Der jüdische Krieg.
ihn vor dem Oberrichter nieder, riß das Kleid ein und sagte: »Mein Doktor und Herr, ich bin Ihr Knecht und Untergebener Josef Ben Matthias, früher Priester der Ersten Reihe in Jerusalem. Ich habe begangen die Sünde des bösen Triebs. Ich habe ein Weib geheiratet, das zu heiraten mir verboten war, eine Kriegsgefangene, die gehurt hatte mit den Römern. Ich bin schuldig der Strafe der Ausrottung.« Doktor Basilid, der Oberrichter, wurde blaß, als Josef diese Worte sprach; er wußte gut, was sie zu bedeuten hatten. Es dauerte eine Weile, ehe er die Antwort gab, die die Formel vorschrieb: »Die Strafe der Ausrottung, Sündiger, steht nicht bei den Menschen, sie steht bei Gott.« Und Josef ging weiter und fragte gemäß der Formel: »Gibt es ein Mittel, mein Doktor und Herr, durch das der Sündiger die Strafe der Ausrottung von sich und seinem Geschlecht abwenden kann?« Der Oberrichter erwiderte: »Wenn der Sündiger die Strafe der vierzig Schläge auf sich nimmt, dann übt Jahve Gnade. Aber der Sündiger muß um diese Strafe bitten.« Josef sagte: »Ich bitte, mein Doktor und Herr, um die Strafe der vierzig Schläge.«
Als bekannt wurde, daß Josef die Strafe der Geißelung auf sich nehmen wollte, gab es ein ungeheures Aufsehen in der Stadt Alexandrien; die Geißelung wurde nicht oft vollzogen, gewöhnlich nur an Leibeigenen. Die Makkabi-Leute zogen die Brauen hoch und verstummten, und manche, die in der Synagoge bei der Austreibung Josefs mit am lautesten geschrien hatten, bereuten es in ihrem Herzen. Die Weißbeschuhten aber beschmierten alle Hauswände mit Karikaturen des gegeißelten Josef, und in den Kneipen sang man Couplets.
Die jüdischen Behörden gaben den Termin der Exekution nicht bekannt. Dennoch war am festgesetzten Tag der Hof der Augustäer-Synagoge voll von Menschen, und die Straßen ringsum gurgelten von Neugierigen. Blaßbraun und hager, die heftigen Augen gradaus, ging Josef den Weg zum Oberrichter. Er legte die Hand auf die Stirn; sehr laut, daß man es bis in den letzten Winkel hören konnte, sagte er: »Mein Doktor und Herr, ich habe begangen die Sünde des bösen Triebs. Ich bitte um die Strafe der vierzig Schläge.« Der Oberrichter erwiderte: »So übergebe ich dich dem Gerichtsdiener, Sündiger.«
Der Büttel Ananias Bar Akaschja winkte seinen beiden Gehilfen, und sie rissen Josef die Kleider vom Leib. Der Arzt trat hinzu, untersuchte ihn, ob er fähig sei, die Geißelung derart zu überstehen, daß ihm nicht unter der Geißel Harn und Kot abgingen; denn das war Entwürdigung, und das Gesetz schrieb vor: »Dein Bruder soll nicht entwürdigt werden in deinen Augen.« Es war der Oberarzt der Gemeinde, der Josef untersuchte, Julian. Er tastete ihn ab, prüfte besonders Herz und Lunge. Viele unter den Zuschauern glaubten, der Arzt werde den Josef für unfähig erklären, die ganze Geißelung durchzuhalten, oder höchstens für fähig weniger Hiebe. In seinem Innern hoffte selbst Josef auf einen ähnlichen Befund. Aber der Arzt wusch sich die Hände und erklärte: »Der Sündiger ist fähig der vierzig Hiebe.«
Der Büttel hieß Josef niederknien. Die Gehilfen banden seine beiden Hände an einen Pfahl, so daß seine Knie Abstand von dem Pfahl hielten, und alle sahen, wie die glatte, blasse Haut seines Rückens sich dehnte. Dann banden sie ihm einen schweren Stein um die Brust, so daß der Oberkörper niedergezogen wurde. Der Büttel Ananias Bar Akaschja ergriff die Geißel. Umständlich, während man sah, wie Josefs Herz gegen die Rippen schlug, befestigte der Büttel den breiten Riemen aus Ochsenleder am Griff, prüfte ihn, machte ihn loser, straffer, wieder loser. Die Spitze des Riemens mußte den Bauch des Gezüchtigten erreichen. Das war Vorschrift.
Der Oberrichter begann, die beiden Schriftverse zu lesen über die Geißelung. »So soll es geschehen: wenn Schläge verdient der Sündiger, so läßt der Richter ihn hinlegen, und man schlägt ihn vor seinem Angesicht nach Maßgabe seiner Sünde an Zahl. Vierzig Schläge schlägt man ihn, nicht mehr. Daß er nicht mehr gebe als diese, der Schläge zuviel, und dein Bruder entwürdigt werde in deinen Augen.« Der Büttel hieb dreizehn Streiche auf den Rücken. Der zweite Richter zählte, dann netzten die Gehilfen den Sündiger. Dann sagte der dritte Richter: schlage, und der Büttel hieb dreizehn Schläge auf die Brust. Dann wieder netzten die Gehilfen den Sündiger. Zuletzt hieb der Büttel nochmals dreizehn Streiche
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