Der Jukebox-Mann
blaues Hemd, das aus Amerika stammen könnte. Es war aus einer Art Jeansstoff. Hemden aus diesem Stoff waren ungewöhnlich.
»Schickes Hemd«, sagte Johnny.
»Das hat Mama mir in der Stadt gekauft.«
Johnny hörte, wie Elisabeth in der Küche die Backofenklappe öffnete. Sie hatte ihn ins Wohnzimmer begleitet und sich dann entschuldigt. Lennart hatte unter einem Gemälde gestanden, auf dem ein breiter Wasserfall zu sehen war, der zwischen einem Wald und einem dornigen Feld herabstürzte. Im Hintergrund waren spitze schneebedeckte Berge zu sehen. Das war keine schwedische Landschaft. Lennart hatte darunter gestanden, als hätte man ihn dort hingestellt. Johnny hatte sich von Elisabeth vorwärts geschoben gefühlt. Sobald Johnny und Lennart sich die Hände reichten, war sie gegangen.
»Hier«, sagte Johnny. »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag.«
Lennart nahm das Paket mit beiden Händen entgegen. Er konnte es kaum halten. Es war in ungewöhnlich gemustertem Papier mit roten und schwarzen Querstreifen eingeschlagen.
»Vielen Dank«, antwortete er. Das Paket wackelte in seinen Händen und wäre fast hinuntergefallen.
»Wir legen es auf den Fußboden«, sagte Johnny und half dem Jungen.
Elisabeth kam aus der Küche zurück. Ihr Gesicht glühte von der Wärme des Backofens. Über den Ohren ringelten sich schweißnasse Haarsträhnen, als ob sie eine Runde um den Häuserblock gelaufen wäre.
Lennart entfernte das Einwickelpapier. Auf dem Deckel des Kastens war eine moderne rostrote Lok abgebildet, die Waggons durch eine grüne Landschaft zog. Die Waggons waren dunkelblau.
»Oh«, sagte der Junge.
Er hob den Deckel an. Die Lok lag geschützt in einer Vertiefung, daneben die Waggons. Die abgebildete Landschaft war ordentlich eingepackt, Berge, Bäume, Bahnhofsgebäude, Tunnel, Bauernhöfe, Pferde, Kühe, Schafe. Es gab kleine Zinnfiguren, oder waren sie aus Blei, das waren die Reisenden, die auf dem Bahnhof warten sollten, ein Lokführer, ein Bahnhofsvorsteher, Rangierer.
»Oh«, sagte Lennart noch einmal.
»Das ist mal ein Anfang«, erklärte Johnny. »Der erste Bauabschnitt sozusagen.«
»Die ist ja toll«, sagte Lennart. Er sah aus, als traute er sich nicht, etwas aus dem Kasten zu nehmen.
»Wirklich«, sagte Elisabeth.
»Wollen wir die Gleise auslegen?«, fragte Johnny.
Sie ließen die Eisenbahn auf dem Fußboden in Lennarts Zimmer zur Probe fahren. Stuhl und Schreibtisch bildeten einen Extratunnel. Die Lok zog fünf Waggons. Es dauerte zwei Minuten und fünf Sekunden von Bahnhof zu Bahnhof. Lennart stoppte die Zeit.
»Das Ganze sollte eigentlich auf einem Gestell stehen«, sagte Johnny. Er justierte die Gleise. An einer Stelle hatte der Zug unnatürlich geruckelt.
»Wir müssen wohl eins bauen«, fuhr er fort.
Lennart schaute auf.
»Können wir das denn?«, fragte er.
»Klar können wir das.«
Der Zug erreichte den Bahnhof und fuhr wieder weiter. Er passierte einen Bahnübergang, ohne dass die Schranken heruntergingen.
»Das kriegen wir schon hin«, sagte Johnny. »Außerdem brauchen wir ein Auto, das vor den Schranken wartet.« Ich hätte ja auch noch ein paar Automodelle kaufen können, dachte er. »Eins, das es eilig hat.«
»Einen Duett?«, fragte Lennart.
»Willst du mich veräppeln, Junge?«
»Nee …«
»Wir nehmen einen De Soto Firedome Sportsman –58«, sagte Johnny. »Was hältst du davon?« Er zeichnete die Form des De Soto in die Luft. »Stell dir bloß die Flossen vor, ein Auto wie ein Flugzeug.«
»Das … wäre toll.«
»Es ist nur in dreitausendvierhundert Exemplaren hergestellt worden.«
»Spielzeugmodelle?«
»Nein, nein, das richtige Auto.«
»Hab ich hier denn Platz dafür?« Lennart lächelte und sah sich um. Der Junge war ein Witzbold. Das war gut, es erleichterte alles.
»Wir müssen nur Bett, Schreibtisch, Stuhl und Garderobe rausschaffen«, sagte Johnny. Er machte eine ausholende Bewegung mit dem Arm. »Wahrscheinlich müssen wir die Sachen durchs Fenster runterlassen.«
»Was für eine Farbe soll es haben?«, fragte Lennart.
»Das Auto? Minze, glaube ich.«
»Minze?«
»Minzgrün. Das ist hübsch. Und weiß.«
Elisabeth rief aus der Küche nach ihnen.
Der Junge sah Johnny an, der wie ein Indianer auf dem Fußboden saß. Seine Haare sehen fast aus wie bei einem Indianer, dachte der Junge. Sie waren kohlrabenschwarz. Er sollte sich eine Feder hineinstecken. Um den Hals trug er eine dünne Kette, allerdings hatte er eine Jeans an, und Jeans trugen
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