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Der Jukebox-Mann

Der Jukebox-Mann

Titel: Der Jukebox-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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von allen Leuten, die in Sigges Grill waren, als die Nachricht kam.
    »Und danach nehmen wir den Detroitsong«, sagte Sigge. Er war an der Spüle beschäftigt, trocknete etwas ab, was Johnny nicht sehen konnte. »Das war noch Musik. Ich mag diesen Pop nicht. Beatles, Rolling Stones, Shanes.« Er sah auf. »Das ist keine Musik für die Jukebox. Sie passt nicht. Sie hat kein Gewicht, oder wie man das nennen soll.«
    »Was passt denn am besten?«
    Johnny ging zur Theke und nahm eine Cuba-Cola entgegen. Sie war kalt in der Hand.
    »Das weißt du«, sagte Sigge.
    »Wir haben schon vierzig Elvissongs in der Box«, sagte Johnny.
    »Und trotzdem bleiben die Leute weg«, sagte Sigge.
    »Vielleicht gerade deswegen«, antwortete Johnny.
    »Was redest du denn da für einen Scheiß? Das sieht dir ja gar nicht ähnlich.«
    »Im August sechsundfünfzig ist Elvis in Florida in Amerika aufgetreten, und der Berichterstatter in der Zeitung wollte ihn auf den elektrischen Stuhl setzen«, erzählte Johnny.
    »Warum zum Teufel wollte er das?«, fragte Sigge.
    »Weil er ihn für gefährlich hielt.«
    »Inwiefern gefährlich?«
    »Tja … für die Jugendlichen. Vermutlich für das ganze Land. Für die Amerikaner … für die Zukunft.«
    »Warum erzählst du mir das, Bergman?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Hat der das wirklich so geschrieben in der Zeitung … dass man Elvis auf den elektrischen Stuhl setzen sollte?«
    »Ungefähr so.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich hab’s gelesen.«
    »Du kannst doch wohl nicht Amerikanisch lesen?«
    »Ich hab eine Übersetzung in einem Katalog gefunden.«
    »Hm.«
    »Der Kerl hat geschrieben, Elvis’ Publikum sei ein Haufen kranker Idioten von Jugendlichen, die eine Tracht Prügel bräuchten.«
    Sigge lachte auf.
    »Trifft an und für sich auf die zu, die hierher kommen.«
    »Du sprichst von deinen Gästen, Sigge.«
    »Was hat er noch geschrieben?«
    »Tja … dass Elvis der größte Bluff in der Geschichte der Vergnügungsbranche sei. Dass er nicht singen, nicht Gitarre spielen, nicht tanzen kann.«
    »Ich hab ihn noch nie gesehen«, sagte Sigge. »Vielleicht kann er ja wirklich nicht tanzen.« Er prostete Johnny mit einem Glas Bier zu. »Hast du ihn gesehen?«
    »Nur im Film. Da hat er getanzt.«
    »War er gut?«
    »Der Film? Nee, der war Mist.«
    »Dann hatte der Kerl vielleicht Recht?«
    »Elvis kann singen, oder?«
    »Ja. Elvis kann singen.«
    »Der Kerl hat geschrieben, die Menschheit sei verloren, wenn solche wie Elvis weiter auftreten dürften«, sagte Johnny.
    »Wann war das, hast du gesagt?«
    »Sechsundfünfzig. Das ist acht Jahre her. Ist die Menschheit verloren?«
    »Manchmal frag ich mich das wirklich«, antwortete Sigge.
    »Wegen Elvis?«
    »Quatsch. Trotz Elvis.« Sigge lächelte, prostete ihm noch einmal zu, setzte das Glas ab, ohne zu trinken, und hörte auf zu lächeln. »Aber eins geht bestimmt unter, das ist dieser Schuppen. Sie wollen die Bruchbude im Frühling abreißen.«
    »Warum?«
    »Himmel, Bergman, was glaubst du? Der Brief ist gestern gekommen. Sie wollen ein neues Zentrum bauen, und warum sollten sie diese Bude stehen lassen mitten in all dem Glas und Beton? Für mich gibt’s dann keinen Platz mehr.«
    »Willst du nicht bleiben?«
    »Glaubst du, die wollen mich behalten? Bist du verrückt? Hier soll ein großes schönes Kaufhausrestaurant entstehen.
    Genau hier soll es stehen. Glaubst du, dann wollen sie Sigges Grill noch haben?«
    »Ich hab hier ja auch Interessen zu vertreten«, sagte Johnny.
    »Die Box? Meinst du, die wollen sie haben?«
    »Keine Ahnung.«
    »Ich sag nichts«, sagte Sigge.
    »Nein, ich höre es.«
    »Möchtest du eine Grillwurst mit Mus, Bergman?«
     
    Johnny hatte Wurst und Mus dankend abgelehnt. Das Leben mit Wurst und Mus musste auch aufhören.
    Sigge hatte zugesehen, während Johnny arbeitete. Sigges Schädel leuchtete jetzt noch stärker im Nachmittagslicht, das zur Tür hereinfiel und dem kleinen Mann einen doppelten Glorienschein verlieh. Mit diesem Zeichen könnte er es weit bringen im Leben, dachte Johnny.
    »War das die letzte Wartung?«
    »Im September komm ich wieder«, antwortete Johnny.
    »Am ersten Februar mach ich dicht«, sagte Sigge. »Du darfst gern zur Beerdigungsfeier kommen.«
    »Hast du schon Pläne?«, fragte Johnny.
    »Vielleicht hab ich die Möglichkeit, eine Würstchenbude zu pachten.« Sigge breitete die Arme aus. »Aber das ist ja nicht mit dem hier zu vergleichen.«
    Johnny wusste nicht, was er sagen sollte. Sigge war

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