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Der junge Häuptling

Der junge Häuptling

Titel: Der junge Häuptling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Schrittes nicht.«
    »Anthony! Anthony!« Das Blut stieg dem jungen Mädchen bis in die Schläfen. Nichts ersehnte sie mehr als das Ende ihres freudlosen Daseins bei der Erbtante.
    »Cate, so gefällst du mir! Also abgemacht! Tante Betty darf natürlich nichts ahnen. Du nimmst dir kein Reitkleid nach Randall mit; du fährst als gehorsame Nichte in der Kutsche mit den beiden alten Damen – für alles Weitere sorge ich!«
    Roach trat einen Schritt zurück, denn die Tür des Nebenzimmers öffnete sich. Frau Jones und Tante Betty kamen wieder herein.
    »Herr Roach!« sagte die Gastgeberin in ihrer lebhaften Sprechweise. »Ich hoffe, Sie haben mit Ihrer Verlobten ausgemacht, daß sie meine Einladung annimmt und mit uns nach Randall fahren wird?«
    »Nicht nur das, Frau Jones, ich werde Ihr Viergespann mit meinen Dragonern nach Fort Randall begleiten!«
    »Wie artig und wie großartig! Was für eine herrliche Idee! Nicht wahr, Betty?«
    »Nicht schlecht«, meinte diese, bedeutend zurückhaltender, aber doch sichtlich beruhigt.
    »Allerdings«, auch Frau Jones lächelte, »werden Sie, Herr Roach, Ihrem indianischen Läufer befehlen müssen, sich abzuschminken. Seine verschmierte Fratze hat Ihre liebe Braut allzusehr erschreckt.«
    Roach lächelte höflich, etwas gezwungen. »Cate ist von Natur mutig. Ich zweifle nicht, daß sie sich rasch an die Atmosphäre des wilden Westens gewöhnen wird!«
    Am Morgen nach diesem Zusammentreffen begab sich Leutnant Roach zur befohlenen Stunde zu Oberst Jackman. Er verstand es, eine korrekte, achtungsvolle, nicht unterwürfige Haltung einzunehmen, und der verkniffene Gesichtsausdruck des Obersten wurde beim Anblick dieses Leutnants etwas lockerer. Roach legte das versiegelte Handschreiben des Majors Smith vor.
    Das Dienstzimmer des Obersten war sehr hell, die immer noch winterliche Atmosphäre draußen ganz rein, und Oberst Jackman bedurfte keines Augenglases, um die große deutliche, wie gestochene Handschrift des Majors Smith zu lesen. So sehr ihn aber das Schriftbild befriedigte, so wenig tat es der Inhalt des Schreibens.
    »Immer und ewig dieselben Klagen und Bitten! Ich bin weder blind noch taub. Auch Major Smith sollte allmählich einsehen, daß durch die unaufhörliche Wiederholung derselben Litanei diese weder neuer noch wirkungsvoller wird. Was machen wir denn nun, Leutnant Roach? Ich habe Befehl: Die Dakota sind in ihre Reservationen einzutreiben! Also werden wir sie hineintreiben! Auch diese kleinen Banden, mit denen Smith unbegreiflicherweise nicht fertig wird.«
    »Sehr wohl. Gestatten einen Vorschlag?«
    »Bitte. Auf Fort Randall wird man sich auch schon seine Gedanken gemacht haben.«
    »Sehr wohl. Wir können jetzt auf Randall einige Mannschaften entbehren und diese am Niobrara einsetzen. Entsprechende Munition und Verpflegung hat mitzugehen. Ich wäre bereit, einen solchen Transport zu übernehmen und am Niobrara zu bleiben, bis auch in dieser windigen Ecke endlich Ordnung geschaffen ist.«
    »Bravo, Roach! So wünsche ich mir unsere jungen Offiziere! Sie gleichen ganz Ihrem von mir hochgeschätzten Vater. Werde dementsprechend an den Kommandanten von Randall schreiben. Noch etwas: Wie beurteilen Sie die Ursache unserer unaufhörlichen Mißerfolge am Niobrara? Zuwenig Leute oder … hm … ich meine … auch zuwenig Umsicht und Energie des Kommandanten?«
    »Ich möchte mir darüber kein Urteil erlauben!« Roach schaute auf seine Stiefelspitzen. »Nur, gewissermaßen, wenn ich mir die Meinung der einfachen Mannschaften, auch der Miliz, anhöre – die Leute möchten besser geführt sein. Es ist doch wie im Tollhaus, wenn ein kleiner Kriegshäuptling, ein indianischer Bandenführer, der sicherlich nicht mehr Männer zur Verfügung hat als Major Smith – wenn ein solcher roter Halunke von sich reden macht durch die Streiche, die er uns fortwährend spielt, während wir von unserer Seite – nun, bestenfalls Bettelbriefe durch die Prärie durchschmuggeln.«
    »Ganz meine Meinung, Roach, ganz meine Meinung! Ich habe übrigens einen guten, westerfahrenen Berater gewonnen. Fred Clarke ist sein Name. Ein wahrer schlauer Fuchs ist das! Brauchbar. Er macht den Vorschlag, daß wir das Fort verstärken, eine junge energische Kraft hinschicken und dann, wenn wir den Dakota imponiert haben, diesen roten Halunken, diesen … Harry, ja, Harry, wegfangen. Er war früher Kundschafter bei uns. Wir können ihn wegen Verrats hängen, wenn es uns paßt.«
    »Ausgezeichnet! Ich werde alle

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