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Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Read
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französische Porzellan darbieten.
    Ich starrte aufs Bett. Dies war kein hastig zusammengebautes Friedensangebot, sondern etwas, das meine Mutter sich lange vor der Fahrt aus Maine ausgedacht hatte: eine Strickjacke, die wie angegossen saß und perfekt zum Grün meiner Augen passte, ein Teller mit dem bäuerlichen Blumenmotiv, das seit meiner frühen Kindheit mein Lieblingsmuster war.
    Nicht reich genug für spontane Extravaganzen, dachte meine Mutter immer an uns, und sie war stets auf der Suche nach kleinen Schätzen, mit denen sie jedem ihrer Kinder den Weg durch die Welt versüßen konnte.
    Nichts war simpel zwischen uns, damals wie heute.
    Zwei Tage später wurden die Fäden gezogen. Und dann brachen sie mir noch mal den Arm.

39
    An Thanksgiving kassierte ich hundert Dollar von Pagan. Sie hatte keine Ausrede.
    Wir feierten in Maine, bei Larry zu Hause.
    Am Eisschrank klebte ein Gruppenfoto, das Mom aus dem Carmel Pine Cone ausgeschnitten hatte, der Zeitung unserer kalifornischen Kindheit.
    Darauf stand Mom zwischen Pierce und seiner Frau bei einer Party, und alle drei lachten.

40
    »Wie meinst du das, Frauen dürfen nicht zur Weihnachtsfeier kommen?«, fragte ich Dean.
    Es war ein Sonntag im Dezember, und wir waren draußen in New Jersey, vorgeblich um in seinem Büro Papierkram zu erledigen.
    Das Gebäude, in dem Christoph seine Firma untergebracht hatte, überraschte mich. Neben von Unkraut überwucherten Bahngleisen stand der billige Sechzigerjahre-Abklatsch einer Südstaatenvilla: künstliche Backsteinfassade mit zwei bis ins obere Stockwerk reichenden weißen Säulen vor dem Eingang. Vom schlechten Geschmack verweht .
    » Ehefrauen sind nicht eingeladen«, sagte Dean. »Frag mich nicht, warum.«
    Ich saß auf der Tischkante. »Warum?«
    Er ignorierte mich und stemmte die Tausend-Seiten-Kopie der unverständlichen schweizerdeutschen Gebrauchsanweisung für irgendein biologisches Sauerstoffbedarf-Messgerät-Reparatur-Dingsbums in die Höhe.
    Ich tippte die Seiten mit dem Gips an. »Damit deine Kollegen die Sekretärinnen abfüllen und auf dem Parkplatz vögeln können?«
    Hinter dem teutonischen Papierbollwerk meines Gatten war ein ersticktes Geräusch zu hören.
    »Ha«, sagte ich.
    Keine Antwort.
    Ich ließ die Beine baumeln und schlug mit den Hacken rhythmisch gegen die Blechtrommel seiner Schublade.
    »Wird es Koks schneien«, fuhr ich fort, »oder gibt es nur Bowle mit Stroh Rum?«
    »Bunny, ich muss das hier fertig kriegen.«
    »Vielleicht sprenge ich die Party. Mit Astrid. Bis dahin sollte ich den Gips los sein.«
    Wieder hustete er erstickt.
    »Wir könnten aus einer Torte springen, in Netzstrumpfhosen, oder so was«, erklärte ich. »Euch einen Riesenschrecken einjagen.«
    Dean ließ die Lektüre sinken. »Wenn ich dich zum Mittagessen einlade, hörst du dann zu reden auf?«
    »Kurz.« Ich beugte mich vor, um ihm über das Haar zu streicheln.
    »Gib mir zehn Minuten.«
    »Ich wette, das sagst du zu allen Weibern.«
    »Welchen Weibern?«, fragte eine heisere und orgiengeschundene Männerstimme hinter mir.
    Als ich aufsah, stand Captain Kangaroos böser Zwillingsbruder in der Tür: mit dicken Armen, gebrochener Nase und keiner Eile, den Blick von meinen Brüsten zu reißen, trotz des Gipsarms und der Schlinge, die sie umrahmten.
    Meine Oberweite erntete ein langsames Nicken. Er lockerte den Knoten seiner Krawatte und fuhr sich mit der Zungenspitze anerkennend über die Schneidezähne.
    Mir kam der Verdacht, er stand lange genug dort in der Tür, dass er meinen Kommentar zum Thema Sex mit betrunkenen Sekretärinnen auf dem Parkplatz mitbekommen hatte. Dabei hielt ich ihn weniger für den Sex-auf-dem-Parkplatz-Typ als den Blowjob-auf-dem-Klo-Typ.
    »Sie müssen Mrs Bauer sein.« Seine Stimme schnarrte wie ein Holzlöffel, der durch Kies gezogen wurde.
    »Ich heiße Dare.« Ich rutschte vom Tisch, ging auf ihn zu und hielt ihm die linke Hand hin. »Madeline.«
    Captain K. hatte einen langsamen krabbelnden Händedruck – als versuchte er, die taubblinde Helen Keller zufragen, ob sie den Witz vom Handlungsreisenden und der Bauerntochter kenne.
    Ohne meine Hand loszulassen, zwinkerte er meinem Mann zu. »Verdammt, Dean, Sie haben eine Feminazi geheiratet?«
    Ich lächelte süß. »Besser als Republikotze.«
    Er ließ meine Hand fallen, und ich grinste.
    Wichser.
    »Ganz schön freches Mundwerk, die Kleine«, sagte er und blinzelte mich an.
    Dean zuckte die Schultern. »Debütantinnen, Sie wissen ja

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