Der Jünger
und drückte die Nase in die Mulde ihres Halses. “Himmel, du riechst so gut.”
“Tias Taco-Soße. Das wirkt immer.”
Ben grinste. “Du bist schon eine. Jedes Mal, wenn ich mich an dich ranmache, bringst du mich zum Lachen. Du weißt, das ist ein gefährliches Zeichen für einen Mann.”
“Hör auf zu reden und beweg dich.”
“Nur ein bisschen, nicht wahr?”
“Genau.” Dann seufzte sie erleichtert auf, als sie ihm folgen konnte, ohne seinen Füßen ausweichen zu müssen.
Der Song endete, ein weiterer begann.
Und bevor sich Benjamin North dessen bewusst war, tanzte er. Es war nicht besonders elegant. Zweifellos schien er nicht auf dem Weg, ein zweiter Fred Astaire zu werden, aber er sah auch nicht aus wie ein sterbender Kranich, und er trat January nicht auf die Füße.
Eine weitere halbe Stunde verging. Ben schaffte es, zwei Runden Fahrstuhlmusik zu überstehen, ohne sich zu blamieren oder January zu verletzen. Schließlich erklärte sie, das sei genug.
“Ist die Tanzstunde endlich vorbei?”, fragte er.
Sie nickte und ging zur Stereoanlage hinüber, um den CD-Spieler auszuschalten.
“Du wirst es schon irgendwie schaffen.”
“Mehr als das.”
Sie drehte sich um. Er stand direkt hinter ihr. Diesmal streckte er ihr die Hand hin. Sie seufzte. Es war so weit.
“Beweise es”, sagte sie.
12. KAPITEL
D ie letzten Takte der Musik waren kaum verhallt, da hatten sie sich bereits nackt ausgezogen. Er nahm sie zuerst in der Diele, wild und ohne Vorspiel, im Stehen.
January kam so schnell, dass sie aufschrie. Als sie wieder normal atmen konnte, legte sie ihm die Arme um den Nacken und zog ihn ins Schlafzimmer.
Kurz darauf war es Ben, der auf dem Rücken lag und fast verrückt vor Lust wurde. Die kurzen Augenblicke, in denen er zu sich kam, betrachtete er Januarys herrlich hingebungsvollen Gesichtsausdruck. Als er kam, fühlte er sich wie inmitten einer Explosion – voller Hitze und außer Kontrolle. Tränen stiegen ihm in die Augen, als es vorbei war und January in seinen Armen lag. Eingelullt von den Geräuschen des nachlassenden Unwetters und vollkommen erschöpft schlief er schnell ein.
Jay Carpenter hatte seine Pläne erweitert. Außer den anderen Jüngern, die ihm noch fehlten, musste er einen besonderen Platz, getrennt von den Männern, einrichten – für die wichtigste Frau in seinem Leben. Dazu brauchte er eine neue Matratze und Decken, ebenso eine transportable Toilette, die er hinter einem Stapel von alten Holzpaletten verbergen wollte. Es war nur richtig, dass ihr eine besondere Berücksichtigung zuteil wurde, und Ketten benötigte sie nicht. Die Liebe einer Mutter und die Hingabe ihrem Sohn gegenüber waren hochheilig. Bestimmt hätte sie gern mehr Komfort genossen, doch das hätte nicht den wahren Begebenheiten entsprochen.
Und die Wahrheit trieb ihn an. Wohlwissend, dass seine Zeit, die ihm auf Erden blieb, kurz war und er noch so viel zu tun hatte, drängte es ihn immer stärker zur Eile. Jedes Mal, wenn ihn Schmerz oder Erschöpfung überwältigten, dachte er unwillkürlich an die Verzweiflung, die er in der Hölle erlebt hatte.
Es regnete noch immer, als Jay wieder in sein Taxi stieg. Die Flüche und Klagen seiner Jünger hinter sich lassend fuhr er in die Nacht hinaus. Es gab eine Containersiedlung unter einer bestimmten Straßenüberführung, die heute Abend sicher sehr belebt sein würde. Es wäre der perfekte Ort, um das Wort Gottes zu predigen und inzwischen nach den noch fehlenden Jüngern zu suchen.
Phillip Benton hatte schon früher schwere Zeiten durchgemacht, aber noch nie war es dermaßen dicke gekommen. Vor mehr als achtzehn Monaten hatte man ihn entlassen. Neun Monate war es jetzt her, dass er aus der Wohnung geworfen wurde. Seine Frau war mit den beiden Kindern vor Monaten nach Hause in die Blue Ridge Mountains in Kentucky gefahren. Den ganzen Weg zur Busstation hatte sie geweint und gebettelt, er möge mit ihnen fahren, doch er hatte darauf bestanden, eine neue Arbeit zu finden und sie dann zurückzuholen. Es hatte leider nicht funktioniert.
In Kentucky waren sie ihr ganzes Leben lang arm gewesen, doch zumindest hatten sie ein Haus gehabt, in dem sie wohnen konnten, und den Wald voller Wild, um sich zu ernähren. Hier in dieser Stadt, dem Herzen der Nation, waren sie entwurzelt gewesen, auch wenn sie davon geträumt hatten, sich hier eine bessere Existenz aufzubauen. Jetzt besaß Phillip nicht einmal genug Geld, um nach Hause zu fahren. Jeder neue Tag
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