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Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Titel: Der Junge, der Ripley folgte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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sondern die einsetzende Dämmerung, die Dunkelheit auf dem Wasser da draußen.«
    Frank war also zum Haus zurückgerannt. Lily hatte das gesagt, als habe sie ihn mit eigenen Augen gesehen. »Hat Frank seinen Vater oft begleitet? Zu dieser Klippe?«
    »Nein.« Sie lächelte. »Er fand das langweilig. Sagte, John hätte ihn an jenem Nachmittag gebeten, mitzukommen. Das hat er oft getan. Unter uns – John hat immer mehr auf Frank als auf Johnny gesetzt.« Sie lachte verhalten, verschmitzt. »John sagte: ›In Frank steckt etwas Solideres, ich muß es nur herausholen. Man sieht es ihm an.‹ Verglichen mit Johnny, meinte er. Der ist vom Typ her, wie soll ich sagen, eher ein Träumer.«
    »Was ich über Ihren Mann las, hat mich an George Wallace erinnert. Vielleicht hatte John depressive Phasen.«
    »Ach nein, eigentlich nicht.« Wieder lächelte sie. »Er konnte ernst und verbissen sein, was die Arbeit anging, auch mal enttäuscht, wenn etwas schlecht gelaufen war, doch das ist nicht dasselbe wie eine Depression. Pierson, die Firma, der Konzern, wie immer er es nannte, das war für John wie ein großes Schachspiel. Viele haben das gesagt. Am einen Tag gewinnt man, am andern verliert man, und das Spiel ist nie zu Ende – nicht einmal jetzt, da er tot ist. Nein, ich glaube, John war von Natur aus Optimist. Er konnte immer lächeln. Oder fast immer. Selbst in den Jahren, als er im Stuhl saß. Wir sagten immer ›Stuhl‹, nicht Rollstuhl. Aber für die Jungs war es traurig, denn sie hatten eigentlich keinen richtigen Vater, weil sie ihn die meiste Zeit ihres Lebens nur so gekannt haben: als Geschäftsmann im Rollstuhl, der über Märkte und Geld und Menschen redete – alles blieb sozusagen unsichtbar. Er konnte mit den Jungs nicht wandern gehen, ihnen kein Judo beibringen oder was Väter sonst so tun.«
    Tom lächelte. »Judo?«
    »Früher hat John Judo trainiert. Hier in diesem Zimmer! Das war nicht immer ein Gästezimmer.«
    Sie gingen zur Tür. Tom sah die hohe Decke, den Boden, der reichlich Platz bot für Matten und Würfe. Unten im Wohnzimmer kämpften die andern am Büfett – so nannte das Tom in Gedanken immer, wenn ihm das Wort ›Büfett‹ begegnete, aber in diesem Fall war reichlich Platz, und es gab keine drängende Meute, die ihre Ellbogen einsetzen mußte. Frank trank Coca-Cola aus der Flasche; Thurlow stand mit Johnny am Tisch, einen Highball mit Scotch in der einen Hand, einen vollen Teller in der anderen.
    »Gehen wir nach draußen«, sagte Tom zu dem Jungen.
    Sofort stellte Frank die Flasche ab. »Wie, nach draußen?«
    »Auf den Rasen.« Lily hatte sich zu Thurlow und ihrem Sohn gesellt. »Hast du gefragt, wie es Susie geht?«
    »Ach, die schläft fest, wie eine Tote«, erwiderte Frank. »Hab Evangelina gefragt. Was für ein Name! Sie gehört zu einer dieser verrückten Seelenrettersekten. Ist erst seit einer Woche bei uns, sagt sie.«
    »Susie ist hier?«
    »Ja, ihr Zimmer liegt oben, im hinteren Flügel. Wir können hier hinausgehen.«
    Der Junge öffnete eine große Flügeltür in einem Raum, der wohl eigentlich das Eßzimmer war: ein langer Tisch mit Stühlen ringsum, an den Wänden kleinere Tische mit Sesseln davor, Anrichten, ein paar Bücherregale. Auf dem Tisch standen Servierteller und ein Kuchen. Frank hatte das Verandalicht eingeschaltet, damit sie etwas sehen konnten. Sie gingen über eine Terrasse die wenigen Stufen zum Rasen hinab. Links von den Stufen befand sich die Rampe, die Frank erwähnt hatte. Dahinter war es dunkel, doch Frank meinte, er kenne den Weg. Gerade noch waren die fahlen Steine eines Plattenwegs auszumachen, der quer über den Rasen und dann in einer Kurve nach rechts führte. Als sich Toms Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte er vor sich hohe Bäume erkennen, Tannen oder Pappeln.
    »Ist dein Vater gewöhnlich diesen Weg gegangen?« fragte Tom.
    »Na ja, nicht gegangen. Er saß in seinem Stuhl.« Frank ging langsamer, die Hände in den Hosentaschen. »Kein Mond heute abend.«
    Der Junge blieb stehen. Tom merkte, daß er wieder ins Haus wollte, atmete ein paarmal tief durch und blickte zurück auf das zweistöckige weiße Gebäude mit den gelblichen Lichtern, dem Giebeldach und den Verandadächern, die links und rechts hervorragten. Es gefiel ihm nicht, sah zu neu aus, der Baustil war undefinierbar. Das Haus war anders als die Kolonialbauten des amerikanischen Südens oder Neuenglands. John Pierson hatte es wahrscheinlich nach seinen Vorstellungen errichten

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