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Der junge Häuptling

Der junge Häuptling

Titel: Der junge Häuptling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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lief mit erhobenen Händen hinter dem Äffchen und dem Hund her.
    »Welche Schande! Ein Lärm im Häuptlingszelt!«
    Ohitika hatte sofort sämtliche Dorfhunde alarmiert. Die halbwilden Hunde mischten ihre Stimmen greulich vom wolfsähnlichen Jaulen bis zum gellenden Diskant der kleinen Kläffer. Dazu erklang inmitten der Hundemeute das Hilfegeschrei des Monito in wahrhafter Todesangst. Chef de Loup bemühte sich aufzustehen, kam aber nur halb in die Höhe. Schneller als er war Tokei-ihto. Der Häuptling warf die Schlafdecke beiseite, schnellte durch den Zeltausgang hinaus, und man vernahm seine befehlende Stimme:
    »Ruhig!«
    Auch die Dorfhunde schienen diese Stimme zu kennen. Das nächtliche Konzert der Vierbeiner ging zu leiseren Tönen über.
    Das Geschrei des Monito ebbte ab. Bald sah Chef de Loup den Zelteingang sich wieder öffnen. Untschida kam herein. Sie hatte den Flüchtling eingefangen und trug ihn auf ihren muskelstarken mageren Armen wie ein guter Wärter, der einen Affen wieder in den Käfig bringt.
    »Lege dich hin, mein Moospflänzchen«, flüsterte sie und wickelte den Ächzenden wieder in die Felle ein. Uinonah hatte sich inzwischen damit beschäftigt, das Feuer anzufachen, so daß sich alle Zeltbewohner gegenseitig erkennen konnten. Der Delaware schlüpfte schuldbewußt unter seine Decke. Tokei-ihto kam langsam zu Monito heran.
    »Es wird dir niemand den Kopf einschlagen«, klärte er ihn auf. »Du erhältst einen heißen Stein, der dich wärmen wird, so daß du schlafen kannst. Hau.«
    Ohne merkbares Zeichen des Mißvergnügens begab sich der Häuptling auf seinen Schlafplatz zurück, wo sich auch Ohitika wieder eingefunden hatte.
    Uinonah entfernte sich in Begleitung der Großmutter. Sie mußten zu der Schwitzbadehütte am Fluß gehen, um von den dort aufbewahrten Heizsteinen einen zu holen. Als die Frauen wiederkamen, brachten sie einen nicht zu großen Stein mit, der in der Feuerstelle erhitzt wurde.
    »Ah!« atmete Monito auf und zog die Felldecke bis über die Schultern. »Es ist ein irrsinniges Land mit irrsinnigen Menschen und wahnwitzigen Tieren! Was habe ich jetzt ausgestanden! Ich glaubte schon, die Köter zerreißen mich! Furchtbar, furchtbar! Und die Weiber sind hier genau wie überall, sie sind Schlangen! Der einzige, der Verstand hat, bist du, Häuptling Tokayer! Ein wärmender Stein! Das ist eine Erfindung eines goldenen Gemüts. Ich danke dir! Mit dir wird man sich auch über die Armeegewehre einigen können. Du bist ein Mensch!«
    »Was verlangst du für deine Ware?« fragte der Häuptling scheinbar leichthin und schaute dabei zur Zeltspitze hinauf.
    Der Kleine kicherte.
    »Nichts, als daß ich mich beteiligen darf, ich verschaffe euch die Konzession.«
    Die Worte erschienen dem Delawaren, der wieder aus seiner Decke hervorspitzte, rätselhaft, aber da der Häuptling nicht wieder fragte, fanden sie vorläufig keine Erklärung.
    Uinonah bewachte den Stein in der Feuerstelle, und als er genügend erwärmt war, nahm sie ihn heraus und legte ihn eingewickelt neben den langnasigen Monito. Das Äffchen rollte sich mit Wohlbehagen zusammen.
    »Schlafe, mein Geierschnäbelchen, schlafe!« murmelte die Großmutter.
    Diesmal schien die Mahnung Erfolg zu haben, und im Zelt des Häuptlings kehrte die ersehnte Ruhe ein.
    Der folgende Tag verlief in allgemeiner Untätigkeit und innerer Unruhe. Um die Mittagszeit lief noch einmal die Nachricht ein, daß der Zug der Waffenschmuggler abends erwartet werden könne. Über die Person des Mannes mit der Maske konnte der Bote auch jetzt nichts Näheres aussagen. Tschetansapa kehrte noch nicht zurück.
    Chef de Loup hatte die ersten Versuche gemacht, sich etwas mehr zu bewegen, jedoch viel Schmerzen und wenig Erfolg gehabt. In der erzwungenen Ruhe war er auf sein Pfeifchen und allerhand unnütze Gedanken verfallen und hatte sich vorgenommen, Monito, der von seinen Decken und der Feuerstelle nicht fortzubringen war, zu einem Dampfbad zu überreden.
    »Wie ist denn dieses Bad eingerichtet?« forschte Monito.
    »Auf das bequemste. Paco Bacerico wird in das Schwitzbad getragen und in einem Korb über den Heizsteinen aufgehängt. Die heißen Steine unter ihm werden mit Wasser begossen, und der Dampf steigt in seinen Korb und bringt Bacerico zum Schwitzen. Das ist sehr gesund. Die Dakota nehmen ein solches Dampfbad, wenn sie auf der Jagd und im Krieg stunden- und tagelang in der Kälte und Nässe gelegen haben und ihnen die Glieder weh tun.«
    Monito versank

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