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Der junge Gelehrte

Der junge Gelehrte

Titel: Der junge Gelehrte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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Ihnen?
    Damis . Unwissender!
    Anton . Ja freilich ist es mein Unglueck, dass ich es nicht weiss. (Sachte zu Lisetten.) Rede nur wenigstens ein wenig laut, damit ich hoere, was unter euch vorgeht—Ich werde horchen—(Gehet ab.) Achter Auftritt
    Lisette . Damis.
    Lisette . Lassen Sie uns ein wenig sachte reden. Sie wissen wohl, man ist vor dem Horcher nicht sicher.
    Damis . Jawohl; fahr Sie also nur sachte fort.
    Lisette . Sie kennen doch wohl des Herrn Chrysanders Beichtvater?
    Damis . Beichtvater? soll ich denn alle solche Handwerksgelehrte kennen?
    Lisette . Wenigstens schien er Sie sehr wohl zu kennen. “Ein guter Prediger", fiel er der dicken Rechtsgelehrsamkeit ins Wort, “sollte Herr Damis gewiss auch werden. Eine schoene Statur; eine starke deutliche Stimme; ein gutes Gedaechtnis; ein feiner Vortrag; eine anstaendige Dreistigkeit; ein reifer Verstand, der ueber seine Meinungen tuerkenmaessig zu halten weiss: alle diese Eigenschaften glaube ich, in einem ziemlich hohen Grade, bei ihm bemerkt zu haben. Nur um einen Punkt ist mir bange. Ich fuerchte, ich fuerchte, er ist auch ein wenig von der Freigeisterei angesteckt.”—“Ei, was Freigeisterei?” schrie der schon halb trunkene Medikus. “Die Freigeister sind brave Leute! Wird er deswegen keinen Kranken kurieren koennen? Wenn es nach mir geht, so muss er ein Medikus werden. Griechisch kann er, und Griechisch ist die halbe Medizin. (Indem sie allmaehlich wieder lauter spricht.) Freilich das Herz, das dazu gehoert, kann sich niemand geben. Doch das koemmt von sich selbst, wenn man erst eine Weile praktiziert hat.”—“Nu", fiel ihm ein alter Kaufmann in die Rede, “so muss es mit den Herrn Medizinern wohl sein wie mit den Scharfrichtern.
    Wenn die zum ersten Male koepfen, so zittern und beben sie; je oefter sie aber den Versuch wiederholen, desto frischer geht es.”—Und auf diesen Einfall ward eine ganze Viertelstunde gelacht; in einem fort, in einem fort; sogar das Trinken ward darueber vergessen.
    Neunter Auftritt
    Lisette . Damis. Anton.
    Anton . Herr, die Post wird heute vor neun Uhr nicht kommen. Ich habe gefragt; Sie koennen sieh darauf Achter Auftritt
    32
    Der junge Gelehrte
    verlassen.
    Damis . Musst du uns aber denn schon wieder stoeren, Idiote?
    Anton . Es soll mir recht lieb sein, wann ich Sie nur noch zur rechten Zeit gestoert habe.
    Damis . Was willst du mit deiner rechten Zeit?
    Anton . Ich will mich gegen Lisetten schon deutlicher erklaeren. Darf ich ihr etwas ins Ohr sagen?
    Lisette . Was wirst du mir ins Ohr zu sagen haben?
    Anton . Nur ein Wort. (Sachte.) Du denkst, ich habe nicht gehorcht? Sagtest du nicht: du haettest nicht Herz genug dazu? doch wenn du nur erst das Ding eine Weile wuerdest praktizierst haben—O ich habe alles gehoert—Kurz, wir sind geschiedne Leute! Du Unverschaemte, Garstige—
    Lisette . Sage nur, was du willst?
    Damis . Gleich, geh mir wieder aus den Augen! Und komme mir nicht wieder vors Gesicht, bis ich dich rufen werde oder bis du mir Briefe von Berlin bringst!—Ich kann sie kaum erwarten. So macht es die uebermaessige Freude! Zwar sollte ich Hoffnung sagen, weil jene nur auf das Gegenwaertige und diese auf das Zukuenftige geht. Doch hier ist das Zukuenftige schon so gewiss als das Gegenwaertige. Ich brauche die Sprache der Propheten, die ihrer Sachen doch unmoeglich so gewiss sein konnten.—Die ganze Akademie muesste blind sein.—Nun, was stehst du noch da? Wirst du gehen?
    Zehnter Auftritt
    Lisette . Damis.
    Lisette . Da sehen Sie! so lobten Sie die Leute.
    Damis . Ah, wann die Leute nicht besser loben koennen, so moechten sie es nur gar bleiben lassen. Ich will mich nicht ruehmen, aber doch so viel kann ich mir ohne Hochmut zutrauen: ich will meiner Braut die Wahl lassen, ob sie lieber einen Doktor der Gottesgelahrtheit oder der Rechte oder der Arzneikunst zu ihrem Manne haben will. In allen drei Fakultaeten habe ich disputiert; in allen dreien habe ich—
    Lisette . Sie sprechen von einer Braut? heiraten Sie denn wirklich?
    Damis . Hat Sie denn auch schon davon gehoert, Lisette?
    Lisette . Koemmt denn wohl ohn' unsereiner irgend in einem Hause eine Heirat zustande? Aber eingebildet haette ich mir es nimmermehr, dass Sie sich fuer Julianen entschliessen wuerden! fuer Julianen!
    Damis . Groesstenteils tue ich es dem Vater zu Gefallen, der auf die ausserordentlichste Weise deswegen in mich dringt. Ich weiss wohl, dass Juliane meiner nicht wert ist. Allein soll ich einer solchen Kleinigkeit wegen,

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