Der Jüngstre Tag
befanden sich auch die Gemeinschaftsküche und der Aufenthaltsraum für alle. Vor ihrer Abfahrt wohnten Mark und Steven in dem seewärts gelegenen Haus des Dreierblocks, während das dritte Haus von Marks Bruder Christopher, seinen beiden Töchtern und ihren Kindern bewohnt wurde. Das Wohnzimmer seines Hauses diente als Klassenzimmer und das Esszimmer als Bibliothek.
»Wir sollten in das Haus deines Vaters ziehen«, sagte Christophers Tochter Katie schnell, nachdem Jane ihren Plan verkündet hatte. »In unserem ist es viel zu eng.« Die große, elegante Katie mit dem gelockten, schulterlangen Haar war das genaue Gegenteil von der natürlichen und praktisch veranlagten Jane. Zwischen ihnen hatte es schon Streit gegeben, weil Katie so viel Zeit auf ihr Äußeres verwendete auf Kosten ihrer Arbeiten im Haus. »Du kannst in mein Haus ziehen«, erwiderte Jane.
»Das ist doch unlogisch. Warum sollen wir zwei Umzüge machen? Du bleibst da wohnen, und ich ziehe ins Haus nebenan.«
»Ich habe das Recht der ersten Wahl«, rief Jane plötzlich. »Meine Familie hat hier alles aufgebaut.«
Christopher runzelte die Stirn. Als Mark und Steven ihn und seine Familie vor anderthalb Jahren in Wellington aufgespürt und nach Gulf Harbour gebracht hatten, waren sie mit offenen Armen empfangen worden. Zum ersten Mal brachte jetzt jemand Eigentumsrechte oder eine Hierarchie ins Spiel. »Jane braucht mal einen Tapetenwechsel«, sagte er, um die Spannungen zu vertreiben.
»Das stimmt«, pflichtete sie ihm lautstark bei und wandte sich Katie zu. »Es ist gut, wenn du in das mittlere Haus ziehst. Dann bist du näher an der Küche.«
Ein Blick in Katies Miene bewies, dass dieser Seitenhieb die Stimmung auch nicht gerade aufheiterte.
Am nächsten Tag zogen Jane und ihre Kinder mit der Katze Misty und dem kleinen weißen West-Highland-Terrier Snowy in das seewärts gelegene Haus. Christophers andere Tochter Sarah und ihre beiden Töchter Holly und Zoë zogen in das mittlere Haus. Da sie nun auch die Gemeinschaftsräume nicht mehr benutzten, hatte Jane mehr Platz für sich und ihre Familie. Mit der Zeit kapselte sie sich immer mehr von ihren Verwandten ab und blieb mit ihren Kindern allein.
Christopher bemühte sich, die Gemeinschaft zusammenzuhalten. Er mochte seine Nichte, und sie tat ihm leid. Sie fühlte sich einsam, nachdem ihr Vater und ihr Bruder ans andere Ende der Welt gesegelt waren. Christopher wusste, dass sie traumatisiert war, nachdem sie ein Weltumsegler, der nach der Pandemie nach Gulf Harbour gekommen war, vergewaltigt hatte. Es war schwer für sie gewesen, die kleine Audrey zu akzeptieren, die neun Monate später geboren worden war. Auch er erkannte Katies Unzulänglichkeiten und drängte sie dazu, mehr Arbeiten zu übernehmen.
Steven hatte den Komplex zwar in gutem Zustand hinterlassen, doch es dauerte nicht lange, bis erste Probleme auftraten. Zuerst ging nach einem starken Sturm einer der windbetriebenen Stromgeneratoren kaputt. Obwohl die Mitglieder der Gemeinschaft sich nach Kräften bemühten, gelang es ihnen nicht, ihn zu reparieren.
»Wir haben keine andere Möglichkeit«, sagte Christopher eines Tages, »als unseren Stromverbrauch zu reduzieren, vor allem an bewölkten Tagen. Ich habe die Batterien geprüft und festgestellt, dass sie nur noch zu achtzig Prozent geladen sind. Wir können es uns nicht leisten, dass sie noch weiter entladen werden, sonst gehen sie kaputt.«
»Du solltest nicht mehr versuchen, deinem Vater übers Radio Nachrichten zu senden«, sagte Katie zu Jane. »Du hast seit Wochen nichts von ihnen gehört.«
Christopher, der spürte, dass sich Streit anbahnte, versuchte zu vermitteln. »Nein. Sie haben vereinbart, jeden Tag Funkkontakt herzustellen.«
»Es hat doch keinen Zweck, wenn sie uns nicht hören können. Soviel wir wissen …«, begann Katie. Doch als sie begriff, dass sie fast etwas gesagt hätte, das niemand hören wollte, verstummte sie.
»Wir müssen weiterhin senden«, beharrte Christopher. »Es ist immer möglich, dass sie etwas empfangen.«
»Es wäre sinnvoller, wenn du deinen Fön wegwirfst«, meinte Jane und starrte ihre Cousine wütend an.
»Was ist mit den Hunden, Dad?«, fragte Sarah, die das Thema wechseln wollte. »Sie werden langsam eine richtige Plage. Ich habe heute auf dem Golfplatz schon wieder ein totes Schaf gefunden. Und eines der Pferde ist lahm. Es könnte sein, dass es von einem Hund gebissen wurde.«
Das große Rudel bissiger Hunde, das sich auf der
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