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Der jüdische Krieg.

Der jüdische Krieg.

Titel: Der jüdische Krieg. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Blick gewisse erotische Partien herausgefunden und erbat sich jetzt mit knarrender Stimme von Josef Erläuterungen. »Sie haben ja ein wenig Fett angesetzt, mein Jüdlein«, sagte er unvermittelt, erstaunt. Er wandte sich an Fabuli, der in der Nähe stand. »In Galiläa hätten Sie meinen Juden sehen sollen, Meister. Damals war er großartig. Stoppelig, hundsmager, verwahrlost. Wirklich ein Prophet zum Malen.« Fabull stand steif, säuerlich; Josef lächelte höflich. »Ich habe mir hier«, fuhr Vespasian fort, »den Arzt Hekatäus zugelegt. Der läßt mich jede Woche einmal fasten. Das bekommt mir ausgezeichnet. Was meinen Sie, Fabull? Wenn wir den Burschen eine Woche fasten lassen, wollen Sie ihn mir dann malen?« Fabull stand stocksteif, das Gesicht ein wenig verzerrt. Josef sagte geschmeidig: »Es freut mich, Majestät, daß Sie heute in der Lage sind, so vergnügt über Jotapat zu scherzen.« Der Kaiser lachte. »Wenn das Wetter umschlägt«, sagte er, »spüre ich immer noch den Fuß, auf den mir Ihre Leute die Steinkugel gepfeffert haben.« Er wies auf die Dame, die neben dem Maler stand. »Ihre Tochter, Fabull?« – »Ja«, sagte der Maler trocken, zurückhaltend, »meine Tochter Dorion.« Alle beschauten das Mädchen. Dorion war ziemlich groß, schmal und zart, die Haut gelbbraun, langer, dünner Kopf, die Stirn schräg und hoch, die Augen meerfarben. Die Jochbogen betont, die Nase stumpf, ein wenig breit, das Profil leicht und rein; groß, frech sprang der Mund aus dem zarten, hochfahrenden Gesicht. »Nettes Mädchen«, sagte der Kaiser. Und, sich verabschiedend: »Na ja. Überlegen Sie sich’s, Fabull, ob Sie mir meinen Juden malen wollen.« Er brach auf.
      Die andern standen eine kleine Weile stumm und betreten zusammen. Fabull war nur aus Rücksicht auf das neue Regime auf das Fest gegangen. Er hatte Dorion mit Mühe bewogen, mitzukommen. Jetzt bereute er, daß er da war. Er dachte nicht daran, den faulen, eiteln jüdischen Literaten zu porträtieren. Josef seinesteils dachte nicht daran, sich von dem überheblichen, verständnislosen Maler porträtieren zu lassen. Immerhin war nicht zu leugnen, das Mädchen Dorion war eine auffallende Erscheinung. Nettes Mädchen, hatte der Kaiser gesagt. Das war platt ausgedrückt und überdies schief. Wie sie dastand, zart bis zur Gebrechlichkeit, locker und doch streng in der Haltung, ein ganz kleines, triumphierendes und obszönes Lächeln um den großen Mund. Josef schmeckte mit Widerwillen ihre etwas wilde Anmut.
      »Naja«, wiederholte ein wenig spöttisch das Mädchen Dorion die Lieblingsworte des Kaisers. »Wollen wir nicht auch gehen, Vater?« Sie hatte eine hohe, dünne, bösartige Stimme. Josef machte den Mund auf, sie anzusprechen, aber dem sonst so Gewandten fiel nichts Rechtes ein. In diesem Augenblick spürte er, daß sich etwas an seinen Füßen rieb. Er sah an sich herunter, es war eine große, rotbraune Katze. Die Katzen, heilige Tiere, wurden in Ägypten verhätschelt, Römer und Juden mochten sie nicht. Josef suchte sie wegzuscheuchen. Sie blieb, sie belästigte ihn. Er beugte sich nieder, packte das Tier. Plötzlich sprang ihn die Stimme des Mädchens an: »Lassen Sie die Katze!« Es war eine schrille, unangenehme Stimme. Merkwürdig, wie sanft sie wurde, als sie sich jetzt an die Katze wandte: »Komm, mein Tierchen! Meine Liebe, meine kleine Göttin! Er versteht nichts von dir, der Mann. Hat er dich erschreckt?« Und sie streichelte die Katze. Das häßliche Tier schnurrte.
      »Entschuldigen Sie«, sagte Josef, »ich wollte Ihrer Katze nicht zu nahe treten. Es sind nützliche Tiere, in Mäusejahren.« Dorion hörte gut seinen Spott. Sie hatte eine ägyptische Mutter gehabt und eine ägyptische Bonne. Die Katze ist göttlich, in ihr ist noch ein Teil der Löwengöttin Bastet, Kraft und Gewalt der Urzeit. Der Jude wollte ihren Gott herabwürdigen, der Jude war ihr zu gering, ihm zu erwidern. Man hätte nicht zu diesem Fest gehen sollen. Die Kunst ihres Vaters war einzigartig, keine Regierung, kein Kaiser kam ohne ihn aus, er hätte es nicht nötig gehabt, dem neuen Regime die Konzession zu machen. Sie sagte nichts, sie stand still da, die Katze auf dem Arm, und stellte ein hübsches Bild: geschmücktes Mädchen, mit einer Katze spielend. Während sie, angenehm überrieselt, viele Blicke auf sich fühlte, überlegte sie. Ein nettes Mädchen, hat der Kaiser gesagt. Ihr Vater soll diesen Juden malen. Was für ein klobiger, witzloser Spaß.

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