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Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Titel: Der Junge, der Ripley folgte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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ordentlich zusammengehalten. Das einzige, was ihm auffiel, war ein schmutziges Hemd in einer Ecke. Tom merkte, daß er immer noch die Handtasche am linken Arm trug, und entsann sich, daß er die Pistole hineingesteckt und die Tasche über den Arm gehängt hatte, bevor er Frank auf die Beine hievte. Im Flur stand er drei verblüfften, verängstigten Nachbarn gegenüber, zwei Männern und einer Frau.
    »Alles in Ordnung!« schrie Tom auf deutsch – er klang schrill, ja verrückt, das spürte er. Die drei wichen zurück, als er auf die Treppe zusteuerte.
    »Ist das eine Frau?« fragte einer der Männer.
    »Wir haben die Polizei gerufen!« drohte die Frau.
    »Alles in Ordnung!« wiederholte Tom. Es klang so gut auf deutsch.
    »Der Junge steht ja unter Drogen!« rief der andere Mann. »Wer sind diese Schweine?«
    Aber Tom ging mit Frank die Treppe hinunter, stützte fast sein ganzes Gewicht, und auf einmal standen sie vor der Haustür – unterwegs waren sie an nur zwei angelehnten Türen vorbeigekommen, durch deren Spalt neugierige Augen lugten. Auf den steinernen Eingangsstufen wäre Tom fast gestürzt, denn dort war keine Wand, an die er sich lehnen konnte.
    »Ach du meine Güte!« Zwei junge Männer auf dem Gehweg, sie kamen lachend auf ihn zu. »Können wir Ihnen behilflich sein, gnädige Frau?« fragte einer übertrieben höflich.
    »Ja, danke, wir brauchen ein Taxi«, erwiderte Tom, ebenfalls auf deutsch.
    »Das ist nicht zu übersehen, ha, ha! Ein Taxi, meine Werteste. Aber sofort!«
    »Nie hat eine Dame so sehr eines gebraucht!« ergänzte der andere.
    Mit ihrer Hilfe schaffte Tom den Jungen ohne große Mühe bis zur nächsten Ecke. Die jungen Männer feixten, als sie Toms bloße Füße sahen, und stellten Fragen wie: »Was habt ihr beiden bloß getrieben?« Doch sie blieben bei ihnen, und einer trat auf die Straße hinaus, wo er lautstark nach einem Taxi rief. Tom warf einen Blick auf das Schild über sich: Die Straße hinter ihnen, wo die Wohnung der Entführer lag, hieß Binger Straße. Jetzt hörte er Polizeisirenen. Aber da kam ein Taxi! Der Wagen fuhr rechts heran, Tom stieg zuerst ein und zog den Jungen hinterher, tatkräftig unterstützt von den fröhlichen jungen Männern.
    »Glückliche Fahrt!« rief einer, als er die Tür zuschlug.
    »Zur Niebuhrstraße, bitte«, sagte Tom zum Fahrer, der ihn einen Moment länger als nötig ansah, dann das Taxameter anstellte und losfuhr.
    Tom ließ das Fenster herunter. »Tief einatmen«, sagte er zu Frank und drückte fest seine Hand – der Junge sollte wacher werden, ganz gleich, was der Fahrer denken mochte. Er riß sich die Perücke herunter.
    »Nette Party?« fragte der Fahrer, starr nach vorne blickend.
    »Ooh ja«, stöhnte Tom, als habe er einen tollen, wilden Abend hinter sich.
    Die Niebuhrstraße, Gott sei Dank. Tom suchte nach Geld, fand sofort einen Zehnmarkschein, mehr als genug, denn er hatte nur sieben zu zahlen. Der Fahrer wollte herausgeben, aber Tom sagte: »Stimmt so.« Der Junge wirkte nun ein bißchen wacher, wenn auch immer noch schwach in den Knien. Tom hielt ihn fest am Arm und klingelte bei Lanz. Diesmal hatte er den Schlüssel nicht dabei, war aber sicher, daß Eric zu Hause war, schon wegen des Geldes in der Wohnung. Dann ertönte zum Glück der Summer, und Tom stieß die Tür auf.
    Der schlaksige Peter kam schnell die Treppe heruntergelaufen. »Tom!« flüsterte er, dann: »Oje, oje!«, als er den Jungen erblickte. Frank versuchte, den Kopf hochzuhalten, der wackelte, als ob der Hals gebrochen sei. Tom mußte sich das Lachen verbeißen, so fertig war er mit den Nerven, und schleppte mit Peter den Jungen zum Aufzug.
    Die Wohnungstür war angelehnt. Eric riß sie auf, als er die drei sah. »Mein Gott!« stieß er auf deutsch hervor.
    Tom hielt noch immer die Perücke in der Hand. Er ließ sie fallen, die Handtasche auch, und half dem Jungen mit Peter auf das Roßhaarsofa. Peter ging ein feuchtes Handtuch holen, Eric eine Tasse Kaffee.
    »Keine Ahnung, was die ihm gegeben haben«, sagte Tom. »Und Max’ Schuhe hab ich auch verloren…«
    Peter lächelte nervös und starrte den Jungen an, dem Tom das Gesicht abwischte. Eric stand mit dem Kaffee bereit.
    »Der Kaffee ist kalt, wird dir aber guttun«, sagte er sanft zu Frank. »Ich bin Eric, ein Freund von Tom. Hab keine Angst.« Und über die Schulter zu Peter: »Hergott, er ist völlig fertig!«
    Tom aber sah, daß es dem Jungen schon besserging, der am Kaffee nippte, jedoch noch zu schwach

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