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Der jüdische Krieg.

Der jüdische Krieg.

Titel: Der jüdische Krieg. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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jüdische Männer, selbst wenn sie den Rittertitel und den Goldenen Ring des Zweiten römischen Adels trugen, schmählich am Kreuz exekutieren.
      Als auch zwei Mitglieder des Großen Rats abgeurteilt werden sollten, erschien vor den Offizieren des Standgerichts, begleitet von einer stummen, ergriffenen Menge, die Prinzessin Berenike, die Schwester des Titularkönigs Agrippa. Sie hatte wegen Errettung aus einer Krankheit ein erschwertes Gelübde getan, so daß sie mit kurzgeschorenem Haupthaar ging und ohne jeden Schmuck. Sie war eine schöne Frau, in Jerusalem sehr geliebt und gern gesehen auch am römischen Hof. Ihre Art zu gehen war berühmt in der ganzen Welt. Von der deutschen Grenze bis zum Sudan, von England bis an den Indus konnte man einer Frau kein willkommeneres Kompliment machen als: sie gehe wie die Prinzessin Berenike. Jetzt nun schritt diese große Dame demütig her, nach Art der Schutzflehenden, barfuß, das schwarze Gewand nur von einer Schnur gehalten, das Haupt mit dem kurzen Haar gebeugt. Sie neigte sich vor dem Vorsitzenden des Gerichts und bat um Gnade für die beiden Priester. Die Offiziere waren zunächst höflich, machten galante Scherze. Da aber die Prinzessin nicht abließ, wurden sie kühl und kurz, zuletzt geradezu grob, und Berenike mußte sich, übel gedemütigt, zurückziehen.
      Es kamen in diesen fünf Tagen vom 21. bis zum 26. Mai in ! Jerusalem über dreitausend Menschen ums Leben, darunter an tausend Frauen und Kinder.
      Die Stadt kochte in dumpfer Empörung. Bisher waren zumeist Bauern und Proletarier den »Rächern Israels« zugelaufen, jetzt schlossen sich immer mehr Bürger ihnen an. Überall raunte es oder schrie es auch offen, übermorgen, nein, morgen schon werde das Land sich gegen die römische Gewalt erheben. Die einheimische Regierung, das Kollegium des Erzpriesters und der Große Rat, sahen mit Sorge, welche Wendung die Dinge nahmen. Die gesamte Oberschicht wünschte Verständigung mit Rom, hatte Angst vor einem Krieg. Die »Unentwegt Rechtlichen«, Aristokraten zumeist und reiche Leute, die die wichtigsten Staatsämter innehatten, fürchteten, ein Krieg gegen Rom werde unausbleiblich in eine Revolution gegen ihre eigene Herrschaft ausmünden; denn sie hatten von jeher die bescheidenen Forderungen der Pachtbauern, Kleinbürger, Proletarier starr und hochmütig abgelehnt. Die »Wahrhaft Schriftgläubigen« aber, die Partei der Doktoren des Tempels von Jerusalem, Gelehrte, Demokraten, denen die große Masse des Volkes anhing, glaubten, man müsse es Gott überlassen, die alte Freiheit des Staates wiederherzustellen, und warnten vor jeder Gewalttätigkeit, solange die Römer die Lehre nicht antasteten, die sechshundertdreizehn Gebote des Moses.
      Die Führer beider Parteien wandten sich dringlich an den König Agrippa, der in Ägypten weilte, und baten ihn, zwischen den Aufständischen und der römischen Regierung zu vermitteln. Diesem König hatten die Römer zwar nur in Transjordanien und in einigen Städten Galiläas wirkliche Herrschaft belassen, in Judäa hatten sie seine Befugnis auf die Oberaufsicht über den Tempel beschränkt. Aber noch hatte er den Königstitel, galt als der erste Mann unter den Juden, war beliebt. Eiligst, auf die Bitten der jüdischen Regierung, reiste er nach Jerusalem, gewillt, selber zu den Massen zu reden.
      Zehntausende kamen, ihn zu hören, auf den großen Platz vor dem Makkabäerpalais. Sie standen dichtgedrängt, hinter ihnen war die alte Stadtmauer und, von einer schmalen Brücke überspannt, die Talenge, und wieder dahinter weiß und golden die ragende Westhalle des Tempels. Die Menge begrüßte den König gedrückt, gespannt, ein wenig mißtrauisch. Dann aber kam zwischen sich neigenden Offizieren die Prinzessin Berenike aus dem Tor des Palastes, schwarzgekleidet wieder, aber nicht in der Tracht der Schutzflehenden diesmal, sondern in schwerem Brokat. Unter dem kurzen Haar schien ihr langes, edles Gesicht doppelt kühn. Alle verstummten, als sie aus dem Palais trat, wie wohl die Betenden verstummen, die am Neumondstag auf den jungen Mond gewartet haben: er war zwischen Wolken und unsichtbar, jetzt aber kommt er heraus, und sie freuen sich. Langsam stieg die Prinzessin die Treppen herunter zu ihrem Bruder, schwer bauschte sich der Brokat um die still Schreitende. Und wie sie jetzt die beiden Hände mit den Flächen gegen das Volk hob, gaben sie inbrünstig, stürmisch den Gruß zurück: sei gegrüßt, Berenike, Fürstin,

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