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Der Junge, der Anne Frank liebte

Der Junge, der Anne Frank liebte

Titel: Der Junge, der Anne Frank liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Feldmann
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war ein Cadillac eine Aufforderung zum Diebstahl.
     Die Männer falteten bereits ihre Gebetsschals zusammen und legten ihre Gebetsriemen ab, als ich kam. Es tat mir nicht leid, das Gebet verpaßt zu haben.
     Der Rotkopf kam den Gang herunter, um mich zu begrüßen. »Jahre sind vorbei, und du bist nicht hergekommen. Jetzt bist du auf einmal ein regelmäßiger Beter. Denkst du vielleicht daran, wieder zu uns zurückzukommen? Das ist keine schlechte Idee. Wir haben sechs Millionen zu ersetzen.«
     »Ich habe drei Kinder.«
     »Herzlichen Glückwunsch. Erziehst du sie jüdisch?«
     Ich schüttelte den Kopf.
     »Das habe ich auch nicht angenommen.« Er schob sich in eine der Reihen, hielt sich an der Lehne des Vordersitzes fest und ließ sich auf einen Platz fallen. Sein Unterkiefer spannte sich bei der Anstrengung. Wenn er mir durch den Gang entgegenkam, war er schnell, aber wenn er den Rücken beugen mußte, ging das nur langsam und unter Qualen. Das war einer der Gründe, weshalb ich Leute wie ihn mied. Ich mochte nicht an den Schmerz erinnert werden. Ich wollte nicht wissen, was ihn verursacht hatte. Trotzdem setzte ich mich neben ihn.
     »Deine Frau ist nicht jüdisch, denke ich mal.«
     »Doch, sie ist.«
     Er drehte sich zu mir. Die blassen, fast unsichtbaren Augenbrauen zogen sich nach oben. »Das kapiere ich nicht. Du setzt Himmel und Erde in Bewegung, um ein Goj zu werden, und dann heiratest du ein jüdisches Mädchen? Konntest du dir nicht eine nette Schickse suchen?«
     »Ich habe mich in meine Frau verliebt.«
     Er hob den Blick zur Decke. »Ein Romantiker, ich habe einen Romantiker erwischt.« Er senkte den Blick zu mir. »Sie ist die Liebe deines Lebens? Es gibt keine andere, die du je zweimal angeschaut hast?«
     »Ich hätte fast ihre Schwester geheiratet.« Ich hatte keine Ahnung, warum ich ihm das erzählte. Ich hatte nie mehr darüber nachgedacht.
     »Hältst du das etwa für einen Zufall? Sind alle Mädchen, die dir einen steifen Schwanz machen – entschuldige, daß ich in der Synagoge so spreche –, zufällig jüdisch? Sag, was ist mit der Schwester passiert?«
     »Sie hat gesagt, sie könnte keinen Mann heiraten, der kein Jude ist.«
     »Wenn ich das nicht mit eigenen Ohren hören würde, könnte ich es nicht glauben. Göttliche Vergeltung, würde ich sagen, wenn ich an Gott glaubte, was ich nicht tue, ebensowenig wie du.«
     »Du glaubst nicht an Gott?«
     »Nach allem, was geschehen ist?«
     »Warum kommst du dann hierher?«
     »Das habe ich dir schon gesagt. Irgend jemand muß herkommen.«
     »Warum?«
     »Wie oft muß ich dir das erklären? Kain. Der Minjan. Die gleichen Gründe, die dich hertreiben.«
     »Ich bin gekommen, weil…« Ich hielt inne. Ich hatte keine Ahnung, weshalb ich hier war.
     »Ja?«
     Ich erzählte ihm von der Nacht in der Scheune und was ich die ganze Zeit geglaubt hatte. Ich erzählte ihm auch von Gabor. Er hörte gelassen zu.
     »Und?« sagte er, als ich fertig war.
     »Du bist nicht überrascht?«
     »Warum sollte ich überrascht sein?«
     »Aber es ist so lebendig. Sogar in meinen Träumen.«
     »Träume.« Er zuckte mit seinen knochigen Schultern. »Wenn jemand eine Methode erfände, seine Träume loszuwerden, wie man das da«, er tippte auf die Nummer an seinem Arm, »loswerden kann, würde er steinreich werden. Deshalb gehst du also zu einem Seelenklempner, weil du schlimme Träume hast?«
     »Ein bißchen mehr als das.« Ich erzählte ihm, wie ich im Gerichtssaal aufgestanden war, um die Wahrheit zu sagen, die Wahrheit und wer ich war. »Niemand hat mir geglaubt.«
     »Die ganzen Jahre lang hast du getan, als wärst du jemand anderes, und jetzt glaubt niemand, daß du du bist, und das kränkt dich.«
     »Es ist mir egal, ob sie mir glauben«, sagte ich. »Aber ich könnte sie für das umbringen, was sie meinem Vater angetan haben.«
     »Jetzt bist du wieder ein Mörder.«
     »Sie haben meine Frau dazu gebracht, daß sie glaubt, mein Vater hätte mir das Brot weggegessen.«
     »Wenn du deine Frau nicht belogen hättest, fiele es ihr vielleicht leichter, zu wissen, was wahr ist und was nicht.«
     »Wieso glaubst du, daß ich meine Frau anlüge?«
     Er schenkte mir dieses schnelle, gelbe Lächeln. »Weiß sie denn, daß du hier bist?«
     Ich schüttelte den Kopf.
     »Weiß sie, daß du ein Jude bist?«
     Ich antwortete nicht.
     »Du verschweigst ihr das, was du mir und dem Seelenklempner erzählt hast und all den Fremden im

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