Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Jukebox-Mann

Der Jukebox-Mann

Titel: Der Jukebox-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
Vom Netzwerk:
mit seinem Lokal verwachsen, dem großen länglichen Raum zu einer Straße hinaus, auf der die schweren Laster vorbeidonnerten. Überall donnerten die schweren Fahrzeuge vorbei.
    »Man braucht wahrscheinlich eine Frau«, sagte Sigge.
    »Das würde alles leichter machen.« Er drehte sich wieder um. »Es heißt, Unglück ist zu zweit leichter zu tragen.« Er zog die Tür hinter sich zu. Der obere Teil war verglast und das Licht um Sigges Kopf verschwand nicht. Er hatte keine Haare und die Strahlen schienen genau durch seinen Schädel zu leuchten, als wäre der plötzlich durchsichtig geworden. Jemand sollte seine weiche Hand auf diesen Schädel legen, dachte Johnny. Eine Frau.
    »Vielleicht kann ich eine Frau pachten«, witzelte Sigge.
    »Das ist wohl nicht nötig«, antwortete Johnny. »Auf dem Gebiet hattest du doch noch nie Probleme.«
    »Alles dreht sich um Frauen«, sagte Sigge, »oder?«
    »Wie meinst du das?«
    »Tu nicht so, Bergman. Du weißt ganz gut, wovon ich rede.« Sigge war wieder bei der Box, legte die Hand auf das Glas. Die Box war hundertsiebenundvierzig Zentimeter hoch und Sigge war vielleicht sieben Zentimeter größer. Wie er so dastand, sah er aus, als wäre er mit der Box verwandt, vielleicht ein Bruder, vielleicht ein Cousin, dieselbe Größe, dieselbe Breite. »Wir sind eigentlich nichts ohne Frauen. Sie sind … ein Teil von uns, den wir verloren haben. Wir vermissen ihn wie den Satan und versuchen ihn zu finden.«
    »Das klingt ja fast religiös, Sigge.«
    »Ich sage bloß, dass wir keine richtigen … Kerle sind, wenn wir keine Frau haben.« Er nahm die Hand von der Jukebox und wedelte in Richtung Johnny. »Und jetzt darfst du sagen, dass ich kein richtiger Kerl bin.«
    »Das würde ich nie tun«, sagte Johnny. »Dann könntest du ja dasselbe von mir sagen.«
    »Du hast doch wer weiß wie viele Frauen gehabt«, sagte Sigge.
    »Aber nicht richtig. Das war mehr … wie gepachtet.«
     
    Er parkte vor dem Bahnhof. Es war einer der größten im Land, der Knotenpunkt des südlichen Landesteils. Er kannte Leute, die hier als Weichensteller arbeiteten, nervöse Männer, die immer nervöser wurden, je mehr Zeit verging. Sie erwachten mitten in der Nacht, hab ich es richtig gemacht, habe ich die Weiche richtig gestellt, standen um drei Uhr auf und begaben sich auf den Weg zum Bahnhof, um das zu kontrollieren, was schon viele Male kontrolliert worden war. Es war schwer, auf diese Weise zu leben. Einer der Weichensteller war durchgedreht, noch bevor er fünfzig wurde, er zog brummelnd durch die Straßen, versuchte den Verkehr an Straßenkreuzungen zu attackieren.
    Jeder, der in diesem Land einmal eine Reise unternommen hatte, war auf diesem Bahnhof umgestiegen, oder er war zumindest hindurchgefahren. Hierher gelangte man von überallher, von hier konnte man überall hinfahren. Über dieser Stadt hatte immer eine Art Rastlosigkeit gelegen, als ob sie selbst sich auch auf die Reise machen wollte, sich in den Zug setzen und von allem wegfahren, genau wie viele andere, den riesigen Rangierbahnhof hinter sich lassen. Der lebte ein ewiges Leben unabhängig von der Stadt, der brauchte keine Stadt, nur Züge.
    Johnny ging durch die Anpflanzungen der Esplanade vor dem Bahnhof und öffnete die Glastür von Thimons Konditorei.
    Die Konditorei gab es hier schon fast genauso lange wie den Bahnhof. Das Café war im ersten Stock mit Ausblick über die Esplanaden, den Bahnhof und die Züge, die die Cafégäste bald wieder fortführen würden. Es war ein Café für Durchreisende. Man konnte andere Dialekte hören, andere Sprachen. Bei Thimons waren schon Schwarze eingetreten, Chinesen. Einmal hatte Johnny einen Mann, der wie ein Indianer aussah, auf eine Brezel zeigen sehen. Er hatte mit leiser, singender Stimme etwas Unverständliches gefragt. Die Verkäuferin hatte genickt, wie hypnotisiert, und geantwortet: Ja, die sind preisgekrönt, leicht und lecker.
    Diese durchreisenden Gäste aus der Welt hatten Johnny auf die Idee gebracht, ein Scopitone im Café aufzustellen. Das war im Frühling gewesen.
    Es war eine Filmjukebox aus Frankreich, die es seit vergangenem Jahr gab. Die Italiener hatten ihre Cinebox schon einundsechzig herausgebracht, mit einem magischen Tonband, aber das Modell hatte Johnny nicht gesehen. Stattdessen hatte er diesen Franzosen in der Hauptstadt gekauft und ihn zu Krafft im Thimons gebracht, der skeptisch gewesen war, vielleicht auch erschrocken.
    Wie zum Teufel funktioniert die?, hatte Krafft

Weitere Kostenlose Bücher