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Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Read
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habe.
    Trotz allem hinterließ ich Astrid täglich in der Mittagspause eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter und sagte ihr, dass ich hoffte, es gehe ihr gut.
    Sie rief nicht zurück.
    Dean sah sie ein paar Mal bei Christoph in der Firma. Er sagte, sie wirke, als wäre alles in Ordnung. Beide wirkten so.
    »Hast du Lust, mit Astrid und Christoph essen zu gehen?«, fragte Dean, als ich am Freitagabend nach Hause kam. »Er hat gerade angerufen.«
    »Ist es ein Antrittsbefehl?« Ich ging in unser Zimmer, warf den Mantel aufs Bett und setzte mich aufs Fußende, um mir die Stiefel auszuziehen.
    Ich hatte keine Lust auf einen Pärchenabend, nachdem ich seit Astrids mitternächtlichem Anruf wegen des Treppenangriffs nichts von ihr gehört hatte.
    »Mehr eine Art Abschiedsessen«, sagte Dean. »Wir haben heute früher Schluss gemacht, weil er morgen mit nach Houston kommt. Ich habe gesagt, wir melden uns, sobald du zu Hause bist.«
    »Wollen sie, dass wir zu ihnen nach Uptown kommen?«
    »Er hat das Meriken vorgeschlagen.«
    Ein Sushi-Lokal auf der Seventh Avenue, nur ein paar Straßen von uns entfernt.
    »Klingt gar nicht schlecht«, sagte ich überrascht. »Vor allem, wenn sie ein paar Bier springen lassen. Um wie viel Uhr?«
    »Egal. Er sagt, sie nehmen ein Taxi.«
    Ich ließ mich rückwärts aufs Bett fallen, und der Gips knallte mir gegen die Rippen. Der Arm tat nicht mehr weh, dafür juckte er höllisch.
    »Rufst du ihn zurück?«, fragte ich. »Ich glaube, ich muss ein paar Minuten dumpf in der Horizontalen liegen, bevor ich mich aus den Scheißarbeitsklamotten schäle.«
    »Willst du gleich ein Bier? Ich glaube, es gibt noch ein Rolling Rock.«
    »Das wäre himmlisch«, sagte ich. »Sehr zu Dank.«
    »Hat sie noch mal irgendwas zu dieser Treppengeschichte gesagt?«, fragte er.
    »Nein. Wie wär’s, wenn ich die beiden beim Abendessen frage – ganz subtil, wie es meine Art ist? So was wie: ›Hey, Christoph, schlägst du deine Frau immer noch?‹ Ich wette, das käme gut an.«
    »Versprich mir, dass du das nicht tust, und ich bring dir zwei Bier. Selbst wenn ich dafür runter zum Deli muss.«
    »Ich werde schweigen wie ein Grab.«
    Das Abendessen verlief besser als erwartet. Astrid redete nicht viel, dafür unterhielten sich Dean und Christoph über die Schweiz.
    Vielleicht war er zwar ein Nazi, aber kein Frauenschläger? Allerdings war ich zu müde von der Arbeitswoche, um den Unterschied zu analysieren.
    Und Astrid war freiwillig hier, ohne sichtbare Prellungen.
    Stockholm-Syndrom? Oder hat sie alles nur erfunden?
    Falls einer der anderen Gäste nach sichtbaren Zeichen häuslicher Gewalt gesucht hätte, war immer noch ich die Frau mit dem Gipsarm – auch wenn Dean damit nichts zu tun hatte.
    Warum war ich nur die Freundin, wenn alles scheiße war? Wo war Cammy, wenn es brenzlig wurde? Wo war Astrids Mutter?
    Ich griff nach dem Sake.
    Behutsam stellte unser Kellner die kleinen länglichen Teller mit Sushi und Sashimi vor uns auf die weiße Tischdecke,kunstvolle Arrangements von rotem toro und blassgoldenem hamachi , handgerollte Algenkegel, randvoll mit Avocado und Krabbenfleisch.
    »Maddie«, sagte Christoph, »bis Dean mir vorhin auf dem Heimweg davon erzählte, wusste ich gar nicht, dass ihr die Flitterwochen in der Schweiz verbracht habt. Wie kommt es, dass du nie davon sprichst?«
    Möglicherweise, weil ihr uns bei unseren letzten paar Treffen entweder versetzt habt oder du Vorträge darüber gehalten hast, was das »Problem« mit den Juden und den Schwarzen ist?
    Doch er beugte sich über den Tisch, füllte meinen Fingerhut mit Sake auf und wirkte ehrlich interessiert. »Welchen Teil des Landes habt ihr besucht? Saanen und Gstaad? Du hast erwähnt, dass deine Geschwister in der Gegend auf dem Internat waren.«
    »Auf der Kennedy-Schule«, sagte ich, leicht genervt, dass seine Aufmerksamkeit mir schmeichelte. »Pagan war in der achten Klasse dort, Trace in der siebten und achten.«
    »Hat es ihnen gefallen?«
    »Sehr«, sagte ich. »Und ich gebe zu, dass ich neidisch war. Beide sind bis heute hervorragende Skifahrer.«
    »Aber du wolltest in Kalifornien bleiben?«, fragte er.
    Ich trank meinen Sake, und er füllte wieder nach. »Ich kam gerade nach Dobbs Ferry, als Pagan nach Saanen ging, zusammen mit Arabella, der Tochter ihrer Patentante.«
    »Sie sind gleich alt?«, fragte er.
    »Sandkastenfreundinnen. Ich habe eine Lieblingsgeschichte von Arabella. Einer der jüngsten Schüler auf der Schule war Roger

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