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Der jüdische Krieg.

Der jüdische Krieg.

Titel: Der jüdische Krieg. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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zweifelhafte Hände käme. Eigentlich hat der Bursche da mit seinem harten Jotapat ihm einen guten Dienst getan, und der Gott, der aus ihm spricht, ist kein schlechter Ratgeber.«
      Josef aber blühte auf wie ein verdorrtes Feld unterm Regen. Gott war gnädig gewesen; es war augenscheinlich, daß der Feldherr ihm glaubte. Und warum auch nicht? Dieser, der da vor ihm stand, war wirklich der Mann, von dem es hieß, daß er ausgehen werde von Judäa, die Welt zu richten. Hieß es nicht in der Schrift: »Der Libanon wird in eines Mächtigen Hand fallen«? Adir, das hebräische Wort für mächtig, bedeutete es nicht genau das gleiche wie Cäsar, Imperator? Gab es ein besseres, deckenderes Wort für diesen breiten, schlauen, klaren Mann? Er neigte den Kopf vor dem Römer, tief, die Hand an der Stirn. Das Wort vom Messias und das alte, finstere Wort, daß Jahve Israel schlagen werde, um es zu entsühnen, war eines, und dieser Römer war gekommen, es zu erfüllen. Wie die Olive ihr Öl nur hergibt, wenn man sie preßt, so gibt Israel sein Bestes nur, wenn es gedrückt wird, und der es keltert und preßt, heißt Vespasian. Ja, Josef hatte das letzte, abschließende Argument gefunden. Eine tiefe Sicherheit überkam ihn, er fühlte die Kraft in sich, mit seiner Ausdeutung vor dem kniffligsten Doktor der Tempelhochschule zu bestehen. Die Höhle von Jotapat war voll Krampf und Schmach gewesen, aber wie des Menschen Frucht hervorgestoßen wird aus Blut und Kot, so war aus ihr gute Frucht hervorgegangen. Er war bis an die Poren seiner Haut voll von Zuversicht.
      Cänis aber ging unbehaglich um den Gefangenen herum. »Es ist die Angst vor dem Kreuz«, maulte sie, »die aus dem Menschen redet. Ich würde ihn nach Rom öder Korinth schikken. Der Kaiser soll ihn richten.«
      »Schicken Sie mich nicht nach Rom«, bat dringlich Josef. »Sie sind es, der über mein und unser aller Schicksal zu bestimmen haben wird.«
      Er war ausgehöhlt vor Erschöpfung; aber es war eine glückliche Erschöpfung, er hatte keine Angst mehr. Ja, im Innersten fühlte er sich dem Römer bereits überlegen. Er stand vor dem Römer, er sprach seine kühnen, schmeichlerischen Worte, er neigte sich vor ihm, aber schon hatte er das Gefühl, den andern zu leiten. Der Römer war unbewußt eine Zuchtrute in der Hand Gottes: er, Josef, war bewußt und fromm Jahves Instrument. Was er gespürt hat, als er zum erstenmal vom Capitol über Rom hinschaute, hat sich auf seltsame Art erfüllt. Er hat die Hand am Schicksal Roms. Vespasian ist der Mann, den Gott erwählt hat, aber er, Josef, ist der Mann, ihn nach dem Willen Gottes zu lenken.
      Der Marschall sagte, und in seiner knarrenden Stimme war eine leise Drohung: »Jüdlein, nimm dich in acht. Stenogra phier gut mit, Titus, mein Sohn. Wir werden vielleicht einmal Lust haben, diesen Herrn beim Wort zu nehmen. Können Sie mir auch sagen«, wandte er sich an Josef, »wann das sein wird mit meiner Messiasherrlichkeit?«
      »Das weiß ich nicht«, erwiderte Josef. Und plötzlich, unerwartet stürmisch: »Halten Sie mich in Ketten bis dahin. Lassen Sie mich exekutieren, wenn es Ihnen zu lange dauert. Aber es wird nicht lange dauern. Ich war ein guter Diener der ›Rächer Israels‹, solange ich glaubte, Gott sei in Jerusalem und diese Männer seine Beauftragten. Ich werde Ihnen ein guter Diener sein, Konsul Vespasian, nun ich weiß, Gott ist in Italien, und Sie sind sein Beauftragter.«
      Vespasian sagte: »Ich nehme Sie aus der Beute in meine privaten Dienste.« Und, da Josef sprechen wollte: »Gratulieren Sie sich nicht zu rasch, mein Jüdlein. Ihren Priestergürtel können Sie weitertragen, aber auch Ihre Fesseln werden Sie tragen, bis sich herausgestellt hat, was an Ihrer Prophezeiung stimmt.«
      An Kaiser und Senat schrieb der Feldherr, er müsse sich für dieses Jahr damit begnügen, das Erreichte zu sichern.
      Noch immer warteten die Telegrafisten an den Posten, die Cestius Gall vorbereitet hatte, auf die Nachricht, Jerusalem sei gefallen. Vespasian zog die Posten zurück.

    DRITTES BUCH

    CÄSAREA

         osef wurde in der näheren Umgebung Vespasians einfach, aber nicht schlecht gehalten. Der Feldherr hörte
         ihn als Ratgeber in Dingen, die jüdische Gebräuche und persönliche Verhältnisse einzelner Juden anlangten, er hatte ihn gern um sich. Aber er zeigte, daß er seinen Angaben nie ganz traute, ließ sie oft nachprüfen, hänselte und demütigte ihn zuweilen empfindlich.

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