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Der Jukebox-Mann

Der Jukebox-Mann

Titel: Der Jukebox-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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durchzuckte ein Impuls, die Hand zurückzuziehen, bevor sie etwas sagte, bevor sie ein einziges Wort sagte. Plötzlich hatte er das Gefühl, es gehe um sein Leben.

20
    Von draußen hörte er die Geräusche, das Brausen des Marktes: die Stimmen, Schreie, Musik, Ausrufer von Waren aus allen Teilen jener Welt, die in dieser Gegend bekannt waren. Das Brausen wurde von den dünnen Wänden des Wohnwagens gedämpft. An der Wand, wo sich das einzige Fenster befand, hing ein schwerer Vorhang. Licht sickerte hindurch, reichte aber nicht weit, nicht einmal bis zu der Bank, auf der er saß. Auf dem Tisch brannte eine Kerze, in ihrem flackernden Licht schien die Hellseherin in tiefer Konzentration versunken zu sein. Aber vielleicht spielte sie ihre Rolle auch nur gut. Oder sie musste sich darauf konzentrieren, was sie ihm über seine Zukunft zusammenlügen wollte. Es war lächerlich. Er erwog aufzustehen und zu gehen.
    »Ich sehe ein leeres Feld«, sagte sie und sah auf, bevor er sich rühren konnte. Ihre Stimme schien dunkler geworden zu sein, zusammen mit dem Licht im Wohnwagen. »Ein großes leeres Feld.«
    Johnny wartete. Ein leeres Feld. Das sah er jeden Tag. Leere Felder, er fuhr durch leere Felder. Diese ganze Gegend war bedeckt von leeren Feldern bis hin zum Horizont des Waldes oben auf den Höhen.
    »Ein großes schwarzes Auto.« Sie schloss die Augen.
    »Das fährt herrrom, herrrom.« Ihr Akzent war plötzlich stärker geworden. »Rrrond herrom im Kreis auf einem Feld.« Ihre Augen blieben geschlossen, sie presste sie noch fester zusammen. »Ich sehe ein winkend Hond, ein klein Hond. Er winkt Junge.«
    »Einen Hund? Sie sehen einen Hund?«
    »Nein, nein, ein Hond.« Sie hob seine Hand mit ihren beiden Händen. »Ein Hond.«
    »Sie sehen eine Hand.«
    »Ich sehe … etwas Rotes.«
    »Rot?«
    Sie nickte, ohne aufzuschauen oder die Augen zu öffnen.
    »I… ist das ein Bild der Zukunft?«, fragte Johnny.
    Sie antwortete nicht und saß immer noch mit geschlossenen Augen da. Johnny spürte, wie seine Hand kalt wurde in ihrem Griff, als ob das Blut die Glieder verließ, als das Herz schneller zu schlagen begann.
    »Sitze ich in einem schwarzen Auto?«, fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Was zum Teufel tu ich denn?«, fragte er, und wieder spürte er den Impuls, die Hand zurückzureißen und wegzugehen, hinaus in die Gegenwart, wo Elisabeth und Lennart bei einem Stand warteten, der »hausgemachte« Karamellen verkaufte, die in einer kleinen Fabrik irgendwo auf einem öden Feld hergestellt wurden.
    »Ein großes Wasser«, sagte die Hellseherin und machte mit der Hand eine Art Zeichen in der Luft. »Ich sehe ein großes Wasser.«
    Ein großes Wasser. Wieder schloss sie die Augen, und jetzt kam sie ihm wie eine Indianerin vor. Das große Wasser. Waren Indianer und Zigeuner irgendwie miteinander verwandt? Ein großes Wasser. Sprach sie vom Vallsjön vor Moréns Urlaubsanlage? Das war der größte See in dieser Gegend. Liegt dort meine Zukunft? Himmel, sollte er Moréns Anlage übernehmen? Oder würde er irgendwann in ferner Zukunft am Grund des Sees liegen?
    »Ein großes Wasser, bald«, sagte sie.
    »Was für ein Wasser? Ist es ein See? Ein Fluss?«
    »Großes Wasser«, wiederholte sie und ließ ihren Finger von seinen Handgelenken bis zu seinen Fingerwurzeln gleiten. Sie sah ihn an. »Bald großes Wasser.«
    »Was sehen Sie noch?« Johnny musterte seine Hand, als ob er selbst dort Zeichen erkennen könnte. »Gibt es auch noch andere?« Er blickte auf. »Andere … Menschen?« Sein Mund war ganz trocken.
    Sie nickte schweigend.
    »Und wen?«
    Plötzlich ließ sie seine Hand los und sah ihn lächelnd an. Sie lächelte zum ersten Mal. In der letzten Minute hatte er eine starke Anspannung empfunden, die nachließ, als er ihr Lächeln sah. Es musste etwas Gutes bedeuten.
    »Do kannst zu ihnen rausgehen«, sagte sie.
    »Rausgehen? Zu ihnen? Wem?«
    Sie erhob sich und er schaute zu ihr auf. Sie machte eine Geste zur geschlossenen Tür.
    »Zu der Frau und dem Jungen?«
    Aber sie hatte sich bereits abgewandt und öffnete einen Schrank. Er sah sie einen Blechkasten herausnehmen und ihn auf die Bank stellen. Dann drehte sie sich wieder zu ihm um.
    »Es kostet zehn Kronen«, sagte sie.
    »Ich weiß.« Er stand auf. »Aber war das nicht … ein wenig kurz? Gibt es nicht mehr?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    Johnny holte seine Brieftasche aus dem Jackett und zog einen der wenigen Zehn-Kronen-Scheine heraus.
    »Ich habe viel Licht

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