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Der junge Häuptling

Der junge Häuptling

Titel: Der junge Häuptling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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eines grauen Bären mit Kopf, Ketten aus Bärenkrallen und -zähnen, Keulen mit elastischen und mit festen Griffen, Bogen und bemalte Köcher, dickwandige runde Lederschilde aus siebenfacher Büffelnackenhaut, an denen man sogar Flintenkugeln zum Abgleiten bringen konnte. Feuerwaffen waren nicht zu sehen. Die erbeuteten hatte der Häuptling sicherlich zum Gebrauch verteilt; die eigenen, die er auf der Büffeljagd nicht mitgenommen hatte, mußten wohlverwahrt sein.
    Sobald Zelt und Gastgeber zum Empfang bereit waren, ging Tokei-ihto hinaus, um diejenigen Geladenen, die besondere Ehre genossen, bei deren eigenen Tipis abzuholen. Das Zelt blieb offen, und der Delaware lauschte auf das Singen der Krieger und Burschen, die sich draußen um die Feuer zusammengefunden hatten. Die freien Indianer sangen viel und gern, Jagdlieder, Kampflieder, Liebeslieder, Kultlieder. Als Tokei-ihto zu seinem Tipi zurückkehrte, führte er einen Greis am Arm, den die Last der Jahre drückte, so daß seine Schultern zusammengesunken waren und sein Nacken sich beugte. Der Alte mit dem schlohweißen Haar war der Geheimnismann des Dorfes, mit abergläubischer Scheu betrachtet, im Rat den Häuptlingen an Einfluß ebenbürtig, ja, überlegen. An seiner Seite schritt eine ausdrucksvolle Gestalt. Die Gesichtszüge deuteten auf Klugheit und eine ungewöhnliche, leidenschaftliche Willenskraft. Auch dieser Mann hatte die bemalte Büffelhautdecke um sich geschlagen. Er trug die Adlerfederschleppe und den Schmuck der Büffelhörner, der nur ganz wenigen Kriegern und Häuptlingen, die im Kampf und im Rat zugleich ausgezeichnet waren, gebührte. Die Hörner, die an einer kurzen Haube aus Hermelin befestigt waren, hatten nicht ihre natürliche Größe. Die Büffelhörner waren vielmehr der Länge nach geteilt, gekürzt und dann gefeilt worden; sie saßen nicht steif, sondern beweglich und rührten sich zugleich mit jeder Kopfbewegung des Trägers. Die Adlerfederschleppe war am Hinterkopf, an der Hermelinhaube, festgemacht.
    Chef de Loup hätte auch ohne erklärendes Geflüster gewußt, wen er hier vor sich hatte: Sitting Bull, den zur Zeit einflußreichsten Häuptling und Geheimnismann der Dakota. Auch er befand sich also vorübergehend hier und nicht in den Black Hills. Mit verborgenem, aber desto stärkerem Interesse betrachtete sich der Kundschafter diesen Mann, dessen Name in wenigen Jahren vom Atlantik bis zum Stillen Ozean bekannt geworden war. Tokei-ihto geleitete die beiden Vornehmsten seiner Gäste zu den Ehrenplätzen. Nach ihnen betraten die übrigen Geladenen das Zelt und nahmen am Feuer Platz, darunter ein Gesandter vom Stamm der Pani, dessen Skalplocke am Wirbel des kahlgeschorenen, fettglänzenden Schädels wippte, und ein reichgekleideter Absaroka, der sein schönes dichtes, durch Anknüpfen künstlich verlängertes Haar offen trug, so daß es bis zu seinen Füßen reichte.
    Der Gastgeber ließ sich im Kreis seiner Gäste nieder. Die ältere Frau brachte ihm eine lange Pfeife, deren Kopf in Figuren geschnitzt war. Tokei-ihto stopfte sie mit Tabak aus roter Weide, ein wenig Biberfett und einer Prise getrockneten Büffelmistes. Das war der kümmerliche Ersatz der Präriebewohner für den Tabak, den die Indianer einst in fruchtbaren, nun längst vom weißen Mann geraubten Gebieten angebaut und geraucht hatten.
    Der Häuptling benutzte nicht die Flamme in der Feuerstelle, um die Pfeife zu entzünden, sondern, wie es der Sitte entsprach, ein Feuerzeug. Es bestand aus zwei kleinen Hölzern, einem harten und einem weichen; das eine war ausgehöhlt und enthielt etwas Holzmehl. Durch Reiben mit dem Hartholz in dem Holzmehl erzeugten die geübten Hände des Indianers fast ebenso rasch Funken wie die Weißen mit Stein, Stahl und Schwamm. Der leicht brennbare Büffelmist fing Feuer. Nach zwei starken Zügen gab der Häuptling die Pfeife weiter, und sie machte die Runde, bis sie zu ihm zurückkeh rte. Das Mahl konnte beginnen.
    Mit einem Fleischopfer, das Tokei-ihto ins Feuer warf, wurde es eingeleitet. Dann holte der Gastgeber die gerösteten Büffelrippen vom Spieß und teilte eigenhändig an seine Gäste aus, die die großen Stücke in die bereitstehenden Tonschüsseln legten, das eigene Messer zogen und das Fleisch zu zerteilen und zu essen begannen. Auch Chef de Loup machte sich mit Behagen über die erste warme Mahlzeit her, die er seit Tagen erhielt. Zu dem Fleisch wurde, als Ersatz für Brot oder Kartoffeln, das in den beiden Holzschalen

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