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Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Read
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Jayné, ausgesprochen Jen-NAY.
    »Meine Mutter war irgendwie französisch«, sagte sie und zuckte die Schultern. »Aber niemand nennt mich so.«
    Sie führte Cate und mich nach draußen.
    Der Transporter der Gerichtsmedizin war vorgefahren, und ein grimmig wirkender Mann mit großem schwarzem Koffer stieg aus. Er winkte Skwarecki mürrisch zu und verschwand im Gestrüpp.
    »Müssen Sie irgendwohin?«, fragte sie. »Ich würde Sie sonst gerne mit aufs Revier nehmen.«
    Cate sagte nein, und ich sagte, nicht unbedingt, aber ich würde gerne zu Hause anrufen.
    Ich kramte in der Hosentasche nach Kleingeld. »Kann ich schnell eine Telefonzelle suchen gehen?«
    Skwarecki war einverstanden, und ich ging los.
    Dean war am Telefon.
    »Hey«, sagte ich, »mein unbestechlicher Ehemann.«
    »Was ist los? Du klingst traurig.«
    Ich seufzte. »Kann sein, dass ich zu spät zum Abendessen komme.«
    »Sprich.«
    »Ich bin auf dem Friedhof. Mit der Mordkommission.«
    »Bunny, alles klar bei dir?«
    Das war das Tolle an Dean: Er regte sich nicht schnell auf. Was sich als notwendiger Charakterzug herausstellte für einen Menschen, der mit mir verheiratet war.
    »Ich habe ein Skelett gefunden«, sagte ich.
    »Auf dem Friedhof.«
    »Von einem kleinen Kind«, erklärte ich, »und es sieht nicht so aus, als wäre es begraben worden, und deshalb haben wir die Bullen gerufen.«
    »Geht’s dir gut?«
    »Mehr oder weniger.«
    »Du klingst zittrig«, sagte er.
    »Eher traurig«, sagte ich. »Das Kind war noch echt klein.«
    »Soll ich zu dir rauskommen?«
    »Nein, geht schon, aber danke für das Angebot.«
    »Wir sind mit Nutty Buddy zum Abendessen verabredet.«
    »Ach du Scheiße«, sagte ich. »Astrid.«
    »Soll ich es verschieben?«
    Ich sah auf die Uhr: Es war kurz nach fünf. »Ich glaube, ich schaffe es bis acht. Kannst du sie anrufen?«
    Dean versprach es, und ich dankte ihm, und dann legte ich auf.
    Als ich auf dem Rückweg zum Friedhof in die Gasse bog, sah ich eine weitere dunkle Crown-Vic-artige Limousine, die sich gerade hinter den Wagen der Gerichtsmedizin stellte.
    Die Fahrertür schwang auf, und heraus stieg eine knallhart, aber elegant wirkende Afroamerikanerin mit dunkelrotem Lippenstift und strengem dunkelblauem Nadelstreifenkostüm.
    Ihr Haar war kurz und ihr langer Hals anmutig wie der eines Silberreihers. Sie hatte katzenhafte Wangenknochen und einen Hautton, der an starken schwarzen Tee erinnerte – braun, gold, rötlich, alles zusammen.
    Eine Nanosekunde lang blickte sie sich um, die Hände in den Hüften, dann schritt sie schnurstracks durchs Friedhofstor auf Skwarecki zu.
    Ich sah, wie sich unter der Nylonstrumpfhose ihreWadenmuskeln wölbten, als sie das Gewicht nach vorne verlagerte, um mit den spitzen Absätzen nicht im Erdboden zu versinken.
    Nur eine Juristin konnte sich solche Schuhe leisten.
    Ich folgte ihr durchs Tor.
    Nach ein paar Metern blieb sie stehen, die Wadenmuskeln immer noch angespannt, auf den Ballen balancierend.
    Ich schob mich an ihr vorbei, versuchte, mich unauffällig zu verhalten, dann stellte ich mich neben Cate, die auf Skwareckis Klemmbrett starrte und nickte, während die Ermittlerin sich Notizen machte.
    Die elegante Juristin rief: »Yo, Jayné!«
    Skwarecki hob den Kopf. »Hey, Bost, haben sie dich auch schon in dieses meschugáß reingezogen?«
    Die schicke Fremde zuckte die Schultern. »Sieht so aus.«
    »Der Gerichtsmediziner hat seinen Senf noch nicht abgegeben«, rief Skwarecki.
    »Du weißt, wie es läuft. Deine Leute rufen meine Leute. Meine Leute rufen mich. Und ich frage: ›Wie, wo, wann?‹«
    Skwarecki nickte. »Jedenfalls haben wir hier was.«
    »Schöner Tag für einen Mord.« Die Frau stemmte wieder die Hände in die Hüften. »Hast du vor, uns vorzustellen?«
    »Brauchst du eine schriftliche Einladung?«, rief Skwarecki zurück.
    Die Anwältin begann über die Wiese zu staksen, die Hände leicht ausgestreckt, um Balance zu halten.
    »Louise Wilson Bost«, erklärte Skwarecki, »ihres Zeichens Bezirksstaatsanwältin von Queens – Topanklägerin der Mordkommission, auch wenn sie sich für den Job viel zu dämlich anzieht.«
    Staatsanwältin Bost-die-Beste zwinkerte Cate und mir zu und lächelte. »Achten Sie nicht auf Detective Skwarecki, Ladys. Sie erträgt einfach keine Konkurrenz.«
    »Hand aufs Herz«, hielt Skwarecki dagegen. »Wenn mein nächster Gehaltsscheck kommt, kaufe ich Louise ein Paar Turnschuhe.«
    Die Staatsanwältin winkte ab. »Immer zu Scherzen aufgelegt.

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