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Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Read
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Christoph oben plauderten und sich anscheinend prächtig verstanden.
    »Ich glaube, er tut es«, sagte sie. »Ich glaube, er betrügt mich.«
    »Vielleicht sollten wir die Weihnachtsfeier sprengen.«
    »Ich meine es ernst.«
    »Astrid, Christoph würde es mir wahrscheinlich nicht auf die Nase binden, wenn er sich rumtreibt. Er weiß doch, dass ich deine Freundin bin.«
    Sie hatte die dunkle Brille immer noch nicht abgesetzt. Genauso wenig das Kapuzencape.
    Wenigstens roch sie gut, sodass ich davon ausging, sie brachte das Ding regelmäßig zur Reinigung. Es sei denn, sie hatte sechs Stück davon, die sie wechselte.
    »Er hat nichts zu Dean gesagt?«, fragte sie.
    »Warum sollte er Dean so was erzählen? Das wäre ziemlich behämmert.«
    »Weil Dean es dir erzählen würde, glaubst du?«
    Sie saß in einem Bürostuhl und drehte sich langsam hin und her. Meinen gebrochenen Arm schien sie nicht mal bemerkt zu haben.
    »Dean würde es mir erzählen«, sagte ich, »und das weiß Christoph, und deshalb würde er es Dean nicht erzählen.«
    »Du meinst also, er betrügt mich, aber er verheimlicht es vor Dean.«
    »Astrid. Ich sage es noch einmal: Ich glaube nicht, dass dein Mann dich betrügt. Und genauso wenig glaubt mein Mann, dass dein Mann dich betrügt. Ende der Geschichte.«
    »Aber Maddie – «
    »Wenn du mich noch einmal fragst, gehe ich hoch und lade Christoph morgen zu einem flotten Dreier beim Brunch ein, nur damit die Sache vom Tisch ist.«
    Sie drehte sich schneller mit dem Stuhl, aber wenigstens hatte ich sie ein bisschen zum Lächeln gebracht.
    Na ja, es war eher ein Grinsen, als dächte sie: »Ach bitte, als würde er mit dir schlafen.«
    »Nimm die Sonnenbrille ab«, sagte ich.
    »Bitte?«
    »Die Sonnenbrille«, sagte ich. »Sie macht mir Angst. ›Madeline, ich bin dein Vater …‹«
    Sie legte die Sonnenbrille auf den Tisch.
    »Viel besser.«
    Jetzt drehte sie sich wieder mit ihrem Stuhl. »Er betrügt mich, Maddie. Ich weiß es.«
    »Astrid, hör zu«, sagte ich. »Kann ich ehrlich sein?«
    »Natürlich.«
    »Du klingst ein bisschen verrückt. Im Sinne der Klassifizierung der American Psychiatrist Association.«
    Sie hielt inne. »Wie meinst du das?«
    »Wir kennen uns, seit wir fünfzehn sind, oder?«
    Sie nickte. »Ja.«
    »Erinnerst du dich an die Nacht, als wir Freundinnen wurden?«
    Sie sah weg.
    »Es war Ende November«, sagte ich. »In der zehnten Klasse. Am Nachmittag hingen ein paar von uns bei Randy und Pauline im Zimmer rum, weil die beiden übers Wochenende weggefahren waren. Ein ganz normaler Samstag, irgendwann nach dem Mittagessen – ich weiß nicht mehr, was wir da machten. Wahrscheinlich habt ihr im SchrankWasserpfeife geraucht oder so was und euch vor den Erziehern versteckt.«
    »Damals hast du nie mitgefeiert«, sagte sie. »Du warst so eine Streberin. Du hattest noch nicht mal mit Rauchen angefangen.«
    »Randy und Pauline hatten ihre Betten zusammengeschoben, es war wie ein riesiges Sofa voller Kissen. Das typische Internatszimmer: bedruckte indische Tücher und Fiorucci-Poster an der Wand. Wir lagen auf dem Bauch und haben gequatscht, weißt du noch? Wen von den Jungs wir süß fanden und ob sie uns auch gut fanden, wer keine Jungfrau mehr war, wie scheiße die Schule war und wie langweilig die Wochenenden.«
    Astrid sagte nichts, aber die Bewegung mit dem Stuhl wurde langsamer, als würde ich ihr eine Gutenachtgeschichte erzählen, die sie beruhigte.
    Vielleicht war es so.
    »Nach und nach sind die anderen verschwunden«, fuhr ich fort, »zum Rauchen in den Gemeinschaftsraum, in die Cafeteria oder sonst wohin. Aber du und ich, wir blieben, lagen einfach rum und redeten. Als es dunkel wurde, machten wir nicht mal Licht an. Wir hatten uns so viel zu erzählen, dass wir nicht mal Zeit hatten, aufzustehen und zum Lichtschalter zu gehen.«
    »Zur Bettkontrolle um zehn müssen wir in unseren Zimmern gewesen sein, aber ich erinnere mich nicht, wie wir aufgestanden sind.«
    »Das Ehepaar Lewis hatte Dienst«, sagte ich. »Zwei Türen weiter, gleich am Ende des Flurs. Wir sind hinund wieder zurückgerannt und haben dabei ununterbrochen geredet. Du bist nicht mal zum Rauchen rausgegangen, sondern hast dich jede Stunde mit der Kippe aus dem Fenster gelehnt und den Rauch weggewedelt, weil du meintest, durch die Bäume könnte dich niemand sehen.«
    »Und du hattest schreckliche Angst, erwischt zu werden, aber ich hatte recht.«
    »Als die Sonne aufging, haben wir immer noch

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