Der jüdische Krieg.
Man arbeitete schwitzend, verdrossen. Pedan gab Weisung, zu singen. Er selber stimmte an, mit seiner quäkenden Stimme, das grobe Lied der Fünften:
»Wozu ist uns
ut? Der Legionär macht alles:
Kriege führt er, Wäsche wäscht er,
Throne stürzt er, Suppe kocht er,
Fährt den Mist und schützt den Kaiser,
Kinder säugt er, wenn es not ist.
Der Soldat muß alles können.
Unsre Fünfte, die macht alles.«
Als sie das Lied zum drittenmal sangen, zeigte sich der Gegner. Das Tor war doch nicht so klein, wie es ausgesehen hatte; jedenfalls war es groß genug, um in unglaublich kurzer Zeit unglaublich viele Juden auszuspeien. Die Soldaten vertauschten die Schaufel mit Schild und Schwert. Man hatte verflucht wenig Platz, und wer in die rauchenden Trümmer hineingedrängt wurde, dem war schwer zu helfen. »Makkabi«, schrien die Juden. »Geh unter, Judäa«, schrien die Römer. Es war ein richtiges Gefecht. Die Juden achteten es nicht, daß auch von ihnen viele in die glühenden Trümmer gerieten. In dicken Klumpen umschwärmten sie das römische Feldzeichen. Jetzt fiel der Träger, ein zweiter packte es, wurde niedergemacht. »Makkabi«, schrien die Juden, sie hatten das Feldzeichen. Im Triumph brachten sie es hinter die Mauer.
Die Römer erhielten Verstärkungen. Beim nächsten Ausfall kamen die Juden nicht so weit wie das erstemal, aber das kleine Tor spie immer neue Scharen aus. Pedan fluchte, hieb mit dem Weinrebstock auf seine Leute ein. Sie warfen die Juden zurück, einige von Pedans Leuten drangen mit ins Tor hinein, das Tor schloß sich. Die eingedrungen sind, sind verloren. Aber der Gegner ist mit Energie abgewiesen.
Pedan grinste. Der Gegner ist mit nicht genug Energie abgewiesen. Pedan ließ eine Schildkröte bilden. Die Leute waren verwundert. Die Mauer starrte riesig hoch, die Maschinen hatten nicht gearbeitet, keine Artillerie war hinter ihnen. Was wollte ihr Erster? Sollen sie die Mauer mit bloßen Händen umreißen? Aber sie schuppten die Schilde zusammen über die Köpfe, dem Befehl gehorchend, und gingen vor. Seltsamerweise aber hieß sie Pedan nicht das Tor angreifen, sondern die Stelle schräg links, wo die goldumrahmte Fensteröffnung war.
Sie gingen immer vor, nun waren sie an der Mauer, die vordersten standen bereits an die Mauer geklemmt. Und nun geschah etwas, wie es die Erste Kohorte der Fünften, an so vieles gewöhnt, noch nie gesehen hatte. Der Hauptmann Pedan, schwer in seiner Rüstung, schwang sich auf die Schilde des letzten Gliedes, mit den genagelten Stiefeln über die krachenden Schilde breitbeinig tappte er vor. Er fiel nicht, beim Herkules, er wahrte das Gleichgewicht, in der einen Hand hielt er einen Feuerbrand, und jetzt schleuderte er ihn, durch die goldumrahmte Öffnung schleuderte er ihn, und dann schrie er: »Gib noch einen«, und die Soldaten reichten ihm aus den glühenden Trümmern noch einen Feuerbrand hinauf und noch einen. Die unter den Schilden, schwitzend, bedrängt, mühsam ausharrend, wußten nicht, was über ihren Köpfen geschah, sie hörten nur ihren Hauptmann schreien: Gib noch einen, und: Hep, Hep. Aber sie, ebenso wie die, die die Feuerbrände reichten, waren voll von einer Ungeheuern Spannung, was sich nun ereignen werde. Ihr Erster, ihr Hauptmann Pedan, der Liebling der Armee, wird sicher wissen, was er tut, sicher wird sich etwas ereignen.
Der Hauptmann Pedan wußte auch, was er tat. Er hatte den Grundriß des Tempels eingesehen, er wußte, an dieser Stelle, in dem Raum mit der goldumrahmten Fensteröffnung, wurden die Holzvorräte aufbewahrt, die die Juden herbeischleppten am Feste des Holztragens, die Bürger Jerusalems und die Pilger, jeder Mann ein Scheit. Der Gegner ist mit Energie abzuweisen. Er ließ sich die Feuerbrände hinaufreichen, er warf, er schrie: Hep, Hep, und: Gib noch einen, und sie hörten seine genagelten Schuhe auf den Schilden kratzen, sie hielten aus, starknackig, geduckt, sie stöhnten vor Erwartung.
Und jetzt endlich kam Geschrei von innen, und jetzt Rauch, immer mehr, immer dickerer Rauch, und jetzt befahl Pedan: »Die Leiter her.« Die Leiter war zu kurz, da ließ er sie auf die Schildkröte stellen. Er kletterte hinauf, die Leiter schwankte wild, aber die unter den Schilden hielten fest, und durch den Rauch und durch das Fenster kletterte der Hauptmann Pedan ins Innere. Er sprang hinein mitten in Rauch und Geschrei, riß die Riegel des Tores zurück, in der Öffnung erschien geschwärzt und grinsend sein
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