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Der Jukebox-Mann

Der Jukebox-Mann

Titel: Der Jukebox-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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nur Cowboys, keine Indianer. Sein Hemd war rot, und im Gesicht hatte er eine Narbe, die von der Schläfe ausgehend nah am Auge vorbeilief. Sie war dünn, aber es musste viele Indianer geben, die solche Narben hatten von den Säbeln der Kavallerie oder von Gewehrkugeln, die haarscharf an ihrem Kopf vorbeigeflogen waren.
    Elisabeth rief wieder.
    »Wir sollen wohl essen kommen.« Johnny nickte zur Küche.
    »Hast du Hunger?«, fragte Lennart.
    »Darauf kannst du Gift nehmen, Junge.«
    »Sonst essen wir nicht so spät«, sagte Lennart.
    »Ich auch nicht.«
    »Aber morgen können wir ja ausschlafen.«
    »In welche Klasse kommst du im Herbst?«, fragte Johnny, als sie vom Fußboden aufstanden.
    »In die Fünfte.«
    »Oh.«
    Der Junge selbst wirkte nicht beeindruckt. Er ging vor in die Küche, und Johnny stand da und fühlte sich blöd, als ob er die Stimmung zerstört hatte, indem er beeindruckt tat. In so etwas war er nicht gut. Er war es nicht gewohnt, mit einem Elfjährigen auf dem Fußboden zu sitzen und über Dinge zu reden, die etwas bedeuteten.
    Die Küche war voller Düfte und Dunst, durch das beschlagene Fenster fiel das letzte Abendlicht.
    »Bitte, fangt an«, sagte Elisabeth. »Janssons Verführung hat länger gebraucht, als ich dachte.« Sie stellte einen Korb mit Knäckebrot auf den Tisch.
    Das Gericht stand mitten auf dem Tisch, goldene Sahne und die Brühe von den Anschovis. Johnny sog den Duft ein und hatte plötzlich Heißhunger, als ob er noch nie etwas Gutes gegessen hätte und nun etwas bekommen sollte. Und eigentlich war es ja fast so. Seine Mahlzeiten bestanden aus dem, was in Cafés, Kaufhauslokalen und Würstchenbuden angeboten wurde. Er kochte selten für sich, da er fast nie um die Mittagszeit zu Hause war. Häufig kam er erst im Dunkeln heim, wenn die Zeit mehr einem Imbiss angemessen war, aber dann erwartete ihn keiner mit knusprigen Würstchen, Jansson, gekochten Eiern, reifem Käse mit Knäckebrot, selbst gemachten Fleischklößchen, Mimosasalat, falschen Krebsen, einem Glas eingelegter Heringe und zwei nicht filetierten Bücklingen auf einem Teller.
    All das stand jetzt auf dem Tisch.
    »Bitte, fangt an«, wiederholte Elisabeth.
    »Das ist ja viel zu viel«, sagte Johnny.
    »Findest du?«
    »Nein«, antwortete er und merkte, dass ihm das Sprechen schwer fiel, weil sein Gehirn schon Signale ausgesandt hatte, die ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen ließen.
    Lennart aß fast nur Würstchen, Fleischklößchen und Käsebrot, dazu ein halbes Ei.
    »Trocken und lecker«, sagte er.
    »Das war der beste Jansson, den ich je gegessen habe«, sagte Johnny und sah Elisabeth an, die ihm die feuerfeste Form zuschob. »Aber jetzt krieg ich wirklich nichts mehr runter.«
    »Wie viele hast du denn schon gegessen?«, fragte Lennart. »Wie viele Janssons?«
    »Zwölfhundertachtzehn«, sagte Johnny.
    »Das glaub ich nicht.«
    »Es stimmt aber.« Johnny lächelte. »Zwölfhundert und achtzehn.«
    »Ganz genau?«, fragte Lennart.
    »Ich schreib es immer auf«, sagte Johnny. »Ich führe Buch darüber.«
    »Nee, das glaub ich nicht.«
    »Zwölfhundertachtzehn«, wiederholte Johnny. »Das war der Zwölfhundertneunzehnte.«
    Elisabeth versetzte Lennart einen kleinen Stoß gegen die Schulter. Er sah sie an und sie nickte. Er stand auf und verließ die Küche.
    »Muss er schon schlafen gehen?«, fragte Johnny.
    »Ganz so streng bin ich nun doch nicht.«
    Lennart kam zurück. Er hatte ein Päckchen in der Hand, das eine Streichholzschachtel zu enthalten schien.
    »Herzlichen Glückwunsch«, sagte er und reichte Johnny das Päckchen.
    Ich hatte es vergessen, dachte Johnny, als er es entgegennahm. Als ich hier reinkam, hab ich tatsächlich meinen fünfunddreißigsten Geburtstag vergessen.
    »Oh, man dankt«, sagte er und reichte Lennart die Hand.
    »Gern geschehen.« Lennart machte einen Diener.
    Elisabeth lächelte. In ihren Augen war ein Licht, nicht stark, aber ein Licht.
    »Ich dachte, so viel Höflichkeit lernen sie erst in der Fünften«, sagte Johnny.
    »Hast du das in der Fünften gelernt?«, fragte Lennart.
    »Kann mich nicht erinnern.«
    »Wie lange bist du zur Schule gegangen, Onkel Johnny?«
    Lennart schaute ihn an und auf seine Hände. Er hatte das Päckchen noch nicht geöffnet.
    »Lass den Onkel weg«, sagte er. »Das hast du früher doch auch nicht gesagt.«
    »Jetzt lass Johnny erst mal das Päckchen öffnen«, sagte Elisabeth.
    »Ich bin nach der Sechsten abgegangen«, murmelte Johnny und begann das

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