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Der Judas-Schrein

Der Judas-Schrein

Titel: Der Judas-Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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und der Eingang zum Tatort ist verschlossen. Das ist Amtsbehinderung.«
    »Sehe ich auch so«, brummte Philipp und stellte sich vor Körner, um ihn vor neugierigen Blicken zu schützen.
    Kurzerhand trat Körner die Tür ein. Das Holz splitterte und das Schloss brach aus dem Rahmen. Die Tür schwang nach innen auf und knallte gegen eine Stellage. Das Glas erklirrte und das Rollo klapperte.
    »Scheiße, ich dachte, du verwendest einen Dietrich«, entfuhr es Philipp.
    »Hast du einen dabei?« Körner trat ein und knipste die Taschenlampe an. In dem Laden roch es nach Plastik, Seife und Waschmittel. Im Lampenlicht sah Körner jedoch, dass sämtliche Regale und Vitrinen leer standen. Rasch schritten sie durch den Laden an der Registrierkasse vorbei. Wiederum erinnerte sich Körner an seine Jugend, als er mit dem High Riser zu Gehrers Laden geradelt war, um den Einkauf für seine Mutter zu erledigen. Erneut hatte er den Geschmack der Colaschlecker und Brausetabletten im Mund. Manche Erinnerungen waren einfach nicht auszulöschen, egal, wie alt man wurde.
    »Weißt du überhaupt, wo die Klos sind?«, flüsterte Philipp.
    »Hier gibt es nur eines.« Körner ging voraus. Als er den Lichtschein unter einem Türspalt bemerkte, stockte er. War der alte Gehrer um diese Uhrzeit etwa noch im Laden? Da flog die Seitentür auf. Körner kniff die geblendeten Augen zusammen. Ein hagerer, gekrümmter Mann stand im Licht, welches aus dem Zimmer fiel, die Kappe tief ins Gesicht gezogen, eine doppelläufige Schrottflinte in der Armbeuge. »Wollt wohl den Laden ausrauben, ihr Gesindel!«, krächzte der alte Gehrer. »Aber da habt ihr euch getäuscht. Hier ist nichts mehr zu holen. Aber eine Ladung Schrotkörner in den Arsch könnt ihr abkriegen!«
    »Gendarmeriekommando Wien«, sagte Körner.
    »Alex?«, rief Gehrer erstaunt.
    Im selben Moment machte Philipp einen Satz nach vorne und wand dem Alten die Flinte aus der Hand. »Die ist ja nicht mal geladen«, entfuhr es ihm.
    »War bisher nie nötig.« Gehrer schob sich die Kappe nach hinten. Die wenigen Haare standen ihm wirr vom Kopf.
    Der Spurensicherer drückte dem Krämer die Flinte in die Hand. Gehrer gebrauchte sie als Stütze wie einen Gehstock. »Was wollt ihr?«
    »Im August vor vier Jahren ist hier Mathias Krajnik gestorben.« Körner trat auf den Mann zu und leuchtete ihm ins Gesicht. »Was wissen Sie darüber?«
    »Oh, Alex, Junge«, murrte er. »Wenn ich dir einen Rat geben darf - vergiss die ganze Sache und verschwinde von hier.«
    »Kann ich nicht«, antwortete Körner. »Einer meiner Ermittler wurde gestern ermordet.«
    Gehrer ließ die Schultern sinken. »Pfeif auf den Ermittler, denk an deine Tochter, Alex. Lass es gut sein, und hau ab von hier.«
    Körners Brustkorb krampfte sich zusammen. Es fühlte sich an, als greife eine eisige Hand nach seinem Herzen. Er packte Gehrer an der Latzhose und drückte ihn gegen den Türstock. »Was verdammt hat Verena damit zu tun?« Er schüttelte den Alten.
    »Nichts.« Gehrer hob abwehrend die Arme.
    »Alex!« Philipp legte Körner die Hand auf die Schulter.
    »Von mir erfährst du nichts«, keuchte Gehrer. »Ich gebe dir nur den Rat, nicht so viele Fragen zu stellen, sondern von hier zu verschwinden. Lass die Vergangenheit ruhen!«
    »Einen Dreck werde ich!« Körner stieß den Ladenbesitzer an die Wand und setzte ihm den Finger auf die Brust. »Jetzt gebe ich Ihnen einen Rat: Wenn Sie mir etwas zu sagen haben, dann ist jetzt Ihre letzte Gelegenheit dazu!«
    Gehrer schüttelte den Kopf. »Sei auf der Hut, nimm dich vor Weißmann in Acht - er ist nicht so harmlos, wie er aussieht.«
    Körner drehte Gehrer herum, packte ihn am Arm und schob ihn vor sich her. »Zeigen Sie mir, wo Mathias Krajnik gestorben ist.«
    »Er ist auf dem Klo einfach tot umgefallen.« Der Alte trippelte vor Körner her.
    Sie gelangten in einen Gang und kamen an einem Zimmer vorbei, dessen Geruch die Küche vermuten ließ. Körner warf einen flüchtigen Blick in den Raum. Gott, sah es hier aus! Das Licht der Dunstabzugshaube beleuchtete einen Herd, auf dem sich Töpfe, Schüsseln und Teller stapelten. Das reinste Schlachtfeld! Zuerst hatte er gedacht, dass der Ventilator über dem Herd surre, doch dann sah er die Fliegen, welche die Speisereste und den offenen Geschirrspüler umschwirrten. Wohnte Gehrer etwa in den Räumlichkeiten, die sich hinter dem Geschäft verbargen? Dagegen war die Kochnische der Krajniks eine Fünf-Sterne-Küche. Körner hielt die Luft an und

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