Der junge Häuptling
verwundeten Tokei-ihto die Ruhestörung ersparen wollte.
»Es zieht!« schallte es aus den Decken heraus.
»Du bist eingewickelt wie ein Paket Büffelfleisch«, erwiderte der Delaware grob. »Willst du nicht Ruhe geben?«
»Barbar!« krähte es aus den Decken. »Wenn ihr schon keine Häuser bauen könnt, wollt ihr nicht wenigstens eure Zelte nachts schließen? Es zieht wie zehn Pferde!«
»Daß dich zehn Pferde fortziehen möchten!«
Das Gespräch hatte die übrigen Zeltbewohner nun doch geweckt. Untschida erschien, wieder angekleidet.
»Schlage die Zeltwand herunter!« sagte Tokei-ihto ergeben. Die Frau tat, wie ihr geheißen war. Dann ging sie zu dem Kleinen hin.
»Mein Eichhörnchen«, sprach sie leise im Dakotadialekt, »geringeltes Rattenschwänzchen! Schlafe ruhig und rühre dich nicht mehr!«
»Was hat sie gesagt?« rief Monito zu dem Delawaren hinüber.
»Deinen Geierschnabel sollst du schließen!«
»Geierschnabel? Wollt ihr schon wieder unverschämt sein? Wer hat hier eigentlich dreihundert Armeegewehre zu vergeben: ich oder ihr?«
»Was sagt er?« fragte Untschida sanft.
»Er bedauert«, übersetzte Chef de Loup, »daß er uns alle stört.« Die Frau strich mit leiser Hand über den großen, spärlich behaarten Schädel.
»Mein Präriehühnchen«, sagte sie, »was kann ich tun, damit du schläfst?«
»Was sagt sie jetzt wieder?« forschte Monito.
»Sie liebt dich und will dich in den Schlaf wiegen!«
»Ah! Endlich eine menschliche Seele in dieser Prärie! Sage ihr doch, sie soll bei mir sitzen bleiben. Es ist unausstehlich dunkel hier! Ich bin gewohnt, ein Nachtlicht zu haben. Kann man dieses Feuer nicht etwas mehr anfachen? Es ist immer noch viel zu kalt!«
»Du sollst das Feuer anfachen und seine Glatze streicheln«, übersetzte der Delaware. Untschida rührte einige Funken auf, sorgte aber dafür, daß es dunkel im Zelt blieb. Dann setzte sie sich geduldig wieder neben den Störenfried und streichelte seinen Kopf.
»Mein Hündchen«, sang sie leise und einschläfernd, »mein kleines feiges Kojotchen! Sei ruhig, schlafe nur! Wenn ich dürfte, würde ich dich vergiften, aber ich darf es nicht! Du kannst ganz sicher sein!«
»Sie spricht so sanft«, meinte Monito erleichtert. »Soangenehm! Wenn ich nur alles verstehen könnte!«
»Sie würde sich schämen, alles das zu sagen, was sie sagt, wenn du sie verstehen könntest«, versicherte Chef de Loup.
»Du räudiges Wölfchen mit den scharfen Zähnen«, sprach Untschida mit wiegender Stimme weiter, »willst du nicht endlich deinen stinkenden Rachen schließen, damit wir schlafen können? Wenn ich dir ein Knebelchen in dein Mündchen stecken dürfte! Aber ach, der Häuptling wird es mir nicht erlauben! Du bist dreihundert Armeegewehre schwer! Mein hüpfendes Flöhchen! Ich weiß es, ich muß sanft zu dir sein wie eine Büffelkuh, die ihr Kalb schleckt. Tue die Augen zu, mein Kälbchen, ich wache über deinen Schlaf, bis wir dich endlich wieder los sein werden!«
Untschidas sanft plätschernde Stimme schien wirklich ihre Wirkung zu tun. Das Äffchen verstummte, und man hörte, wie sein Atem allmählich gleichmäßig ging. Aber es dauerte nicht lange, da fing der Kleine an zu schnarchen.
»Mein Fettnäpfchen, mein Markkügelchen!« seufzte Untschida. »Willst du nicht deine spitze Kinnlade heraufklappen, damit Ruhe in diesem Zelte einkehrt?« Sie rückte den Dreifuß näher und erhöhte damit die Kopfstütze des Kleinen, um sein Schnarchen abzubrechen. Monito fühlte sich gestört.
»Was machst du denn! Nun bin ich wieder wach! Ach, und ich habe wieder Leibweh! Bauchweh!« Er schnaufte böse vor sich hin.
»Was sagt er?« fragte Untschida den Delawaren besorgt. »Was soll ich tun?«
»Leibweh hat er!«
Untschida lief zu Uinonah hinüber. »Kleide dich an, meine Tochter«, sprach sie, »und wärme diesem spärlich behaarten Hund einen Stein!«
»Was hat sie gesagt?« erkundigte sich Monito.
»Sie holt einen Stein, und wenn du nicht sofort still bist, schlägt sie dir den Kopf damit ein!« erklärte der Delaware trocken.
»Aaah!« Monito schrie laut, und mit einer Behendigkeit, die ihm keiner zugetraut hätte, wickelte er sich aus seinen Decken aus, sprang auf und rannte brüllend aus dem Zelt hinaus.
»Mord!« schrie er. »Hilfe! Mord!«
Ohitika, dem Hund, der schon ein paarmal geknurrt hatte, war das zuviel. Er sprang ebenfalls auf und war dem Kleinen auf den Fersen.
»Was ist geschehen?!« rief die unglückliche Untschida und
Weitere Kostenlose Bücher