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Der Judas-Code: Roman

Titel: Der Judas-Code: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins , Norbert Stöbe
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stückweise. Per Post. Über Monate verteilt.«
    Es bestand kein Zweifel, dass der Mann es ernst meinte. Gray wandte den anderen den Rücken zu, denn er musste sich konzentrieren und brauchte Zeit zum Nachdenken.
    »Sollten Sie Kontakt zu Sigma aufnehmen«, fuhr Nasser mit leidenschaftsloser Stimme fort, »werde ich davon erfahren. Dann werden Sie bestraft. Mit dem Blut Ihrer Mutter.«
    Gray schnürte es die Kehle zu. »Du Schwein... Ich will einen Beweis haben, dass sie noch am Leben sind. Und unverletzt.«
    Nasser gab keine Antwort. Gray hörte leise Geräusche, einen gedämpften Wortwechsel und schließlich die Stimme seiner Mutter. »Gray?«, sagte sie schwer atmend. »Es tut mir leid. Dein Vater. Er hat seine Tabletten gebraucht.« Sie begann zu schluchzen.
    Gray zitterte am ganzen Leib, hin- und hergerissen zwischen Zorn und Trauer. »Schon gut. Seid ihr okay? Wie geht es Dad?«
    »Wir... sind... ja... Gray...«
    Das Telefon wurde ihr entrissen, dann meldete sich wieder Nasser. »Ich überlasse sie der Obhut meiner Kollegin Annishen. Ich glaube, Sie haben bereits an der konspirativen Wohnung in D. C. miteinander Bekanntschaft gemacht.«

    Gray stellte sich die Eurasierin mit dem gefärbten Bürstenschnitt und den Tätowierungen vor.
    Die asiatische Anni.
    Nasser fuhr fort: »Ich werde zu Ihnen in die Türkei kommen. Um neunzehn Uhr bin ich dort. Sie rühren sich in der Zwischenzeit nicht vom Fleck.«
    Gray sah auf die Uhr. Bis dahin waren es noch neun Stunden.
    »Meine Leute wissen, wo in Sultanahmet Sie sich aufhalten. Seit Monsignor Verona Italien verlassen hat, peilen wir sein Handy an.«
    Vigors überstürzter Aufbruch hatte wohl die Alarmglocken schrillen lassen. Gray hatten allen Grund, auf den Monsignore wütend zu sein, doch er wusste, dass Vigor weniger zu Paranoia neigte als er selbst. Außerdem war er zu sehr von seinen Schuldgefühlen in Anspruch genommen, um ihm Vorwürfe zu machen.
    Er hatte seine Eltern im Stich gelassen.
    »Ich würde jetzt gern mit Seichan sprechen«, sagte Nasser.
    Gray winkte Seichan herbei. Sie wollte das Handy ergreifen, doch Gray gab es nicht aus der Hand. Er bedeutete ihr, sie solle den Kopf neigen, damit er mithören konnte.
    Also steckten sie die Köpfe zusammen, und Seichan sprach Nasser mit seinem Vornamen an: »Amen, was willst du?«
    »Du Miststück... Für diesen Verrat wirst du leiden müssen...«
    »Ja, und du wirst meinen Hund schlagen und meine Katze treten. Schon verstanden, Süßer.« Seichan seufzte, ihr Atem kitzelte Gray am Hals. »Aber ich fürchte, wir müssen uns jetzt Lebewohl sagen. Wenn du hier eintriffst, bin ich längst weg.«
    Gray straffte sich und blickte sie von der Seite an. Sie hob warnend die Hand und schüttelte den Kopf. Sie wollte nirgendwo hin.
    »Meine Leute haben euch längst umzingelt«, sagte Nasser. »Wenn du zu flüchten versuchst, werden sie dir eine Kugel zwischen deine kalten Augen verpassen.«
    »Nur zu. Sobald diese Unterhaltung beendet ist, verlasse ich die verdammte Kirche.« Seichan blickte Gray vielsagend an und zeigte zur Hagia Sophia hinüber.
    »Wir kommen in der Hagia Sophia ohnehin nicht weiter«, fuhr
sie fort. »Zu viele beschissene Wandgemälde. Das gehört alles dir, mein Schatz. Du wirst mich nie wiedersehen.«
    Gray runzelte die Stirn. Es war offensichtlich, dass sie log. Aber warum?
    Nasser schwieg einen Moment. Als er weitersprach, war ihm seine Verärgerung trotz seiner Kaltschnäuzigkeit deutlich anzuhören. »Du wirst keine zehn Schritte weit kommen! Ich lasse sämtliche Ausgänge der Hagia Sophia bewachen.«
    Seichan verdrehte die Augen und blickte Gray auffordernd an.
    »Ich wünsch dir viel Glück, Amen«, sagte Seichan. »Ciao, Baby. Kuss und Schluss.«
    Seichan trat zurück und hob warnend den Zeigefinger.
    Gray ging auf ihr Spielchen ein. »Was haben Sie eben zu ihr gesagt?«, knurrte er ins Handy. »Seichan hat die Waffe gezogen und ist aus der Kirche gerannt. Was zum Teufel haben Sie und dieses Miststück vor?«
    Seichan nickte mit einem verkniffenen Lächeln.
    Während Nasser fluchte, überlegte Gray, wie er sich Seichans List zunutze machen könnte. Seine Schuldgefühle und seinen Ärger drängte er zurück, denn damit war weder ihm noch seinen Eltern geholfen.
    Er fing Seichans Blick auf. Die Gilde mochte Vigors Anruf geortet haben, doch die Peilung war bestimmt ungenau. Mit ihrer Behauptung, sich in der Hagia Sophia aufzuhalten, hatte Seichan sich in dieser Beziehung Gewissheit verschafft. Die

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