Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)
Galloway fort.
»Ich weiß nicht …«
»Was hat Sie Ihnen noch gegeben für den Geburtstag Ihres Sohnes?«
Hetzler stand auf. »Euer Ehren, ich weiß nicht, was das hier …«
Ms Galloway tat so, als hätte sie ihn nicht gehört. »Sie hat Ihnen Geld gegeben, nicht wahr, Ms Underhill?«
Hetzler warf die Hände in die Luft. »Euer Ehren!«
»Setzen Sie sich, Mr Hetzler«, sagte der Richter.
Hetzler sank auf den Stuhl, als würde er vom Gewicht der Ungerechtigkeit der Welt niedergedrückt.
Der Richter wandte sich an die Zeugin. »Bitte beantworten Sie die Frage, Ms Underhill.«
»Ja.«
Galloway hakte nach: » Ja , Ihre Großmutter gab Ihnen Geld für den Geburtstag Ihres Sohnes?«
»Ja«, wiederholte Angela.
»Wofür war das Geld?«
»Um ihm Sachen zu kaufen. Zeug halt.«
»Aber Sie nahmen das Geld nicht, um etwas für Ihren Sohn zu kaufen, oder?«, fragte Galloway.
»Das wusste er ja nicht.«
»Was kauften Sie von dem Geld?«
»Nicht viel«, sagte Angela, »’n paar Sachen, die wir gebraucht haben.«
»Wie viel Geld hatte Ihre Großmutter Ihnen gegeben?« Galloways Ton wurde immer schärfer.
»Fünfzig«, sagte Angela.
»Ihre Großmutter hat ausgesagt, sie hätte Ihnen an dem Tag eintausend Dollar gegeben.«
»Nein«, sagte Angela.
»Wofür haben Sie es ausgegeben?«, fragte Galloway.
Wieder zuckte Angela mit den Schultern, schuldbewusster diesmal. »Sie wissen schon.«
»Nein, ich weiß es nicht, Ms Underhill«, sagte Galloway. »Deswegen frage ich Sie.«
»Wir haben uns Drogen besorgt, aber nicht gleich.«
»Nicht gleich?«
»Nicht gleich, als wir von meiner Grandma weg sind, verstehen Sie?«
»Haben Sie etwas von dem Geld für Ihren Sohn ausgegeben?«
»Es war für Albert. Er hat’s gesagt.«
»Und was zum Teufel haben Sie davon gekauft?«
»Crack eben.«
»Ich verstehe. Sie haben also das ganze Geld für Crack ausgegeben, weil Albert Williams es gesagt hat?«, fragte Galloway.
»Ich hatte Angst. Was er macht. Teddy wehtut, wenn ich nicht mach, was er sagt.«
»Haben Sie die Drogen selbst erworben?«
»Ja.«
»Mit Teddy?«
»Nein.«
»Sie ließen Ihren Sohn bei dem Mann, vor dem Sie solche Angst hatten?«
»Albert hat mich gezwungen.« Dann sagte sie: »Weiß nicht mehr, vielleicht hatt’ ich Teddy auch dabei. Den ganzen Tag, ich erinner mich nicht. Ich hatte solche Angst.«
»Wenn Sie wirklich solche Angst vor Albert Williams hatten, dann gab es überhaupt keinen Grund, warum Sie mit ihm in dem Motelzimmer bleiben sollten. Ihre Großmutter hatte viele Male gebeten, dass Sie und Teddy bei ihr einzogen. Sogar noch am Tag davor, nicht wahr?«
»So war’s nicht.«
»Wie war es denn, Ms Underhill? War es eigentlich so, dass Sie gar keine Angst hatten, Albert Williams könnte Ihrem Sohn etwas zuleide tun?«
Angela ließ den Kopf sinken.
»Oder war es so, dass sie nicht wollten, dass man Ihnen die Sozialhilfe kürzte, wenn Sie aus dem Motelzimmer auszogen und wieder bei Ihrer Großmutter einzogen?«
Angela murmelte etwas.
»Entschuldigen Sie?«, sagte Galloway.
»Albert hat gesagt, er bringt mich um, wenn ich geh.«
»Trotzdem sagten Sie ihm, wo das Motel war, in dem Sie wohnten, nachdem Sie aus seiner Wohnung in Brooklyn ausgezogen waren.«
Angela zuckte die Schultern.
»Die Sozialarbeiterin konnte Sie nicht finden, Albert schon?«
Keine Antwort.
»Sagen Sie uns die Wahrheit«, sagte Galloway. »Es war Ihnen egal , was mit Ihrem Sohn passiert, solange Sie genug Drogen hatten. Ist es nicht so, Ms Underhill?«
Hetzler rief: »Einspruch!«
Ms Galloway hielt die Hand hoch, bevor der Richter etwas sagen konnte. »Ich will die Frage umformulieren, Ms Underhill. Sie hätten bei Ihrer Großmutter einziehen können, oder Sie hätten Teddy zu Ihrer Großmutter geben können – Ihre Großmutter hat Sie noch am Tag vor seinem Tod darum angefleht –, aber stattdessen nahmen Sie Ihren Sohn mit in dieses Motelzimmer, und Sie ließen zu, dass Albert Williams auch dort wohnte, ist das richtig?«
Wieder musste der Richter Angela auffordern zu antworten.
»Nur weil ich Angst hatte«, sagte sie.
»Wovor?«
»Hab ich schon gesagt. Albert hat gesagt, er bringt mich um.«
»Falls Sie ihn verließen?«
»M-hm.«
»Hat Albert Williams Sie überhaupt geschlagen, Ms Underhill, oder hat er nur Ihren Sohn geschlagen?«
»Albert hat mich geschnitten«, sagte sie. »Das hab ich schon gesagt.«
»Am Arm, nicht wahr?«
»Hab ich schon gesagt.«
»War es eine tiefe
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