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Der Jüngstre Tag

Der Jüngstre Tag

Titel: Der Jüngstre Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Green
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Mutter hatte sie sorgfältig gesammelt und in der Schulbibliothek aufbewahrt. Nicole und Zach hatten bei den Gesprächen am Morgen erfahren, dass ihre Mutter heute ein Stück entfernt in den Gärten am Kanal arbeitete. Sie würde erst mittags zurückkehren, wenn es Zeit für ihren Funkspruch war. Holly, Zoë und Gina hatten gesehen, dass ihre Mütter bei Tagesanbruch auf der Jacht Raconteur den Kanal hinabgefahren waren, um zu angeln. Sie wurden frühestens am Spätnachmittag zurückerwartet.
    »Ich verstehe nicht, Onkel Christopher, warum es so eine große Sache ist, wenn Filmstars Babys bekommen«, sagte Zach und schaute von der Zeitung auf.
    »Da hast du verdammt recht«, stimmte ihm Christopher zu und fuhr seinen Rollstuhl in eine bessere Position. Die anderen Kinder legten die Stifte aus der Hand und warteten auf seinen Vortrag. Auch sie langweilte der Unterricht. Die Uhr über Christophers Schreibtisch zeigte halb elf an – noch eine halbe Stunde bis zur Pause. Die Kinder stützten ihre Köpfe auf die Hände und lauschten Christophers Ausführungen über die Starkultur.
    Misty kam herein und begann zu schreien. Alle schauten die Katze verwundert an. Es war eine freundliche Katze, die oft miaute, vor allem, wenn man mit ihr sprach, doch diese Geräusche hörten sich ganz anders an. Die Katze machte Lärm wie nie zuvor.
    »Was ist los, alter Freund?«, fragte Christopher und setzte die kleine Audrey auf sein anderes Knie. Die Katze schrie noch immer.
    »Sie hat bestimmt einen Vogel oder eine Ratte gefangen«, meinte Zach. Er stand auf und folgte Misty, als die Katze hinausrannte. Die anderen Kinder wollten ihm folgen, doch Christopher verbot es ihnen, denn er spürte, dass ihm die Kontrolle entglitt. Zögernd blieben die kleineren Kinder auf ihren Plätzen sitzen.
    Mit Misty und dem bellenden Snowy auf den Fersen kam Zach wieder ins Klassenzimmer gerannt. »Onkel Christopher«, rief er aufgeregt. »Der Kanal ist leer.«
    »Was?«
    »Der Kanal ist leer. Alle Boote liegen auf Grund.« Die Kinder standen wieder auf, um auf die Veranda zu laufen.
    »Bleibt hier!«, schrie Christopher in einem so panischen Ton, dass die Kinder wie angewurzelt stehen blieben. »Lauf mit Audrey und den anderen Kindern auf den Hügel«, rief er Zach zu und drückte ihm das kleine Mädchen in die Arme.
    »Aber …«
    »Sofort auf den Hügel!«, schrie Christopher.
    »Was ist das für ein Lärm?«, fragte Nicole.
    »Es hört sich an wie Donner«, sagte Holly. Der Lärm wurde immer lauter.
    »Lauft auf den Hügel!«, schrie Christopher. In seinen Augen spiegelte sich blankes Entsetzen.
    Zach hatte seinen Großonkel noch nie so sprechen hören. Eingeschüchtert durch den Lärm und die Stimme seines Onkels, drehte er sich um und lief mit Audrey auf dem Arm durch die Hintertür des Hauses auf den Hügel zu. Die kleineren Kinder, Snowy und Misty folgten ihm auf den Fersen.
    Jane, die voll und ganz mit ihrer Gartenarbeit beschäftigt war, hatte nicht bemerkt, dass der Kanal leer war, doch als sie den Lärm hörte, sah sie auch schon eine Wasserwand auf sich zukommen. Sie drehte sich um und rannte auf den Marina Hill zu, doch als sie die Straße überquerte, umspülte das Wasser ihre Beine und riss sie zu Boden. Sie wurde über die Straße und in einen Strudel gezogen. Als sie hinunter in die Dunkelheit gerissen wurde, glaubte sie, Stevens Stimme zu hören. Sie streckte die Hand aus und rief seinen Namen.

17
    Beim Bild der Zerstörung, das sich ihnen bot, stockte Mark der Atem. Der Hafen von Gulf Harbour existierte nicht mehr. Der Hafendamm war nicht mehr da. Die Masten, die einst stolz in die Höhe ragten, waren verschwunden und die beiden Apartmentblocks in der Nähe des Hafens ebenfalls.
    »Meinst du, das war ein Sturm?«, fragte Steven leise.
    »Ich glaube nicht, dass ein Sturm derartige Verwüstungen anrichten könnte«, erwiderte Mark, als er endlich wieder ein Wort herausbrachte. »Das muss ein Tsunami gewesen sein.«
    Der Rest der Crew starrte voller Entsetzen aufs Ufer. Sie wussten nicht, wie es in Gulf Harbour einst ausgesehen hatte. Doch sie sahen die riesigen Trümmerberge aus zerbrochenem Holz, zersplittertem Fiberglas, Ästen und Wrackteilen, die auf der Landzunge zwischen der Insel und der Halbinsel lagen. Keiner von ihnen sprach die Frage aus, die allen auf der Zunge lag.
    Trotz der Flut begann das Echolot der Archangel zu piepen, und Mark setzte das Schiff ein Stück zurück. »Entweder hat sich der Meeresboden gehoben, oder es

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