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Der jüdische Krieg.

Der jüdische Krieg.

Titel: Der jüdische Krieg. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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der große Mann und er ein kleiner, eitler Streber.
      Mehrere lange Tage geht er umher in qualvoller Erwartung. Schließlich kann er die Spannung nicht mehr ertragen. Er holt die Würfel hervor. Wenn sie günstig fallen, dann fällt die Entscheidung zugunsten der Juden. Er dreht die Kreiselwürfel. Sie fallen ungünstig. Er dreht nochmals. Sie fallen wieder ungünstig. Er dreht ein drittes Mal. Diesmal fallen sie günstig. Er erschrickt. Er hat, wirklich ohne Absicht, den abgeschrägten Würfel genommen.
      Wie immer, er will nach Judäa zurück. Er hat in diesen achtzehn Monaten Rom viel von Judäa vergessen, er sieht es nicht mehr, er muß zurück und sich Kraft aus Judäa holen.
      In großer Eile rüstet er seine Abreise. Die halbe Judenschaft steht am Drei-Straßen-Tor, wo der Wagen abfährt, der ihn an sein Schiff nach Ostia bringen soll. Drei der Versammelten begleiten ihn weiter: Irene, die Frau des Doktor Licin, der Schauspieler Demetrius Liban, der Schriftsteller Justus von Tiberias.
      Demetrius, auf dem Wege, spricht davon, wie auch er einmal nach Zion reisen wird, und dann für immer. Nein, allzulange wird er nicht mehr warten müssen. Er glaubt nicht, daß er noch länger als sieben oder acht Jahre spielen wird. Dann, endlich, wird er Jerusalem sehen. Er träumt vom Tempel, wie er strahlend über der Stadt hängt mit seinen riesigen Terrassen, seinen weiß und goldenen Hallen. Er träumt von dem mattschillernden Vorhang, der das Allerheiligste abschließt, dem kunstvollsten Gewebe der bekannten Welt. Er kennt jede Einzelheit des Heiligtums, besser wahrscheinlich als mancher, der es mit leiblichen Augen gesehen hat, so oft hat er sich davon erzählen lassen.
      Sie sind im Hafen von Ostia angelangt. Die Sonnenuhr zeigt die achte Stunde. Josef rechnet kindlich, mühsam und beharrlich. Es sind jetzt ein Jahr sieben Monate zwölf Tage und vier Stunden, daß er fort ist aus Judäa. Es überfällt ihn plötzlich eine schier leibliche Begierde nach Jerusalem, er möchte seinen Atem mit in die Segel des Schiffes blasen, auf daß es schneller fahre.
      Die drei Freunde stehen am Kai. Ernst und still Irene, spöttisch und traurig Justus, aber Demetrius Liban streckt mit großer Geste den Arm mit der flachen Hand aus, den Oberkörper nach vorn geneigt. Es ist mehr als ein Abschiedsgruß an Josef, es ist ein Gruß an das ganze, ferne, heißbegehrte Land.
      Die Menschen verschwinden. Ostia, Rom, Italien verschwin den. Josef ist auf dem freien Meer. Er fährt nach Judäa. Mit ihm auf dem gleichen Schiff fährt der Geheimkurier, der dem Gouverneur von Judäa den Befehl überbringt, der Stadt Cäsarea die kaiserliche Entscheidung über das Wahlstatut zu verkünden.

    ZWEITES BUCH

    Galiläa

          m 13. Mai, um neun Uhr morgens, empfing der Gouverneur Gessius Flor den Magistrat von Cäsarea und teilte
          ihm die kaiserliche Entscheidung über das Wahlstatut mit, durch welche die Juden ihrer Herrschaft über die offizielle Hauptstadt des Landes verlustig gingen. Um zehn Uhr wurde das Edikt durch den Sprecher der Regierung von der Rednertribüne auf dem großen Forum verkündet. In den Werkstätten der Brüder Zakynth arbeitete man bereits daran, den Wortlaut des Ediktes in Bronze zu gießen, damit es in dieser Form in den Archiven der Stadt für alle Zeiten aufbewahrt werde.
      Unter der griechisch-römischen Bevölkerung brach ungeheurer Jubel los. Die Kolossalstatuen an der Hafeneinfahrt, die Bildnissäulen der Göttin Rom und des Begründers der Monarchie, die Porträtbüsten des regierenden Kaisers an den Straßenecken wurden festlich bekränzt. Musikkorps, Sprechchöre durchzogen die Straßen, im Hafen schenkte man freien Wein aus, die Leibeigenen bekamen Urlaub. In den Stadtvierteln der Juden aber starrten die sonst so lärmvollen Häuser weiß und öde, die Läden waren geschlossen, die Furcht vor einem Pogrom lag beklemmend über den heißen Straßen.
      Am Tag darauf, einem Sabbat, fanden die Juden, als sie ihre Hauptsynagoge besuchen wollten, vor dem Tor den Führer eines griechischen Stoßtrupps mit seinen Leuten, wie er ein Vogelopfer darbrachte. Solche Opfer pflegten Aussätzige darzubringen, und es war die beliebteste Beschimpfung der Juden im vorderen Asien, daß man sie für Abkömmlinge ägyptischer Aussätziger erklärte. Die Synagogendiener forderten die Griechen auf, sich für ihr Opfer einen andern Platz auszusuchen. Die Griechen höhnten zurück, die Zeiten, in

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