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Der Judas-Schrein

Der Judas-Schrein

Titel: Der Judas-Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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sich zu Fäusten, er verdrehte die Augen zu einem grässlichen Weiß, als verspüre er ekstatische Lust, und Flüssigkeit ergoss sich aus seinem Glied in ein ovales, schwarzes Maul, das aus der Tiefe raste und unter ihm aufklaffte. Plötzlich schnellten die Greifarme zurück - und da begriff ich: Die Vergewaltigung war vorüber, dieses unbeschreibliche Etwas hatte bekommen, wonach es verlangt hatte.
    Während Pater Dorn erschöpft zu Boden fiel, quollen Lippen aus dem ovalen Maul, die sich zu einer überdimensionalen Vagina formten. Eruptionen zuckten durch den Körper des unheiligen Gebildes, das nicht in diese Welt gehörte. Die unvorstellbaren Wehen dehnten sich im Raum aus, raubten mir den Atem und pressten meinen Brustkorb zusammen. Fleisch warf sich über Fleisch, aus der überdimensionierten, ekligen, nässenden Gebärmutter schlüpfte ein noch schrecklicher anzusehendes, verwachsenes Jungtier. Die Kreatur wurde regelrecht ausgeworfen, sie schlug um sich, riss das kleine Maul auf und gab Töne von sich, die Glas splittern ließen. Längst waren alle Fliegen und Ratten verendet. Erst bei diesen Geräuschen kam ich wieder zu Atem und bemerkte, dass die Maschine still stand und das Loch im Boden verschwunden war. Pater Dorn wälzte sich keuchend in einer Lache, schloss das glitschige Wesen in die Arme und drückte es liebevoll an seinen Körper. Zweifellos hatte der Wahnsinn nach ihm gegriffen.
    Ich hingegen habe den Verstand behalten, obwohl ich Zeuge dieser entstellten Geburt geworden war.
     
    11. Februar: Es ist entsetzlich. Seit dem unheiligen Geschlechtsakt ist Pater Dorn vollends verrückt geworden. Seine verzweifelte Suche nach Gott hat im Wahnsinn geendet …
     
    Körner schlug das Buch zu, da er den folgenden Teil bereits in Marias Wohnung gelesen hatte. Damit kannte er die vollständige unglaubliche Geschichte des Messdieners, der nach dem Kirchenbrand vom Juni 1864 durch das Fenster seiner Kammer geklettert war, um nach Wien zu flüchten. Nur Gott wusste, was aus ihm geworden war, ob er die Nacht des 21. Juni überlebt, oder ob ihn die Dorfmeute erwischt und ebenso gelyncht hatte, wie zuvor Pater Dorn.
    Körner, der noch immer an der Apparatur lehnte, zog sich an einer Stange hoch, die krachend unter dem Druck nachgab, sodass er zu Boden stolperte. Ungläubig hielt er die abgerissene rostige Metallstrebe in der Hand. Mit einem Mal bekam er einen unendlichen Hass auf die Maschine, dieses Machwerk dunkler Dämonen, die einen Weg gefunden hatten, die Menschen des Ortes zu unterjochen. Mit enormer Wucht holte er aus und schlug auf die Maschine ein. Bei jedem Schlag prellte der Griff der Eisenstange in seinen Händen. Der Wutausbruch tat gut. Körner hämmerte auf das Getriebe ein, bis seine Hände zu bluten begannen und sich die Stange schmerzhaft in sein Fleisch grub. Mit jedem weiteren Schlag verzog sich die Konstruktion. Er zertrümmerte die Zahnräder, hieb die Seile durch, brachte die Gewichte zum Absturz, riss die Pedale aus den Aufhängungen, verbog die Hebel und zerfetzte die Segel, welche wie Schwingen in den Raum ragten. Diese Konstruktion sollte dafür büßen, was die Ortsbewohner Maria und seinen Eltern angetan hatten. Hätte es die Maschine nie gegeben, wären Martin Goisser, die Krajnikgeschwister und vermutlich zahlreiche andere Kinder des Ortes noch am Leben.
    Bald ragten nur noch zerbrochene Stangen wie Zahnstocher aus dem Mechanismus, an deren Enden zerfetzte Lederreste hingen. Die gesamte Maschine glich einer Ruine, die, von der Taschenlampe schwach beleuchtet, in der Dunkelheit kauerte. Das Donnern und Knirschen hallte in Körners Ohren nach, als er keuchend auf die Knie fiel und sich den Schweiß aus dem Gesicht wischte. Mit etwas Glück war Hutzingers Buch mit Arghuls grässlichen Bauplänen bei dem Kirchenbrand vernichtet worden. Nun war auch die Maschine zerstört. Blieben nur die Kreaturen hinter den Wänden, die es zu vernichten galt. Körner starrte auf das Funkgerät. Auch darum würde er sich kümmern.
    Eigentlich hätte das Gezücht schon vor hundertvierzig Jahren sterben sollen. Doch irgendetwas hatte nicht so geklappt, wie es der Messdiener in seinem Tagebuch beschrieben hatte. Das Wesen war nicht gestorben, es hatte die Angriffe auf die Kirche überlebt … oder jemand hatte es erweckt … jemand, oder ein bestimmtes Ereignis, dachte Körner. Womöglich hatte die Erweckung etwas mit dem Grubenunglück im Bergwerk zu tun.
    Weshalb sonst sollte sich Martin Goisser mit der

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