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Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Read
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den zweiten Schuh brauchen?«
    »Ja«, sagte ich. »Wir treffen uns morgen auf dem Friedhof.«
    »Und Sie haben verstanden, dass jede weitere Suche nach Beweisstücken nur in der offiziellen Anwesenheit und Überwachung der Ermittlerin erfolgen kann – von Anfang bis Ende –, falls wir uns eine Chance erhoffen, dass die beiden verurteilt werden?«
    »Ja«, wiederholte ich.
    Sie hob die rechte Hand und zählte weitere Satzungen an den Fingern ab.
    »Sie bewegen nichts von seinem Platz, Ms Dare«, sagte sie. »Sie fassen nichts an. Sie denken nicht mal dran, was anzufassen – nicht mal ein Bonbonpapierchen.«
    Nur der Zeigefinger war übrig. Louise Bost hob die Hand auf Augenhöhe. Dann richtete sie den Finger wie eine Pistole auf meine Nasenwurzel. »Sie werden nicht mal entfernt mit dem Gedanken spielen, auf die Idee zu kommen, was anzufassen.«
    Sie ließ die Hand sinken und beugte sich vor, ihr Gesicht direkt vor meinem, mit einem Blick wie ein Drill-Sergeant. »Haben wir uns verstanden ?«
    »Mann«, sagte ich. »Schon gut.«
    Ich war kurz davor, ihr einen Kopfstoß zu geben, als ihre geblähten Nasenflügel erschlafften, sie die Schultern sinken ließ und auf zivile Entfernung zurückwich.
    »Ms Bost«, sagte ich. »Wenn es Ihnen lieber ist, dass ich Detective Skwarecki morgen nicht auf den Friedhof begleite, sagen Sie es. Ich ziehe das Angebot gerne zurück.«
    Sie sah zu Boden und sprach mit leiser Stimme. »Wir wissen Ihre Hilfe zu schätzen, aber es ist enorm wichtig, dass Sie verstehen, von welcher Bedeutung im Moment die Wahrung der Beweiskette ist.«
    »Natürlich.«
    Dann stand sie auf, sammelte ihre Handtasche und Aktentasche ein und verabschiedete sich.
    Skwarecki sah ihr nach. »Scheißjuristen.«
    Kyle lachte.
    »Nicht persönlich nehmen«, sagte Skwarecki.
    »Sie ist nicht gerade eine Teamspielerin, was?«, fragte Cate.
    Skwarecki schnaubte. »Sie könnten uns zur World Series im Shea Stadium aufstellen, und Louise Bost würde nicht zugeben, dass wir auf derselben Spielerbank sitzen.«
    »Natürlich nicht«, sagte ich. »Sie denkt, sie ist in Wimbledon.«
    »Ich muss los«, sagte Kyle und stand auf. »Wir sehen uns auf dem Campus, meine Damen.«
    Skwarecki entschuldigte sich und folgte ihm, nachdem beide ihren Anteil der Rechnung auf den Tisch gelegt hatten.
    Einer der Jungs am Nebentisch zog eine Polaroidkamera heraus und stand auf, um Fotos von seinen Kumpeln zu machen. Die anderen alberten herum, schubsten sich lachend und machten sich gegenseitig Hasenohren.
    Also doch Touristen. Oder ein Schulausflug.
    Ich musste blinzeln, als der Blitz aufleuchtete, direkt in meine Augen.
    Abends um acht kam Dean nach Hause. Pagan und Sue waren Billard spielen gegangen, sodass wir uns diesmal die Nudeln nicht teilen mussten.

35
    Bis Donnerstagmorgen war der Regen weitergezogen, aber der Himmel hing immer noch tief. Die Wolken sahen aus wie Trocknerflusen und filterten die Sonne zu einem blendend trüben Licht, von dem mir die Zähne wehtaten.
    Skwarecki hatte mich um acht Uhr bestellt, und ich ärgerte mich, dass ich es pünktlich zum Friedhofstor geschafft hatte, nur um die nächsten fünfundzwanzig Minuten allein über den kaputten Gehweg zu tigern, zitternd und unterkoffeiniert.
    »Ich rate ihr, dass sie Doughnuts mitbringt«, murmelte ich vor mich hin, doch nicht mal das vorbeihüpfende Eichhörnchen hörte mir zu.
    Ich hatte Cates Schlüssel dabei, aber weder Stift noch Papier, mit denen ich meiner Polizeifreundin eine Nachricht hätte schreiben können, um ihr zu erklären, dass ich keine Lust mehr hatte, herumzuwarten, und mich allein auf die Jagd nach dem heiligen Turnschuh machte, Louise Bost hin oder her.
    Skwarecki war inzwischen über eine halbe Stunde im Verzug, und ich wurde richtig ungeduldig, weil ich endlich loslegen wollte – oder wenigstens von der verdammten Straße runter und hinter die Kapelle.
    Unter der Hochbahn war eine niedrige Unterführung, und die Nachzügler der Rushhour, die durch die Gasse kamen, musterten mich mit unverhohlener Abneigung.
    Ich wusste nicht, ob sie ihre Profitchancen bei einem möglichen Raubüberfall abschätzten oder ob sie sauer waren, weil sie mich für den typischen Crack-Junkie-Aasgeieraus den Vororten hielten, der billigen Stoff abgreifen und die Gegend in den Dreck ziehen wollte.
    Zwei junge Kerle kamen vorbei, wurden langsamer und nahmen in knapp zehn Meter Entfernung einen Beobachtungsposten ein. Sie trugen Rollmützen und Daunenjacken, und ihre

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