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Der Judas-Code: Roman

Titel: Der Judas-Code: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins , Norbert Stöbe
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hätte für ihn keinen Sinn, Sie mitzuschleppen.«
    Gray hob beschwichtigend die Hand. »Aber wenn Nasser bereits weiß, dass Kowalski bei uns ist?«
    Seichan blickte ihn wortlos an.

    Allmählich dämmerte es ihm.
    Überschätzen Sie die Gilde nicht.
    Stirnrunzelnd bemühte sich Gray, seine Ansicht, die Gilde sei allmächtig, zu revidieren. Diese Vorstellung drohte ihn zu lähmen. Betrachtete man es von allen Seiten, musste er Seichan recht geben.
    Er wandte sich Kowalski zu. »Sie gehen mit Seichan.«
    »Ich werde schon Verwendung für ihn finden«, meinte Seichan und klopfte dem ehemaligen Seemann auf den Hintern.
    »Wenigstens einer, der findet, ich wär zu was nutze«, grummelte Kowalski, während er sich den Hintern rieb.
    Sie gingen nach unten. Seichan und Gray bildeten den Abschluss. Als sie ihm den Vortritt lassen wollte, fasste er sie beim Arm.
    »Was haben Sie vor?«, fragte er, als sie auf der Dachterrasse allein waren. »Wie wollen Sie uns helfen?«
    »Ich weiß es nicht. Noch nicht.«
    Sie erwiderte seinen Blick einen Moment zu lange, dann wandte sie sich ab. Offenbar wollte sie ihm noch etwas sagen, musste sich aber erst noch dazu durchringen. Das merkte er an ihrem gepressten Atem und dem Flackern in ihren Augen.
    »Was haben Sie?«, fragte er besorgt.
    Sein einfühlsamer Tonfall verstärkte ihre Abwehr, doch anstatt sich abzuwenden, seufzte sie schwer. »Gray... Es tut mir leid«, sagte sie endlich und schaute weg. »Das mit Ihren Eltern...«
    In ihrem Blick und ihrer Haltung drückte sich nicht nur Mitgefühl aus, sondern auch schlechtes Gewissen. Warum? Es gab keine Schuld ohne Verantwortung. Grays Eltern aber waren durch Zufall in die Sache verwickelt worden. Damit hatte Gray sich inzwischen abgefunden. Woher kamen dann auf einmal diese Schuldgefühle?
    Im Geiste ging er verschiedene Möglichkeiten durch und ließ die Unterhaltungen mit Nasser und Seichan Revue passieren. Was bedrückte sie?
    Dann auf einmal wusste er es.
    Seichan hatte es praktisch selbst gesagt.
    Überschätzen Sie die Gilde nicht.
    Er krallte die Finger in ihren Arm und drückte Seichan neben
der Tür an die Wand. Er drängte sich so dicht an sie, dass ihre Lippen sich fast berührten.
    »Mein Gott... es gibt gar keinen verdammten Maulwurf bei Sigma. Es hat nie einen gegeben.«
    Seichan setzte stammelnd zu einer Erklärung an.
    Gray fiel ihr ins Wort. »Nasser hat mich davor gewarnt, Sigma anzurufen. Er hat mir gedroht. Warum? Er wusste, dass ich davon ausging, dass es bei Sigma einen Maulwurf gibt. Warum hat er mir dann gedroht?« Er schüttelte sie. »Die einzige Erklärung ist, es gibt keinen Maulwurf .«
    Seichan zuckte zusammen und wollte seine Hand wegstoßen, doch er drückte zu, bis er den Knochen spürte.
    »Wann wollten Sie es mir sagen?«, fragte er scharf.
    Endlich fand sie die Stimme wieder - sie klang zornig und abwehrend und alles andere als kleinlaut. »Ich wollte es Ihnen ja sagen. Wenn alles vorbei ist.« Sie seufzte verärgert. »Aber jetzt, da Ihre Eltern als Geiseln genommen wurden, durfte ich es nicht länger für mich behalten - nicht solange eine gewisse Hoffnung besteht, Ihre Eltern zu befreien. So gefühllos bin ich nicht, Gray.«
    Seichan wollte sich abwenden, doch Gray ging mit der Bewegung mit und hielt ihren Blick fest.
    »Wenn es keinen Maulwurf gibt«, sagte er, »woher wusste Nasser dann von der konspirativen Wohnung? Wieso konnte er uns dort abfangen?«
    »Ich hatte mich verrechnet.« Seichans Blick wurde undurchdringlich. »Mehr habe ich dazu nicht zu sagen. Sie müssen mir glauben, dass ich in bester Absicht gehandelt habe.«
    »Ihnen glauben!«, höhnte er.
    Auf einmal wirkte sie verletzt und senkte andeutungsweise das Kinn.
    Gray ließ nicht locker. »Wenn ich von Anfang an die Unterstützung von Sigma hätte in Anspruch nehmen können...«
    Ihre Miene verhärtete sich. »Sie wären neutralisiert worden, Gray. Und ich wäre im Gefängnis gelandet, ohne etwas ausrichten zu können. Wir mussten beide in Freiheit bleiben und uns so schnell wie möglich absetzen. Deshalb habe ich Sie in dem Glauben gelassen.«

    Gray suchte in ihrem Gesicht nach einem verräterischen Zucken, einem Hinweis darauf, dass sie log. Doch da war nichts. Offen und herausfordernd erwiderte sie seinen Blick. Sie machte sich nicht einmal die Mühe, ihm zu verhehlen, dass es noch mehr Ungesagtes gab.
    Gray ärgerte sich, dass er ihr gegenüber nicht misstrauischer gewesen war. »Ich sollte Sie von Nasser erschießen

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