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Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Read
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Außerdem sind bei uns auf der Seite die Decken dichter.«
    Sein Büro war ein kleiner weißer Schuhkarton mit Blick auf den Parkplatz. Wo bei Louise Bost das Foto der Unisphere hing, gab es bei ihm eine Pinnwand voller Schnappschüsse, die ihn mit Freunden am Strand zeigten, und mehrere von einem kleinen gelblichen Hund mit eingedrückter Schnauze.
    »Das ist Mason«, erklärte Kyle. »Ist er nicht das niedlichste Geschöpf der Welt?«
    Blinzelnd sah ich mir die Fotos an. »Du meinst den in der Speedo-Badehose?«
    »Den Hund , Madeline.«
    Ich war kein großer Hundefan, aber ich bestätigte Kyle, dass Mason reizend und wohlerzogen und außergewöhnlich intelligent aussah, für einen Nicht-Menschen.
    Zufrieden fragte Kyle: »Wie ist es vor der Jury gelaufen?«
    »Ganz gut, schätze ich. Louise Bost hat nur ein paar Fragen dazu gestellt, wie ich das Skelett gefunden habe und nach dem Turnschuh letzte Woche.«
    »Ich verstehe«, sagte er. »Sie will der Jury demonstrieren, auf welcher Basis Skwarecki das Opfer identifiziert hat.«
    »Und wenn die Jury entscheidet, dass Anklage erhoben wird, was passiert dann?«
    »Dann heißt es warten. Zuerst einmal wird die Anklageschrift aufgesetzt.« Und dann erklärte er mir die Details und erläuterte, warum ich bis zum eigentlichen Prozess nicht mehr gebraucht wurde.
    »Und sie werden wirklich auf ›nicht schuldig‹ plädieren?«, fragte ich.
    »Andernfalls wüssten wir es inzwischen.«
    »Das heißt, sie legen es nicht auf einen Deal an?«
    »Hier in Queens machen wir so was nach der Anklageerhebung nicht mehr«, sagte er. »Es ist ziemlich sicher, dass die beiden vor Gericht kommen.«
    »Selbst wenn sie es sich anders überlegen?«
    »Selbst dann. Selten ist es anders«, sagte er. »Wie bei dem Fall, den ich gerade mit Marty verhandelt habe. Ich habe den Angeklagten während der ganzen Verhandlung quasi angefleht, sich schuldig zu bekennen und auf einen Deal einzugehen.«
    »Warum?«
    »Damit seine Tochter nicht aussagen muss. Es gab keinen Grund, ihr das zuzumuten.«
    »Skwarecki sagte, der Kerl hätte schon vorher alles zugegeben.«
    »Eben«, sagte er. »Der Mistkerl wusste, dass wir ihndranhatten, aber er hat sie trotzdem in den Zeugenstand gezwungen.«
    »Was für ein Arschloch.«
    »Ich hoffe, dass der Rest seines Lebens richtig scheiße wird.«
    Ich dachte an Pierce und wünschte ihm das Gleiche.
    Kyle zuckte die Schultern. »Fünfundzwanzig Jahre. Ich wette, nach fünfzehn ist er draußen.«
    »Ist es bei missbrauchten Kindern eigentlich je der böse Fremde mit der Bonbontüte oder so was?«
    »Der böse Fremde«, wiederholte Kyle, »einer der letzten großen Mythen.«
    »Hm. Dein Mädchen, die kleine Lisa Steinberg, die von ihrem Adoptivvater erschlagen wurde, Teddy …«
    Pagan …
    »Versteh mich nicht falsch – die anderen gibt es auch«, sagte Kyle, »aber sie machen nur einen sehr kleinen Prozentsatz aus. In neunundneunzig von hundert Missbrauchsfällen ist es eine nicht blutsverwandte Vaterfigur im familiären Umfeld. Stiefvater, Freund der Mutter …«
    »Und die Mütter?«
    »Manchmal wissen sie nichts davon. Manchmal haben sie Angst. Manchmal sind sie finanziell abhängig.«
    »Läppisch.«
    »Ich weiß«, sagte Kyle.
    Ich warf das Taschentuch in den Papierkorb neben seinem Schreibtisch. »Gehen wir Mittag essen?«

34
    Kyle und ich hatten jede Menge Zeit totzuschlagen.
    »Ich habe eine lange Nacht bei der Staatsanwaltschaft vor mir«, sagte er. »Umso besser, wenn ich mir eine ausgiebige Mittagspause gönne.«
    Wir saßen in einer Nische in demselben italienischen Lokal, in dem wir uns ein paar Tage zuvor mit Skwarecki und Louise Bost wiederbegegnet waren.
    »Sonst gibt es in der Gegend nicht viel, wo man anständig essen kann«, erklärte Kyle. »Deshalb trifft man früher oder später auch alle hier – Bullen, Verteidiger, alle von der Staatsanwaltschaft. Ich schätze, dadurch bleiben wir ehrlich. Oder höflich, zumindest.«
    Kaum hatte er es ausgesprochen, entdeckte ich Skwarecki und Cate im Durchgang zum Gastraum und winkte ihnen.
    Ich stellte Kyle und Cate einander vor, und wir bestellten eine Runde Getränke, bevor wir auf der Speisekarte nach fester Nahrung suchten.
    »Seid ihr fertig für heute?«, fragte ich Skwarecki und Cate.
    Cate nickte.
    Skwarecki sagte: »In einer Stunde oder so ist es gelaufen. Bost hat versprochen, mich anzupiepsen.«
    »Heißt das, wir erfahren noch heute, ob es zur Anklage kommt?«, fragte ich.
    »Ja«, antwortete sie.

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