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Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Read
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Merica?«, fragte Louise Bost.
    »Knochenbrüche«, sagte er. »Es gab sechs Frakturen in verschiedenen Heilungsstadien.«
    »Das heißt?«
    »Im Fachjargon würden wir von lokalen, asymmetrischenBereichen subperiostaler Knochenbildung sprechen. Sie stimmten überein mit dem Typ von Brüchen, die wir von Fällen extremer systematischer Kindesmisshandlung kennen – Verletzungen der Unterarme, der Schädeldecke, Rippen und Beine. Dazu periostale Läsionen.«
    »Wie entstehen periostale Läsionen?«, fragte Louise Bost.
    »Durch Schläge oder dadurch, dass Arme und Beine des Kindes vom Täter als ›Henkel‹ benutzt werden. Eine periostale Läsion ist eine Art Prellung des Knochens, wenn sich durch Gewalteinwirkung die Knochenhaut ablöst und eine Blutung entsteht.«
    Eine der Geschworenen schlug sich die Hand vor den Mund und schloss entsetzt die Augen.
    Louise Bosts Assistent stellte ein neues Foto auf die Staffelei, das Foto von zwei langen Knochen, von denen einer einen großen Knubbel in der Mitte hatte.
    Mein Magen machte mir zu schaffen und ich sah weg.
    »Können Sie beschreiben, was auf diesem Foto zu sehen ist?«, fragte Louise Bost.
    »Das ist ein Foto von Teddy Underhills Unterarmknochen – Elle und Speiche«, sagte Merica. »Der Knoten, den wir an einem der beiden Knochen sehen, ist das, was wir Callus nennen.«
    »Was genau ist das, Dr. Merica?«
    »Der rechte Unterarm des Kindes war gebrochen und wurde nie behandelt oder geschient. Er ist von selbst geheilt, wodurch die Schwellung entsteht, die wir hier sehen.«
    Ich legte die Hand auf meinen Gips und erinnerte mich, wie schmerzhaft der erste Bruch gewesen war – ohne Narkose.
    Teddy hatte es sechsmal erlebt.
    Siebenmal.
    Ohne Schmerzmittel.
    Diese Arschlöcher.
    Ich warf einen Blick auf die Geschworenen. Die meisten wirkten entsetzt, und niemand sah Bosts Bildmaterial an. Die Frau, die die Hand vor den Mund geschlagen hatte, weinte.
    Gut.
    »Konnten Sie anhand von Teddys Skelett sagen, woran er gestorben war?«, fragte Louise Bost.
    »Wir können definitiv sagen, dass die massive Einwirkung stumpfer Gewalt gegen den Brustkorb des Kindes todesursächlich gewesen sein kann.«
    »Können Sie sehen, ob die Verletzung vor oder nach seinem Tod entstanden ist?«
    »Die Knochen waren noch elastisch«, sagte Merica. »Die Verletzung entstand entweder kurz vor seinem Tod oder zum Zeitpunkt seines Todes. Was wir Ante- oder Perimortem-Trauma nennen.«
    »Das heißt, die Brustkorbverletzung konnte nicht später entstanden sein, als die Leiche auf dem Friedhof lag?«
    »Nein«, sagte Dr. Merica.
    »Würde die Verletzung zur Wirkung von wiederholten Schlägen gegen die Brust des Jungen passen?«
    »Ja, allerdings mit großer Kraft.«
    »Danke, Dr. Merica. Ich habe im Moment keine weiteren Fragen an Sie.«
    Louise Bost kehrte an ihren Tisch zurück, und der schwarze Lockenkopf von Ms Galloway sprang auf.

50
    Ms Galloway ging zum Zeugenstand. »Dr. Merica, ich würde Ihnen gern noch ein paar Fragen bezüglich der Rippenverletzungen des Jungen stellen.«
    Merica nickte, und seine buschigen Brauen warfen tiefe Schatten über seine Augen, als er den Kopf senkte.
    »Sie können uns zwar sagen, dass die Brüche vor dem Tod des Jungens entstanden sind, aber Sie können uns nicht sagen, wie sie entstanden sind?«
    »Nun«, sagte Merica, »stumpfe Gewalt heißt, dass die Verletzungen nicht von einem scharfen oder spitzen Gegenstand verursacht wurden.«
    »Wie einem Messer zum Beispiel.«
    »Genau«, sagte er.
    »Weil scharfe oder spitze Gegenstände andere Arten von Verletzungen hervorgerufen hätten?«
    »Ja. Wir hätten an den Knochen Kerben oder andere Spuren eines solchen Werkzeugs zu erwarten.«
    »Solche Spuren geben Hinweise darauf, um was für einen Gegenstand es sich handelt, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte er.
    »Aber bei stumpfer Gewalteinwirkung lässt sich das nicht sagen, oder?«
    »Was?«
    »Was die Verletzung verursacht hat.«
    »Nein, nicht genau.«
    »Also können Sie nicht wissen, ob die Brustkorbverletzungen des Jungen von einer Faust verursacht wurden, oder?«
    »Nein.«
    »Das Gleiche gilt auch für die anderen Verletzungen, oder? Sie können nicht genau sagen, was sie verursacht hat?«
    »Nein.«
    »Und Sie können erst recht nicht sagen, wer sie verursacht hat, nicht wahr?«
    »Auf jeden Fall gibt es Personen, die ich aufgrund von mangelnder Körperkraft ausschließen könnte.«
    »Doch diese Verletzungen hätten auch von Teddy Underhills Mutter stammen

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