Der Jukebox-Mann
Kopenhagenern saßen.
Sven hatte alles auf den Tisch gestellt und wollte wieder gehen, als Milt ihn an seinem Pepita-Jackett zog, das Sven immer trug, wenn er die Backstube verließ.
»Warum nimmst du dir keinen Stuhl und setzt dich zu uns, mein Freund?«
»Was sagt er?« Sven schaute Johnny an.
»Ich glaube, er will, dass du dir einen Stuhl nimmst und dich zu uns setzt.«
»Niemals«, sagte Sven, nickte Milt zu und ging weg. Milt wandte sich wieder zu Johnny um:
»Du bist also unterwegs und wartest deine Bestände.« Er nickte zur Jukebox. »Ich vermute mal, die da gehört dir auch.«
»Du musst langsamer sprechen«, sagte Johnny. Das Englisch fühlte sich eigenartig an im Mund, als würde er auf etwas kauen, das er sonst selten in den Mund steckte. Es war genau wie beim letzten Mal, als er die fremden Wörter aussprach. Es war etwas anderes, als in einem Katalog Englisch zu lesen, in dem er die Fachausdrücke gelernt hatte.
»Das-ist-wohl-deine-Jukebox?« Milt zeigte auf die AMI.
»Ja.«
»Und wie geht’s?«
»Wie geht was?«
»Wie gehen die Geschäfte?«
»Nicht besonders.«
»Warum nicht?«
»Sieh dich … doch um.« Johnny machte eine Handbewegung über das Café. »Keine Gäste.«
Er sah Milt zögern.
»Was ist?«
»Brauchst du … Geld?«, fragte Milt. »Damit du mehr investieren kannst? Kapital?«
»Ich verstehe nicht.«
»Brauchst du … finanzielle Unterstützung?« Milt lächelte. »Es ist ein rein geschäftlicher Vorschlag.«
»Ich brauche … keine Hilfe.«
Milt sah Johnny an und dann das fette süße Gebäck auf seinem Teller. »Das ist genauso hilfreich beim Abnehmen wie Isterband «, sagte er.
»Ich nehme an, du hast Isterband probiert.«
»Delikat«, sagte Milt, »besonders die leicht geräucherten.«
»Mhm.«
»Ich schulde dir eine große Gegenleistung, Junge.«
»Wofür? Früher oder später wärst du sowieso auf Isterband … gestoßen.«
»Ich-rede-nicht-von- Isterband «, sagte Milt etwas leiser und beugte sich gleichzeitig weiter über den Tisch.
»Wovon redest du denn?«
»Bodil.« Milt lächelte.
»Bodil? Was ist mit Bodil?«
»Was für eine Frau«, sagte Milt.
»Herr im Himmel«, entfuhr es Johnny.
»Ja«, sagte Milt, »eine Gabe Gottes.«
»Kannst du … sehr … langsam … erzählen, was … passiert ist?«, fragte Johnny.
»Du bist jederzeit willkommen«, hatte Milt gesagt, als sie sich vor Hennings trennten.
»Das bin ich immer gewesen«, hatte Johnny geantwortet.
»Das brauchst du mir nicht zu sagen.«
»Nein … entschuldige. Das war etwas dumm ausgedrückt. Ich bin nur so verdammt froh, verstehst du, Junge? Dass mir das passieren konnte!«
Johnny hatte genickt.
»Geht Bodil jetzt mit dir nach Amerika?«, hatte er gefragt.
»Nach Am… nein, nein, davon war überhaupt nicht die Rede.« Milt hatte ihn angeschaut, lange und mit einem besonderen Ausdruck in den Augen. »Würdest du … sie vermissen?«
Johnny hatte nicht geantwortet.
Der Ausdruck in Milts Augen war geblieben. Er spiegelte nicht nur Freude.
»Sie hat in diesen Tagen häufig von dir geredet«, hatte Milt gesagt.
»Ach?«
»Sie sieht in dir etwas wie … einen Sohn.«
»Soll ich dich jetzt Vater nennen?«
Milt hatte gelacht.
»Du hast Humor, Junge. Das gefällt mir.« Dann war er wieder ernst geworden. Er hatte sich umgesehen, als nehme er an, ihnen höre jemand zu. »Findest du … dass ich sie dir wegnehme?«
»Ich glaube, du verstehst das nicht«, hatte Johnny gesagt.
»Ich verstehe mehr, als du denkst. Vielleicht wirke ich wie ein dummer Amerikaner, aber ich bin nicht dumm.«
»Das hab ich auch nicht behauptet.«
Johnny hatte die Autotür geöffnet.
»Wohin willst du jetzt?«
»Nach Hause«, hatte Johnny geantwortet.
»Ist es weit?«, hatte Milt gefragt.
»Ja.« Johnny hatte sich in den Duett gesetzt, den Motor gestartet und war losgefahren, ohne zum Abschied zu winken.
Er stellte das Radio an: Ab dem ersten September wurden die Prämien für die Lebensversicherung gesenkt. Eine Fähre hatte in voller Fahrt eine Kaimauer in der großen Stadt unten im Süden gerammt. Justizminister Robert Kennedy beabsichtigte, für den Senat im Staat New York zu kandieren.
Er fuhr an den Straßenrand, stieg aus und zündete sich eine Zigarette an. Der Schotter unter seinen Lederstiefeln fühlte sich hart und trocken an. Er ging nur ein paar Schritte auf das Feld, sah sich um und steckte die Zigarette zwischen die Lippen, holte seinen Pimmel raus und ließ sein Wasser über
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