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Der Judas-Schrein

Der Judas-Schrein

Titel: Der Judas-Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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erfuhr Körner, dass Jutta Koren mit Staatsanwalt Hauser, dem Landesgendarmeriekommandanten Bejk und dem Innenminister zu Abend aß, wahrscheinlich im Plachutta, dem Nobelrestaurant im ersten Wiener Gemeindebezirk, da ein anderer Schauplatz für ein derartiges Treffen kaum in Frage kam.
    Körner stieß die Tür zu seinem eigenen Büro auf und knallte die Unterlagen auf den Schreibtisch. Der Raum war nur halb so groß wie Jutta Korens Büro, und das Fenster zeigte in den tristen Innenhof des Gebäudes. Ein Straßenbüro hätte er ohnehin abgelehnt, da er Ruhe brauchte, um sich ohne Verkehrslärm in die Unterlagen seiner Fälle zu vergraben. Nur wenige Autos standen auf dem Parkplatz, das Laternenlicht spiegelte sich in den Pfützen, und launenhaft peitschte der Wind den Regen ans Fenster. Der Heizkörper knisterte, die Luft im Zimmer war muffig und durchtränkt von Pizzageruch und Sonja Bergers Parfüm. Sie hatte den Telefonhörer zwischen Wange und Schulter geklemmt, kritzelte in einen Block und sah kurz hoch.
    »Ja, sehr schön.« Sie legte auf. »Das war der hundertste Anrufer, der Sabine Krajnik stranguliert haben will«, klagte sie. »Der Portier stellt alle Telefonate durch … ich komme zu nichts.«
    »Die meisten sind von der Presse. Die arbeiten mit allen Tricks, um etwas über den Fall zu erfahren.« Körner hängte Mantel und Sakko über den Kleiderhaken und setzte sich ans andere Ende des Schreibtischs. »Wie war Ihre Heimfahrt von Grein?«
    »Großartig.« Sie warf ihm einen bissigen Blick zu. »Ein pubertierender, pickelgesichtiger Beamter hat mich hier abgesetzt. Der hatte bestimmt noch keinen Führerschein. Anschließend wollte er mich unbedingt zum Essen einladen, aber ich hatte keinen Appetit.«
    Er nickte nur und betrachtete den zusammengefalteten Pizzakarton im Mülleimer. »Sie haben ein nettes Rendezvous mit einem jungen Mann ausfallen lassen.«
    »Außerdem hat er mir während der gesamten Fahrt auf den Busen gestarrt.«
    Körner grinste. »Seien Sie nicht so streng, das habe ich bei der Hinfahrt doch auch getan.«
    »Nein, haben Sie nicht«, entgegnete sie ernst. »Ich weiß, ich bin ein Idiot!«
    Schlagartig bekam sie rote Wangen und wich seinem Blick aus. Es war das erste Mal in den drei Wochen gewesen, dass er ihr ein Kompliment machen wollte - wenn auch nicht gerade auf die charmanteste Weise, wie er sich eingestand - und er war verdammt noch mal aus der Übung.
    Er stützte die Ellenbogen auf den Tisch und beugte sich nach vorne. »Packen wir es an. Was haben Sie herausgefunden? Und die guten Nachrichten zuerst.«
    Sie sah ihn mit müden Augen an. Er wusste, die dunklen Ringe waren echt und stammten nicht von zerlaufener Schminke. »Es gibt keine guten Nachrichten. Zunächst habe ich bei der Spurensicherung nachgefragt, und Rolf Philipp hat mir seinen Bericht über das ovale Tuch mit den Initialen BF gefaxt. Es ist aus Baumwolle, die Initialen und das Rosenmuster mit einem Goldfaden gestickt. Es muss an die zwei Jahre alt sein und diente wahrscheinlich als Unterlage, eine so genannte Platzdecke, wie man sie häufig in den Wohnungen älterer Damen findet. Spuren von Zigarettenrauch sind im Tuch, Speichel- und Lippenstift-Rückstände stammen ausschließlich von der Leiche. Mehr haben wir nicht.«
    »Irgendwelche Hersteller herausgefunden? Firmen, die bestimmte Stoffe …«
    Sie lachte leise. »Von diesen Baumwolltüchern gibt es Millionen. Die werden den Heurigen- und Jahrmarktbesuchern förmlich nachgeschmissen.«
    »Gut, weiter.«
    »Ich habe Chuck Rainer aufgetrieben, den Besitzer der Diskothek.«
    »Na also! Nehmen wir den Kerl ins Verhör.«
    »Vergessen Sie das! Er war von gestern Abend bis heute Morgen in der Steiermark und hat in einem Nachtclub CDs aufgelegt. Falls das wahr ist, haben ihn Hunderte Gäste gesehen, und der Kerl besitzt ein wasserdichtes Alibi. Kempen prüft das gerade.«
    »Was noch?«
    »Ich habe Sabines Handy-Telefonate aus der Mordnacht überprüft. Sie führte nur ein Gespräch, und zwar mit einem gewissen Martin Goisser. Sagt Ihnen der Name etwas?«
    »Sollte er das?«
    »Ein Junge aus dem Ort, dürfte in Sabines Alter sein.«
    Goissers gab es in der Umgebung vermutlich viele, doch verband er im Moment kein Gesicht damit. »Ist notiert! Den knöpfen wir uns morgen vor. Was haben Sie noch?«
    Sie zuckte die Achseln, dabei verzog sie schmerzhaft das Gesicht. Er bemerkte die Erhöhung unter dem Schulterteil ihres Sweaters. Das Schulterpolster fehlte, stattdessen

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