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Der Jukebox-Mann

Der Jukebox-Mann

Titel: Der Jukebox-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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nicht, wie es hier ist.« Johnny klopfte auf den Tisch, als wollte er unterstreichen, dass hier hier war, in dieser Küche, in der er seit zehn Jahren jeden oder jeden zweiten Monat gesessen hatte. »Wie ich bin.« Er zog die Hand zurück. »Wer ich bin.«
    Sie antwortete nicht. Unten bei der Tankstelle war etwas in Bewegung gekommen. Sie schien den Bewegungen mit Blicken zu folgen. Ein Laster mit Anhänger war mit einem schwierigen Rückwärtsmanöver beschäftigt.
    »Ich weiß, was du denkst«, sagte er.
    »Ach?«
    »Ich hab oft genug hier gesessen, um zu wissen, was du manchmal denkst.«
    »Ich hab an dich gedacht, aber das war ja nicht besonders überraschend«, sagte sie. »Wir haben ja auch gerade über dich gesprochen.«
    »Aber wir haben von dir geredet, Bodil.«
    »Nein, von dir.« Sie lächelte wieder. »Wir haben von dir gesprochen, Johnny. Immer willst du dich drücken, wenn es um dich geht. Dabei ist es überhaupt nicht gefährlich, einmal auch über sich selbst zu sprechen. Es ist nützlich.«
    »Ich versuch mich ja gar nicht zu drücken«, entgegnete er.
    »Es genügt nicht, nur anderen zuzuhören«, sagte sie.
    »Ihren Sorgen, oder was es ist.«
    »Ich finde, ich rede verdammt viel«, antwortete er. »Im Augenblick rede ich viel.«
    »Manchmal weichst du dir selber aus«, sagte sie. »Vielleicht merkst du das nicht mal.«
    »Ich merke so viel, dass ich merke, was du denkst«, sagte er. »Und ich geb dir Recht, es ging um mich. Du glaubst, dass ich es bin, der nicht weiß, wer ich bin. Als ich sagte, Milt weiß nicht, wer ich bin.«
    »Es ist gar nicht so leicht, sich darüber im Klaren zu sein, wer man ist.«
    »Man kann es wissen und gleichzeitig nicht wissen«, sagte er.
    »Vielleicht ist es so. Es ist schwer, dauernd über sich selbst Bescheid zu wissen.«
    »Das kann die Hölle sein, und du weißt es«, sagte er und stand auf.
     
    Als er fahren wollte, kam Milt aus einem der Zimmer des Motels. Er hatte immer noch den Hammer in der Hand. Johnny ging vom Gas und drehte das Seitenfenster herunter.
    »Ich dachte, wir würden uns auch noch ein bisschen unterhalten, Sohn.«
    »Dann bin ich also jetzt dein Sohn?«
    »Sohn? Das sagen wir bloß so, ›Sohn‹, ungefähr wie man Junge sagt oder …«
    »Ja, ja«, unterbrach Johnny und begann die Scheibe hochzudrehen. »Ich muss los.«
    »Los und los. Kannst du nicht noch ein Weilchen bleiben? Wir könnten eine Tasse Kaffee trinken.«
    »Ich kann keinen … Kaffee mehr trinken. Es war schon zu viel.«
    Ihm fiel es wieder schwer, die Wörter zu finden, sie waren irgendwo anders, sie steckten im Jukeboxkatalog aus Chicago.
    »Du kommst doch mal wieder?«, fragte Milt.
    »Warum sollte ich nicht?«, fragte Johnny zurück.
    »Ich weiß nicht … ich dachte … ach, scheiß drauf, ich möchte mich gern mit dir unterhalten.« Er lachte auf. »Du bist der Einzige in dieser Gegend, der Englisch spricht.«
    »Dann musst du es Bodil beibringen.«
    »Sie? Sie bringt mir Schwedisch bei. Sie sagt, das ist besser und dass es leichter ist.«
    »Sie hat Recht«, antwortete Johnny.
    Milt lauschte plötzlich auf das Radio, das Johnny im Auto eingeschaltet hatte, ein leises Nachrichtengrollen vom Echo des Tages.
    »Reden die von Kennedy?«, fragte Milt und beugte sich ein wenig zur Fensteröffnung herein. »Ich meinte gehört …«
    Johnny hörte zu. Es war eine Wiederholung der Nachricht von Robert Kennedys Entscheidung, für den Senat zu kandidieren. Diesmal war es ein längerer Beitrag, der das politische Leben des jüngeren Bruders nach dem Mord des Präsidenten beschrieb.
    Johnny gab es Milt wieder, so gut er konnte.
    »Für den Senat? Damit gibt sich der Junge nicht zufrieden, achtundsechzig kandidiert er bestimmt für das Präsidentenamt«, sagte Milt. »Leider.«
    »Magst du ihn nicht?«
    »Ob ich ihn mag? Darauf kannst du Gift nehmen, dass ich das tu. Ich mochte Jack auch, obwohl er aussah wie Mamas Liebling. Er hätte etwas bewegen können, wenn er hätte weitermachen dürfen.« Milts Kopf hing immer noch halb ins Auto. Johnny sah, dass er grüne Tupfer in den Augen hatte und ein wenig blau und gelb, wie letzte Spuren seiner Ahnen. »Und mit dem Bruder wird es auch böse enden.«
    »Wie meinst du das?«, fragte Johnny.
    »Bob wird kandidieren, und sie werden ihn kaltstellen, die werden ihm die Flügel beschneiden, falls er versucht, ins Weiße Haus zu fliegen.«
    »Welche ›die‹?«, fragte Johnny.
    »Darüber können wir reden, wenn du das nächste Mal

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