Der junge Häuptling
konnte, ob das Entsetzen seiner Braut etwa durch sein Erscheinen hervorgerufen war. Die beiden alten Damen nickten, und sie grüßten noch, als die Dragoner und ihr Leutnant längst wieder verschwunden waren.
Cate hatte sich einigermaßen gefaßt, als die Aufmerksamkeit am Tisch sich ihr von neuem zuwandte.
»Wie entzückend!« rief Frau Jones. »Ich werde sofort veranlassen, daß Leutnant Roach Nachricht erhält und uns seine Aufwartung machen kann!« Sie klingelte und gab einer schwarzen Dienerin Bescheid.
»Cate«, fragte sie dann, »was hat dich denn erschreckt? Du bist auf einmal bleich!«
»Nichts …«
»Vertraue mir, Kind!«
»Bitte, entschuldigen Sie. Ich bin sehr töricht. Vor der Truppe mit Anthony kamen zwei Läufer vorbei. Der eine war ein Indianer.«
»So etwas sieht man hier am Missouri noch häufig.« Die Gastgeberin war leicht mißgestimmt.
»Er hatte sich schaudererregend bemalt.«
»Muß man den Leuten abgewöhnen! Es ist heidnische Unkultur, natürlich. Sage deinem Verlobten, liebe Cate, daß er dem Manne befehlen soll, sich abzuschminken, und er wird es tun. Es gibt keine Maguas mehr. Solche existieren nur noch in den Romanen des Herrn Cooper! Bist du nicht ganz glücklich, deinen Verlobtenwiederzusehen, Cate?«
»Vollkommen.«
»Wann soll denn Hochzeit sein?«
Das junge Mädchen blickte zögernd auf Tante Betty.
»Nicht so bald, nicht so bald!« betonte diese. »Cate und Anthony sind erst seit einem Jahr verlobt. Ich denke, eine Verlobungszeit von drei Jahren wird genau das richtige sein.«
Das junge Mädchen unterdrückte einen Seufzer, und Frau Jones betrachtete Cate mitleidig. Das Mädchen war schon zwanzig Jahre alt. Es schien dringlich, sie unter die Haube zu bringen, aber Tante Betty fürchtete wohl, eine gehorsame unbezahlte Dienerin zu verlieren. Cate war arm, seitdem die großelterliche Farm mit Weizenfeldern und Gebäuden während des Aufstandes der Ostdakota 1862 niedergebrannt worden war. Cates Vater, Major Smith, machte keine Karriere, und die vermögende Mühlenbesitzerin und Witwe, Tante Betty, verlangte von ihrer künftigen Erbin Bedienung von früh bis spät. Das alles bedachte die Gastgeberin, aber sie ließ kein Wort in dieser Richtung verlauten.
Eine Stunde nach den Abendessengesprächen der Damen eilte Leutnant Anthony Roach beflügelten Schrittes zu dem kleinen Haus. Er entschuldigte sich lebhaft wegen der ungewöhnlichen Stunde seines Besuchs, spielte den Glücklichen, von Wiedersehensfreude Belebten, sagte den beiden alten Damen, besonders der Erbtante Betty, einige in der Situation passende Schmeicheleien und begrüßte seine Braut. Dabei spürte er, wie kalt Cates Hand war. Es fiel ihm auf, daß das Mädchen blaß aussah und daß sich die ersten feinen Falten der Müdigkeit und Enttäuschung um ihren Mund legten. Das mißfiel ihm, denn er wollte neben der reichen Erbschaft auch eine hübsche und lebenslustige Frau gewinnen, die ihn nicht mit Grillen störte. Er beschloß, den Grund für Cates Blässe und Kälte zu erforschen, und verbündete sich zu diesem Zweck mit Frau Jones. Es gelang der Gastgeberin, Tante Betty für ein paar Minuten in einen anderen Raum zu lotsen, und die Verlobten blieben solange allein.
»Wann heiraten wir?« fragte Roach seine Braut sofort. »Hast du mit Tante Betty gesprochen?«
»Ja, das habe ich«, antwortete Cate langsam mit einer ganz anderen, etwas tieferen Stimme, als sie mit ihrer Tante zu sprechen pflegte.
»Frühestens in zwei Jahren will Tante Betty einwilligen!«
»Das ist Unsinn! Humbug ist das. Deshalb bist du so blaß, ich verstehe! Was können wir beide tun?«
»Willst du nicht selbst mit Tante Betty sprechen, Anthony? Du bist gewandter als ich. Vater wäre einverstanden, wenn wir sofort Hochzeit machten.«
»Hm – ja – ich sehe schon, ich muß das selbst in die Hand nehmen! Dein Vater ist einverstanden? Ausgezeichnet. Dann … hm … Ihr kommt alle drei zu Besuch nach Fort Randall?«
»Frau Jones ist sehr dafür. Sie will das neue Gespann ausprobieren und ihren Mann auf dem Fort überraschen.«
»Ich werde dafür sorgen, daß dieser Besuch stattfindet. Ich begleite eure Kutsche mit meinen Dragonern bis Randall. Von Fort Randall aus breche ich ein paar Tage später mit einer Munitionskolonne zu deinem Vater an den Niobrara auf. Cate – kommst du dorthin mit? Wir holen uns den Segen deines Vaters! Dann kann Tante Betty keine Schwierigkeiten mehr machen! Enterben wird sie dich wegen eines solchen
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