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Der Jukebox-Mann

Der Jukebox-Mann

Titel: Der Jukebox-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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immer noch seine Kopfhaut. Bertil massierte immer noch seinen Schritt. Krafft goss mit ruhiger Hand Kaffee ein. In der Stellage stapelte sich Backblech um Backblech mit zerbrechlichem Gebäck, Makronen, Korinthenbrötchen, Zimtwecken und Hefekränzen.
    »Jeder von euch nimmt jetzt eine Mandelschnitte, sonst ruf ich die Polizei«, sagte Krafft.
    »Willst du uns etwa anzeigen, weil wir keine Mandelschnitte essen?«, fragte Johnny.
    »Schnauze, Bergman«, befahl Krafft.
    Johnny schielte aus dem Augenwinkel zu Bertil. Seine Augäpfel waren rot und seine Wangen mit Bartstoppeln bedeckt. Es war erstaunlich, dass er ihn überhaupt wiedererkannt hatte. Er sah aus wie jemand, der in Scheunen übernachtete.
    Bertil versuchte die Haltung auf dem Stuhl zu verändern.
    »Tut’s weh?«, fragte Johnny.
    »Nicht me… mehr als dir«, antwortete Bertil.
    »Dann könnt ihr euch ja die Hand reichen«, sagte Krafft, »und die Sache hat sich erledigt.«
    »Erledigt?«, sagte Bertil. »Er … er hat mich doch überfallen.«
    »Du weißt, warum«, sagte Johnny.
    »Ruhig, ganz ruhig.« Krafft hielt die linke Hand hoch.
    »Kannst du uns eine Weile allein lassen, Einar?«
    Johnny sah zu Krafft auf, der immer noch mit der Kaffeekanne in der Hand dastand.
    »Erwachsene Männer, die sich im Thimons prügeln«, sagte Krafft. »Das ist noch nie passiert.«
    »Es wird nicht wieder passieren«, sagte Johnny.
    »Hm.«
    »Kannst du uns allein lassen, Einar?«
    Krafft sah von Johnny zu Bertil und wieder zurück. Bertil starrte auf die Mandelschnitten. Es roch nach Mandeln, Zucker und Zimt.
    Der Konditor stellte die Kaffeekanne neben einem Stapel Backförmchen ab.
    »Ich bin in der Küche«, sagte er und nickte zu dem Gestell mit den Backblechen. »Wenn da was zu Bruch geht, dürft ihr neue backen.«
    »Wir werden uns nicht prügeln«, sagte Johnny. »Geh jetzt, Einar.«
    Sie hörten, wie Krafft dort draußen hustete und sich räusperte, als ob er sie damit davon abhalten könnte, eine Schlägerei anzufangen.
    »Du kannst mir eins auf den Sack geben, aber du kannst mich nicht daran hindern, von hier wegzufahren, Bergman.«
    Bertil schaute auf. Seine Augen waren rot gesprenkelt wie von Blut.
    »Warum?«
    »Was warum? Das geht dich doch nichts an, Bergman.«
    »Ich möchte nur wissen warum.«
    Bertil nahm eine Mandelschnitte, musterte sie und biss hinein, als wäre es ein Brocken Zement. Er kaute nicht. Auf dem Tisch stand eine Vase mit Blumen. Johnny hob die Hand und befühlte ein Blütenblatt. Es war aus Plastik.
    »Das ist … eine Privatangelegenheit«, antwortete Bertil schließlich. »Die geht niemanden anders an als … die Familie.«
    »Wo ist denn deine Familie, Bertil?« Johnny ließ die Blume los. »Warten Elisabeth und Lennart am Bahnhof auf dich?«
    Bertil antwortete nicht. Er nahm den Bissen aus dem Mund und wickelte ihn in die Serviette ein. Als er den Kopf senkte, sah Johnny eine breite verkrustete Wunde auf seinem Schädel. Sie mochte eine Woche alt sein.
    »Wie hast du es geschafft, dich die ganze Zeit versteckt zu halten?«
    Bertil sah auf. Jetzt blinzelte er, als ob die Beleuchtung in der Backstube zu stark geworden wäre.
    »Ich bin nicht … hier gewesen. Nicht in der Gegend.«
    »Nach dir wird gesucht«, sagte Johnny.
    Bertil zuckte mit den Schultern.
    »Vielleicht hat dich jemand gesehen und schon die Polizei benachrichtigt«, fuhr Johnny fort. »In einer Viertelstunde können sie hier sein.«
    »Dann sitze ich schon im Zug.«
    »Wohin?«
    Wieder zuckte Bertil mit den Schultern.
    »Nach Süden oder nach Norden?«, fragte Johnny. »Hast du noch keine Fahrkarte gekauft?«
    »Ich sag nichts mehr, Bergman.«
    »Was soll ich denn Elisabeth sagen, Bertil? Was soll ich Lennart sagen?«
    »Triffst du sie?«
    »Ich hab sie in den vergangenen sieben Jahren jeden Monat einmal getroffen oder wie man das nennen soll. Jedenfalls Elisabeth. Das weißt du doch.«
    Bertil nickte.
    »Interessiert es dich, wie es ihnen geht?«, fragte Johnny.
    »Wie es ihnen jetzt geht?«
    Bertil strich sich über die Stirn. An seinen Schläfen glitzerten Schweißtropfen. Die Hände waren zerkratzt und die Handflächen voller Schwielen.
    »Warum bist du überhaupt wieder hierher gekommen?«, fragte Johnny.
    »Von hier fährt der Zug ab«, sagte Bertil und stand auf.
    »Ich muss gehen.«
    »Willst du zurück zur See?«
    »Was zum Teufel!« Bertil stand einen Meter vom Tisch entfernt und sah auf Johnny hinunter. Sein Gesicht wirkte aufgedunsen. »Was weißt du

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