Der Jüngstre Tag
zurechtkäme. Als wir zwei Wochen später wieder nach Moongalba kamen, um nach ihr zu sehen, war sie ebenfalls gestorben.«
»Als wir nach Dunwich kamen, war der ganze Ort wie ausgestorben. Überall waren Gräber, und überall lagen Skelette. Es war schaurig«, sagte Lily.
»Wir hatten von der Ferne Rauch gesehen«, fuhr Sophia fort, »und rechneten damit, dass unsere Männer noch lebten. Wir nahmen an, dass die Angehörigen unseres Volkes die Einzigen waren, die die Pandemie überlebt hatten.«
»Du kannst dir sicher vorstellen, wie erstaunt wir waren, als wir durch die Stadt gingen und einen weißen Mann sahen, der mitten auf der Hauptstraße kampierte«, unterbrach Lily sie. »Er sagte, er hieße Corky. Wir fragten ihn, wo die anderen Menschen unseres Volkes seien, doch er behauptete, er wisse es nicht.«
»Lügner«, zischte Sophia. »Wir haben tagelang nach ihnen gesucht, und dann fanden wir ihre Leichen im Hinterzimmer des kleinen Jachtklubs in der Yabby Street. Sie waren erschossen worden.«
»Es konnte nicht lange vor unserer Rückkehr geschehen sein, denn die Leichen waren noch nicht alt. Dann änderte Corky seine Geschichte und behauptete, sie seien von einem Verrückten umgebracht worden, der die Stadt wieder verlassen habe. Aber wir sind ganz sicher, dass er sie getötet hat.«
»Und so sind wir bei Corky gelandet.« Lily seufzte. »Später überredete er uns alle, Straddie zu verlassen und mit ihm nach Manly zu gehen. Er sagte, er würde sich um uns kümmern.«
»Was für ein Witz«, sagte Sophia. »Wir mussten uns um ihn kümmern. Er ist ein böser, gewalttätiger Mann. Darum haben wir gefragt, ob wir mit euch nach Neuseeland fahren können.«
Mark nickte. Die Geschichte der beiden Frauen kam ihm bekannt vor. Bei einem früheren Besuch in Brisbane hatte er das kleine Museum in Dunwich besucht. In den Vitrinen wurde die Geschichte der Aborigines auf North Stradbroke Island dokumentiert. Man erfuhr, dass die Ureinwohner bei der Ankunft der Weißen »eine große, muskulöse, athletische Rasse« waren, die ein gutes Leben führte. Nach der Verabschiedung des »Gesetzes zum Schutz der Aborigines«, das diesem Anspruch keineswegs gerecht wurde, waren die Aborigines der Insel zu der Mission in Moongalba getrieben worden, wo sie nichts anderes taten, als auf die wöchentlichen Essensrationen zu warten. Dank des sogenannten »Schutzes« der Weißen waren sie von der Unabhängigkeit in die völlige Abhängigkeit geraten.
Und es sah so aus, als wäre Corky nicht nur ein schlechter Mensch, sondern auch vollkommen skrupellos. Steven hatte recht. Es wäre der reinste Wahnsinn, jetzt zu versuchen, die Dalton-Jungen zurückzuholen. Mark hoffte, dass sie sich gegen Corky durchsetzen konnten, bis er eine Möglichkeit fand, sie da herauszuholen.
Trotz der Probleme mit Corky geriet Mark in Aufregung. Nichts in der Familiengeschichte von Sophia und Lily deutete darauf hin, dass das Blut der Chatfields durch ihre Adern floss. Zum ersten Mal seit Ausbruch der Pandemie sah es so aus, als hätten auch andere Menschen als seine eigene Familie überlebt.
Lily und Sophia waren gut gelaunte, unbefangene Frauen und ihre Anwesenheit veränderte die Stimmung an Bord der Archangel . Mark stellte fest, dass er ihre Gesellschaft genoss. Zum ersten Mal seit Ausbruch der Pandemie hatte er Kontakt zu Menschen, mit denen er nicht verwandt war.
»Ich sag dir was«, sagte Allison plötzlich, als sie und Mark in der zweiten Nacht nach ihrer Abfahrt von Brisbane während der Wache allein waren. »Wenn du versuchst, deine Gene mit denen der Aborigines zu mischen, ist unsere Beziehung zu Ende.«
»Was zum Teufel redest du denn da?«
»Meinst du, ich hätte nicht bemerkt, wie du die beiden ansiehst?«
»Was?«
»Jetzt tu nicht so unschuldig.«
»Ich habe kein Interesse an ihnen.«
»Hältst du mich für blöd? Meinst du, ich weiß nicht, wie besessen du von dem Gedanken bist, unseren Genpool zu vergrößern?«
Sie sah ihn herausfordernd an, und Mark blieb keine andere Wahl, als den Blick abzuwenden.
Am nächsten Tag saß Mark wieder über eine Stunde vor dem Langwellensender. Es war Mittagszeit in Gulf Harbour.
Steven, der am Ruder stand, hörte den Funkspruch seines Vaters aus dem Navigationsraum unter Deck. »Gulf Harbour, Gulf Harbour. Hier ist die Archangel . Könnt ihr mich hören?«
Als die Stimme seines Vaters immer verzweifelter wurde, übergab Steven das Ruder an Penny und ging zu ihm.
Mark hob den Blick. »Sie
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