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Der jüdische Krieg.

Der jüdische Krieg.

Titel: Der jüdische Krieg. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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das bestimmt nicht als Zeichen der Milde, sondern der Schwäche auffassen. Er, als Gouverneur Judäas und Rom verantwortlich für Ruhe und Ordnung in dieser schwierigen Provinz, müsse dringend darum bitten, daß man den Tempel dem Erdboden gleichmache. Es sei nicht möglich, ihn zu schonen.
      Titus hörte sich alles mit an; manchmal stenographierte er mit, ein wenig mechanisch. Er begriff gut den Wunsch der Soldaten und den Wunsch der Generäle. Brennt er nicht selber nach dem Triumph?
      Allein dieser Jahve ist ein gefährlicher Gegner. Schon die Hartnäckigkeit, mit der dieses Volk ihn verteidigt, beweist, daß er bei aller Lächerlichkeit kein kleiner und zu verachtender Gott ist. »Wenn möglich.« Er seufzt, unhörbar. Er wünschte, Vespasians Brief wäre klarer.
      Mittlerweile hatten alle Herren ihre Meinung abgegeben. Es zeigte sich, daß drei Stimmen für die Erhaltung des Tempels, drei für seine Zerstörung waren. Gespannt wartete man auf die Entscheidung des Prinzen. Selbst der beherrschte Tiber Alexander konnte ein kleines, nervöses Zucken nicht verhindern.
      Josef kratzte nervös mit dem Schreibgriffel auf die Tischplatte. Er achtete scharf auf jedes Wort, das gesprochen wurde, er schrieb schlecht mit, aber er hatte ein zuverlässiges Gedächtnis. Die Gründe, die die Soldaten vorbrachten, waren keine schlechten Gründe. Und noch ein besserer stand dahinter: der Wunsch eines römischen Triumphes. Titus hat ihm, der Berenike, sich selber zugesagt, er werde den Tempel schonen. Aber Titus ist Soldat. Des Soldaten höchstes Ziel ist ein Triumph in Rom. Wird er standhalten? Wird er einen Triumph in Rom gefährden, um Jahves Haus zu erhalten?
      Titus überlegt. Aber es sind nicht Gründe und Gegengründe. Dieser Jahve, denkt er, ist ein sehr listiger Gott. Wahrschein lich ist er es, der mir dieses störende Gefühl für die Frau in die Brust gelegt hat. Sie hat sich mir gegeben, ich kenne sie: wahrscheinlich ist es dieser Jahve, der nicht zuläßt, daß mein Durst aufhört. Wie wird mein Vater grinsen, wenn er hört, daß ich den Tempel verbrannt habe. »Na, Cänis, alter Hafen«, wird er sagen, »er hat’s nicht lassen können. Bewilligen wir ihm seinen Triumph.«
      Eine Viertelminute Schweigen ist vergangen. »Ich schließe mich«, sagt Titus, »der Meinung derer an, die es für möglich erachten, den Tempel zu schonen. Ich denke, römische Legionen werden Manneszucht halten, auch wenn ihnen ein Befehl einmal nicht zusagt. Ich danke Ihnen, meine Herren.«

    Vor dem Zelt des Titus versammelten sich wie jeden Abend nach altem Lagerbrauch die Musikkorps, um die Retraite zu blasen, die Fanfare, das Symbol der höchsten Feldherrngewalt. Titus stand im Eingang des Zeltes. Die Fanfare abzunehmen war ihm immer eine besondere Freude. Die Spielleute, es waren ihrer an zweihundert, nahmen Aufstellung. Das Zeichen kam. Und dann ging es los, unlieblich, aber machtvoll, das Dröhnen der Pauken, das Pfeifen und Heulen der Hörner und Flöten, das Schmettern der Trompeten, das Gellen und Schrillen der Reiterzinken, und Titus erfreute sein Herz an der bunten, lustigen Schar und an ihrem ehrenvollen Lärm.
      Dann zogen sie ab. Und jetzt kam etwas Gewichtigeres, die Ausgabe der Parole und des Tagesbefehls. Das vollzog sich umständlich, feierlich. Abwechselnd täglich schickte jede der vier Legionen ihren Ersten Zenturio, daß der vom Feldherrn Tagesbefehl und Parole entgegennehme und, ebenso umständlich und feierlich, weitergebe.
      Titus war nicht angenehm überrascht, als sich am Abend dieses 28. August als Befehlsempfänger der Hauptmann Pedan einstellte, der Erste Zenturio der Fünften Legion. Es war der seit langer Zeit wichtigste Befehl, und der Prinz hatte ihn dreimal geändert. Er überreichte dem Manne das Täfelchen. Der Hauptmann Pedan nahm es in seine breiten, kurzen, schmutzigen Hände. Er las: »Parole: Geh unter, Judäa. Befehl: Im Lauf des 29. August sind die Lösch- und Aufräumarbeiten an der Nord- und Westseite des Tempels unter allen Umständen dergestalt zu Ende zu führen, daß für den frühen Morgen des 30. August das Gelände für den Angriff bereit ist. Belästigt der Gegner die Lösch- und Aufräumekommandos, so ist er mit Energie abzuweisen, doch unter Schonung der Baulichkeiten, soweit sie zum eigentlichen Tempelhaus gehören.
      Der Hauptmann Pedan las den Befehl vorschriftsmäßig mit lauter Stimme. Der Erste Zenturio der Fünften hatte einen raschen Verstand, er

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