Der Jukebox-Mann
sagte Lennart.
»Vielleicht auf der anderen Seite der Gemeindegrenze?«, sagte Johnny.
»Die Gemeinde ist groß«, sagte Elisabeth und lächelte Lennart zu, der ihr eine Grimasse schnitt.
»Genau auf der anderen Seite der Grenze steht so ein altes Ding, das genauso alt ist wie du.« Johnny hob unwillkürlich die Hand, in der er die Jukebox hielt, und strich dem Jungen durch die Haare. Es fühlte sich trocken und weich in seiner Handfläche an.
»Auch von mir herzlichen Glückwunsch, Johnny.« Elisabeth überreichte ihm ein Päckchen, das sie auf dem Rücken versteckt haben musste.
»Das ist ja fast wie Heiligabend«, sagte er.
»Fröhliche Weihnachten!« Lennart kicherte.
»Es ist nur eine Kleinigkeit«, sagte Elisabeth.
»Noch eine Jukebox?«
»Leider nein.«
Unter dem gelb und grün gemusterten Geschenkpapier kam eine Schachtel zum Vorschein. Darin war ein Paar dünn gefütterte Handschuhe aus dunkelbraunem Leder. Sie wogen fast nichts.
»Probier sie an!«, sagte Lennart.
»Das ist ja wirklich wie Weihnachten.« Johnny lächelte.
»Es sind keine Winterhandschuhe«, sagte Elisabeth.
»Es sind Autohandschuhe«, ergänzte Lennart.
Johnny zog sie an, sie passten ihm wie eine zweite Haut. Er hielt seine glänzenden Hände hoch.
»Jetzt muss ich mir ein neues Auto anschaffen«, sagte er.
»Ich finde, es ist an der Zeit«, sagte Elisabeth.
»Einen De Soto Sportsman!«, schlug Lennart vor.
»Na klar«, antwortete Johnny.
»Minzgrün.«
»Genau.«
Er zog sich die Handschuhe wieder aus. Sie mussten teuer gewesen sein. Elisabeth schaute zur Seite, als ob ihr eigenes Geschenk sie verlegen gemacht hätte. Es war ein schönes Geschenk.
»Feines Leder«, sagte er.
»Echte Kuh«, erklärte Lennart.
Der Abend draußen war dunkler geworden. Elisabeth hatte im Wohnzimmer eine Stehlampe eingeschaltet und Kaffee eingeschenkt. Das Licht an der Wand in Lennarts Zimmer war weich, es hatte den gleichen Farbton wie seine Haare.
Lennart lag auf dem Fußboden, eine Hand auf der Lok, die irgendwo in der Wildnis der Märklinbahn angehalten hatte. Johnny sah den Rücken des Jungen, der sich hob und senkte. Neben Lennarts Kopf stand ein Teller mit einer halb aufgegessenen Zitronensahne auf dem Fußboden.
»Lennart? Lennart?«
Elisabeth erhob sich, ging zu dem Jungen hinüber und beugte sich über ihn. Sie drehte sich zu Johnny um.
»Er schläft wie ein Stein.«
»Ich kann dir helfen.« Er stand ebenfalls auf.
Lennart murmelte etwas, das Johnny nicht verstand, als er ihn ins Bett trug. Der Junge war schwerer, als er vermutet hatte.
»Das Zähneputzen lassen wir heute Abend wohl aus«, sagte Elisabeth, als er in seinem Bett lag.
»Ja, schließlich hat er heute Geburtstag.«
»Nicht mehr lange«, sagte sie.
»Du kannst ihn ja nach Mitternacht wecken, damit er sich die Zähne putzt.«
Auf Zehenspitzen verließen sie Lennarts Zimmer. Elisabeth lehnte die Tür an.
»Möchtest du noch eine Tasse Kaffee?«, fragte sie, nachdem sie sich wieder gesetzt hatten.
»Gern«, sagte er und spürte die Müdigkeit im Körper, jetzt eher wie eine ferne Gefühllosigkeit. Die Kopfschmerzen waren nach einigen Stunden verschwunden, nachdem das Gift, das er am Abend zuvor getrunken hatte, den Körper verlassen hatte.
Es war ein guter Abend gewesen, schöner, als er zu hoffen gewagt hatte.
Elisabeth stand wieder auf.
»Ich will ihm nur den Pullover ausziehen«, sagte sie. »Er wirft sich immer so sehr im Schlaf herum, da könnte sich der Pullover um seinen Hals wickeln.«
Er hörte, wie sie sich in Lennarts Zimmer bewegte. In dieser Wohnung war er noch nie gewesen. Elisabeth und Bertil waren vor mehreren Jahren hier eingezogen, vielleicht war es fünf Jahre her. Er versuchte herauszufinden, ob es Zeichen gab, dass hier einmal ein Mann gelebt hatte. Es gab keine Spuren, weder von Bertil noch von einem anderen Mann. Es gab zwei Sessel und eine Couch, einen Tisch, eine Kommode, Topfpflanzen in den Fenstern, Gardinen, ein Bücherregal neben der Tür an der schmalen Seite des Raums, einige Bilder. Auf dem Fußboden lag ein Läufer, ein grün-weißer Flickenteppich. Er sah neu aus. Johnny hatte die Lederstiefel ausgezogen.
Es fanden sich keine Spuren von einem Mann. Es gab kein Foto. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie ein Foto von ihm im Schlafzimmer hatte. Vielleicht hatte sie alle Bilder verbrannt, die sie von ihm besaß, und alles, was er zurückgelassen hatte.
Nein. Der Junge war geblieben.
Johnny schloss die Augen und
Weitere Kostenlose Bücher