
    »Nun gut«, sage ich. »Dann treibe ich das Geld selbst auf. Ich habe ein bisschen was gespart. Fünfhundert sollte ich zusammenkriegen.«
    »Fünfhundert? Das ist eine Menge Geld, Ed. Du siehst nicht so aus wie einer, der über so viel Geld verfügt.«
    Rasch und rückwärts gehe ich aus seiner Tür hinaus.

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