Der Jüngstre Tag
seine Trauer groß, und er fühlte sich für ihren Tod verantwortlich. Auch die genetische Vielfalt, die er sich erhofft hatte, war mit ihnen verloren.
»Du hättest sie niemals an Bord nehmen dürfen«, sagte Allison, als auch Sophias Leichnam dem Meer übergeben wurde. Dieser Vorwurf traf Mark sehr, und er fühlte sich noch elender.
Obwohl Sophia und Lily gestorben waren und weiterhin Funkstille herrschte, nahm die Aufregung an Bord der Archangel zu, als die Jacht sich der neuseeländischen Küste näherte. Leider wurde das Wetter immer schlechter. Das Schiff war hohen Wellen ausgesetzt, und jeden Tag verdeckten Wolken die Sonne.
»Ich schätze, das ist das Nordkap«, sagte Steven. Er spähte durch das Fernglas auf die verschwommene Landzunge weit im Süden. »Aber sicher bin ich mir nicht. Es ist vier Tage her, seit ich zuletzt unsere Position bestimmen konnte.«
»Wir halten uns Richtung Osten, segeln an Hen Island und Chicken Island vorbei und fahren dann genau auf Auckland zu.«
»Was ist mit dem schönen Wetter passiert, das du mir versprochen hast?«, beklagte Allison sich. Sie saß im Cockpit, presste sich gegen das Schott und versuchte sich vor dem peitschenden Regen zu schützen.
»Du wirst sehen. In Auckland regnet es nie lange. Ein kurzer, heftiger Schauer, und schon ist es wieder vorbei.«
Der kurze, heftige Schauer dauerte noch eine halbe Stunde, aber auch dann ließ die Sonne sich nicht blicken.
Am Vormittag des zweiten Tages klarte es vorübergehend auf. Steven holte sofort seinen Handkompass und orientierte sich an dem unverwechselbaren Gipfel von Little Barrier Island. Ihm blieb gerade noch Zeit, auch den Mitre Peak auf Kaikoura Island anzupeilen, ehe der Himmel wieder zuzog.
»Jetzt weiß ich wenigstens, wo wir sind«, sagte Steven triumphierend und erleichtert. Er zeichnete einen Kurs auf der Seekarte ein, der an Horn Rock vorbeiführte, und rief Mark eine neue Kompasspeilung zu. »Wir müssten Gulf Harbour am Spätnachmittag erreichen«, sagte er. »Hoffentlich klart es wieder auf.«
Doch das tat es nicht. Mit dem Wind von achtern folgten sie mit voller Geschwindigkeit Stevens Kurs. Erwartungsvoll starrten sie auf den düsteren Horizont.
»Wir sollten ein paar Segel einholen«, schlug Mark gegen drei Uhr vor.
Steven nickte. Er hatte sich für einen sicheren Kurs entschieden, der sie zwischen Tiritiri Matangi Island und The Noises hindurchführen sollte. Doch wegen des starken Regens und der tiefen Wolkendecke hatte er beide Inseln nicht gesehen. Nervös änderte er noch einmal den Kurs und übernahm selbst das Ruder.
»Wenn meine Berechnungen stimmen, müsste Gulf Harbour jede Minute vor uns auftauchen«, sagte er schließlich. Mittlerweile waren alle an Deck und starrten in der Hoffnung, Land zu sehen, in die Ferne. Mark und Allison gingen zum Bugkorb, um eine bessere Sicht zu haben.
»Jetzt dauert es nicht mehr lange«, sagte Mark zu ihr. »Du wirst Gulf Harbour lieben. Ich verspreche es dir.«
»Sieh mal, Land in Sicht«, sagte Allison und zeigte auf die undeutlichen Umrisse der Küste. Mark erkannte die Gebäude auf den Klippen. Er rannte über das Deck zu Steven und klopfte ihm auf die Schulter. »Nicht schlecht. Du hast dich nur um eine Meile verschätzt. Wir sind genau in der Mitte zwischen der Okoromai Bay und dem Hafen von Gulf Harbour.«
Steven grinste erleichtert. Er schwang das Ruder nach backbord und brachte die Archangel auf einen Parallelkurs zur Küste. Endlich klarte es auf, und die verschwommenen Silhouetten der Klippen traten deutlicher hervor. Sie sahen die Umrisse von Kotanui Island in der Bucht außerhalb des Hafens von Gulf Harbour.
Mark starrte aufgeregt auf die Küste. In wenigen Minuten würden die Schiffsmasten in Sicht kommen. Als er zu Allison aufs Vordeck zurückkehrte, legte sie einen Arm um seine Taille. Für diese Geste liebte er sie umso mehr. Endlich waren sie wieder zu Hause. Jetzt würde alles gut werden.
Z WEITER T EIL
15
In Gulf Harbour hatte es Probleme gegeben, seit Mark und Steven vor fünfzehn Monaten aufgebrochen waren. Da niemand offiziell die Führung innehatte, entwickelten sich bald Spannungen in der Gemeinschaft. Zur ersten größeren Meinungsverschiedenheit kam es, als Jane verkündete, dass sie in das Haus von Mark und Steven ziehen würde.
Die Gemeinschaft war auf drei Häuser verteilt. Jane teilte sich mit ihren drei Kindern, dem elfjährigen Zach, der neunjährigen Nicole und dem Baby Audrey, das mittlere Haus. Hier
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