Der Jüngstre Tag
Loch mit Steinen und Erde aufgefüllt und der Boden anschließend festgestampft wurde.
Als der vierte Pfahl in das Loch gesetzt werden sollte, waren alle müde und durchgeschwitzt. Es wurde allmählich dunkel.
»Ich finde, den letzten Pfahl sollten wir morgen einsetzen«, schlug Katie vor.
»Ich würde gerne weitermachen, damit ich morgen früh gleich mit der Plattform beginnen kann«, widersprach Christopher.
»Ich bin müde«, sagte Katie und verzog schmollend den Mund.
»Wir sind alle müde«, fuhr Jane sie an. »Lass uns die Sache zu Ende bringen.«
Christopher sah, dass Katie erschöpft war. »Du kannst den Traktor fahren«, bot er ihr an. »Ich helfe bei den Seilen.« Katie lief zum Traktor, während Christopher ein Ende des Seils oben an dem letzten Pfahl und das andere an der Anhängerkupplung des Traktors befestigte. Als alles vorbereitet war, gab er den Befehl, den Pfahl hochzuziehen.
Als Katie mit dem Traktor langsam anfuhr, kämpften die anderen Familienmitglieder damit, den Pfahl mit weiteren Seilen aufzurichten. Das Lachen war längst verstummt. Alle waren viel zu müde.
»Halt!«, schrie Christopher Katie zu, als der Pfahl sich oben in dem Loch verkantete. Er ließ sein Seil los, um nachzusehen. Katie, die in der beginnenden Dunkelheit nicht erkennen konnte, was vor sich ging, sprang vom Traktor, um sich ebenfalls das Problem anzusehen.
»Zieht an den Seilen! Katie, fahr ein Stück zurück und zieh das Seil stramm«, schrie Christopher, der nicht wusste, dass Katie nicht mehr im Traktor saß. Der Rest der Familie zog erschöpft an ihren Seilen. Doch als Katie zurück zum Traktor lief, rutschte der dicke Pfahl aus dem Loch, schlug Christopher quer über die Brust zu Boden und blieb auf seinen Beinen liegen.
Die Frauen und Kinder bemühten sich nach Kräften, doch sie schafften es nicht, den schweren Pfahl anzuheben. Katie hockte sich neben ihren Vater. »Es tut mir so leid, es tut mir so leid«, beteuerte sie immer wieder.
Christopher antwortete nicht. Er war bewusstlos, aber er atmete noch.
Es dauerte über eine Stunde, bis es ihnen mithilfe von Zaunpfählen gelang, den dicken Pfahl anzuheben und Christopher auf dem Anhänger des Traktors nach Hause zu bringen. Er war noch immer nicht zu sich gekommen. Als medizinische Betreuerin der Gemeinschaft fühlte sich Jane vollkommen hilflos. Da aus Christophers Nase und Mund Blut rann, wusste sie, dass er innere Verletzungen haben musste. Wahrscheinlich waren auch beide Beine gebrochen.
Den Rest der Nacht saß die ganze Familie an Christophers Bett. Insgeheim befürchteten alle, dass er den Morgen nicht mehr erleben würde. Sogar Snowy und Misty schienen den Ernst der Lage zu spüren und hielten ebenfalls in einer Ecke des Raumes Wache.
Wie durch ein Wunder erwachte Christopher am nächsten Morgen aus der Bewusstlosigkeit. In den nächsten Wochen sah es so aus, als würde er sich erholen. Seine schwere Atmung ließ jedoch vermuten, dass seine Lungen beschädigt waren. Er hatte permanent Schmerzen und konnte nicht laufen. Da er natürlich auch die Treppen nicht hinaufsteigen konnte, stellte man sein Bett im Erdgeschoss von Katies Haus auf.
Im Laufe der Zeit hatte Jane stillschweigend immer mehr die Führung der Gemeinschaft übernommen, doch nun kümmerte sie sich auch offiziell um deren Belange. Jeden Morgen setzten sie Christopher in einen Rollstuhl. Von dort aus beaufsichtigte er Sarahs Kinder, die siebenjährige Zoë und die neunjährige Holly, die nun die meiste Arbeit im Haus übernahmen. Zach, Nicole und Gina arbeiteten hingegen auf der Farm und in den Gärten. Christopher half ihnen, wo er konnte, und übernahm auch den Unterricht der Kinder.
Den Kindern gefiel es, von Christopher unterrichtet zu werden. Sie begriffen schnell, wie sie die Lektionen, die ihre Mütter festgelegt hatten und die sie oft langweilten, durchbrechen konnten. Sie brauchten ihm nur eine Frage nach den Tagen vor der Pandemie zu stellen, und schon schwelgte er in Erinnerungen. Christopher hatte klare Meinungen zu den meisten Themen und war begierig darauf, sie kundzutun, auch wenn es sich nur um eine Gruppe Kinder handelte. Die Kleinen lehnten sich zurück und hörten ihm zu, während er in Aufregung geriet und Mühe hatte, seine Gedanken auszudrücken, denn das Atmen bereitete ihm große Schmerzen.
Zach war ein Meister darin, Christopher abzulenken. Eines Tages sollte er mit den Kindern Zeitungen aus den Tagen unmittelbar vor der Pandemie durcharbeiten. Seine
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